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Nieder mit den Strompreisen

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Was ist das Problem? Seit Jahren müssen Verbraucherinnen und Verbraucher erleben, dass ihre Energiekosten, vor allem die für Strom und Gas, immer schneller ansteigen. Heizen wird langsam zum Luxusgut, da die Preise allein im Jahre 2005 um rund 25 Prozent gestiegen sind. Die großen Energieversorger E.On, EnbW, RWE oder Vattenfall behaupten dann immer, ihre eigenen Bezugskosten, vor allem für Gas aus dem Ausland, seien gestiegen und sie würden die höheren Kosten lediglich an die Endverbraucher weiterreichen. Gleichzeitig wachsen die Gewinne dieser Konzerne in dem Maß, in dem auch die Gaspreise steigen. Wer sind die Bösen? Angefangen von den großen Energiekonzernen bis hin zu den „kleinen" Stadtwerken vor Ort, verdienen alle kräftig mit. Auch politische Kreise mischen mit, weil Energieunternehmen vor allem die städtischen Haushalte sponsern. Und für die Politiker winken interessante Aufsichtsrats- oder ähnliche Posten. Was macht Ihr dagegen? Zunächst haben wir alle eingeladen, bei uns mitzumachen, die von unserem örtlichen Versorger mit ständig neuen Preisanstiegen konfrontiert wurden. Wir informieren die Verbraucherinnen und Verbraucher, dass sie die Preiserhöhungen gemäß Paragraf 315 BGB verweigern und eine Offenlegung der Preiskalkulation verlangen können. An Info-Ständen in der Stadt verteilen wir Musteranschreiben und erklären den Menschen, wie man sich wehren kann. Wir raten den Konsumenten, nur die alten Preise zu zahlen. Gleichzeitig versuchen wir unseren Stadtrat und den Aufsichtsrat unseres örtlichen Versorgers unter Druck zu setzen, indem wir Unterschriften mit Protestforderungen sammeln und überreichen. Wenn es bereits zu Gerichtsverhandlungen gekommen ist, weil der Versorger mit Sperrung der Belieferung gedroht hat, unterstützen wir die Betroffenen rechtlich und moralisch. Außerdem halten wir engen Kontakt zu anderen Gruppen. Das hat uns bereits eine Einladung zu einer Bundestagsfraktion eingebracht. Wenn der Stadtrat über neue Preise berät, dann gehen wir dahin, um zu protestieren. Damit hatten wir im Oktober 2005 Erfolg, denn unser Stadtrat hat die Preiserhöhung von der Tagesordnung genommen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Macht hat zwei Pole: Geld und Menschen. Worauf setzt Ihr? Eindeutig auf Menschen! Als Bürgerinitiative können wir weder auf Mitgliedsbeiträge noch Spenden zurückgreifen. Wir bitten unsere Mitglieder ihr spezielles Know-How einzubringen. Das kann ein Arbeitsloser sein, der Zeit hat, Flugblätter zu verteilen oder ein Rechtsanwalt, der unsere rechtliche Rückendeckung übernimmt. Oder der Web-Designer, der uns unsere Homepage einrichtet und pflegt. So bekommt man manches umsonst, das sonst sehr viel Geld kosten würde. Kompetente Menschen, die sich für eine Sache einsetzen, ersetzen manchmal das Geld. Nicht immer, aber manchmal. Wie überzeugt Ihr Leute vom mitmachen? Wir wissen, was den Leuten auf den Nägeln brennt. Wir sprechen es an und versuchen, sie zu überzeugen. Das können Einzelgespräche auf der Straße sein oder eine Ansprache bei einer Versammlung. Das Wichtigste dabei: authentisch sein und es auch bleiben. Unsere Gegner sind das oft nicht. Sie sagen: Wenn euere Energiekosten steigen, dämmt doch einfach eure Häuser! Wir erwidern dann gern: Und wenn euch dazu das Geld fehlt, kauft doch einfach Decken! Die Lacher auf unserer Seite sind garantiert. Ein gewisses Charisma ist auch wichtig. Menschen gewinnt man nicht nur mit Argumenten. Wann geht Ihr wieder nach Hause? Das können wir so noch nicht sagen. Solange wir nicht wissen, dass die Preise unseres örtlichen Energieversorgers angemessen sind, werden wir unseren Einsatz fortsetzen. Und wenn wir keine befriedigende Antwort bekommen, können wir noch sehr lange weiter machen. Ist Basisarbeit manchmal frustrierend Bei zwei Grad im Regen zu stehen und Leuten Info-Broschüren anzubieten, die sie nicht haben wollen, ist nicht immer motivierend. Wir wählen deshalb unsere Aktionen immer sorgfältig aus, um solche Probleme zu vermeiden. Aber es zeigt auch, dass eine Bürgerinitiative bereit ist, widrige Umstände zu meistern. Das schweißt zusammen. Habt Ihr Vorbilder? Das ist eine schwierige Frage. Aber manchmal geistert da so eine Spruch durch den Raum: "Wir sind das Volk..." Wie passt der kleine Konflikt ins große Bild? Sehr gut. Die Energiewirtschaft und die Politik, selbst in Berlin, nimmt unsere Bewegung ernst. Es ist kein kleiner Konflikt mehr, vielmehr wird daraus ein Flächenbrand. Euer Rat für Sesselrevoluzzer? Jeder war irgendwann ein Sesselrevoluzzer, auch wir. Aber man muss sich fragen, wann die Schmerzgrenze überschritten ist und dann darf man nicht im Sessel sitzen bleiben. Das ist ein tolles Gefühl, weil man feststellt, dass auch andere aufgestanden sind. Foto: dpa

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