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Wie ich beinahe die Welt gerettet hätte. Heute: Dagegen sein ist nicht mehr drin

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Es ist eine bizarre Zeit, um etwas für die Welt tun zu wollen. Denn plötzlich hat man das Gefühl, alle wollen das. Wenn jetzt.de eine Rubrik einrichtet, die „Grün“ heißt, dann dauert es höchstens noch ein Jahr, dann hat es sich überall durchgesetzt, und deshalb bringen sich jetzt auch die in Stellung, die ihrer Zeit immer voraus sein wollen. Die ersten Zeitschriften titeln schon von der „Bio-Lüge.“ Unter anderem mit Argumenten wie: Die konventionelle Landwirtschaft ist besser für die Welt, weil sie weniger Fläche für den gleichen Ertrag braucht (mit dem gleichen Argument müsste man feststellen, Johannes Mario Simmel ist ein besserer Schriftsteller als Günter Grass, weil er mehr geschrieben hat).

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Natürlich ist das elender Schwachsinn und jeder weiß es: Es zählt die Qualität. Wenn ich den Boden gesund und fruchtbar hinterlasse, kann ich so viel Fläche benutzen wie ich eben muss – es ist gut. Ein großes Kunstwerk gibt der Welt mehr als 1000 schlechte (das meint jetzt nicht den Simmel, der stört mich überhaupt nicht). Und wenn dich in fünfzig Jahren, wenn eine Milliarde oder noch mehr Menschen auf der Flucht sind und verrecken, weil der Boden nichts mehr hergibt, die Flüsse und Meere verdreckt, leergefischt und tot sind und Energie so teuer, dass nur die reichsten es noch angenehm warm oder kühl haben, wenn dann dein Enkel fragt, „Was hast du damals gemacht, als noch Zeit war, das aufzuhalten?“ – dann wird es nicht reichen zu sagen: Ich war damals irre cool und immer gegen den Mainstream. Und so einfach ist es: Die Individualisierung entlässt noch weniger jemanden aus seiner persönlichen Verantwortung als es die Gleichschaltung in Diktaturen tut. Journalisten müssen kritisieren, was zu kritisieren ist, an allem, auch an der Biolandwirtschaft. Aber die Zeit ist vorbei, in der es cool war, destruktiv zu sein. In jedem Unternehmen gilt der Grundsatz: Entweder du trägst zum Erfolg bei, was du eben beizutragen hast, oder du gehst. Und es gibt nichts sinnloseres als immer auf die zu warten, die aus Prinzip immer dagegen sind. Jetzt kommt ein freies Zitat: „Diese Zeit, in der wir leben, kann in die Geschichte eingehen als der Moment, in der die Menschheit aufgestanden ist und sich den Herausforderungen gestellt hat – als die größte Stunde der Menschheit.“ Es ist von Leonardo DiCaprio. Und das kann man jetzt gerne uncool finden. Ich würde sagen: So machen wir das. Jetzt.

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