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Verlass mindestens einmal deine vertraute Umgebung, rät Andreas, 38, Diplom-Medienwirt aus Bayreuth

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Was hast du gelernt oder studiert? Nach Abitur und Wehrdienst habe ich im Herbst 1993 eine Ausbildung zum Bankaufmann begonnen und alle relevanten Abteilungen einer Bank durchlaufen. Von Anfang an wurde großer Wert darauf gelegt, dass sich die Azubis im Kundenkontakt bewähren – entsprechend ausführlich war unser Einsatz am Bankschalter. Nach der Ausbildung wurde ich einige Monate als Springer in verschiedenen Bankfilialen eingesetzt und fand schließlich meine feste Stelle als Sachbearbeiter in der Kreditabteilung für Firmenkunden. In der Zeit habe ich mit einem BWL-Fernstudium experimentiert, das ich allerdings aus Zeitgründen nach zwei Semestern wieder aufgegeben habe. Sehr viel Spaß machte mir zu der Zeit meine nebenberufliche Tätigkeit in der Bank als Dozent für EDV- und Softwareschulungen. Außerdem wurde das Internet populärer und massentauglich und ich habe mich in meiner Freizeit viel mit den neuen Medien beschäftigt. Irgendwann hat sich mir die Frage gestellt, wie es mit meinem beruflichen Weg denn weitergehen soll. Inzwischen gab es einige Studiengänge, die sich nahezu 1:1 mit meinen Interessen deckten. Nach reiflicher Überlegung habe ich mich an verschiedenen Unis beworben, meine Arbeitsstelle gekündigt und zum Wintersemester 1998/99 fachlich einen kompletten Neustart hingelegt, indem ich an der Uni Siegen mit dem Diplom-Studiengang Medienplanung, -entwicklung und -beratung mit Schwerpunkt auf Marketing und E-Business begann. Die Uni habe ich dann als Diplom-Medienwirt verlassen. Wie oder warum hast du dich damals für den Weg entschieden? Nach dem Abi wollte ich nicht sofort studieren. Mir war damals auch nicht klar, welche Fachrichtung denn die richtige für mich wäre, obwohl mir die Leistungskurse Deutsch und Wirtschaft sehr viel Spaß gemacht haben und ich wusste, dass mir Naturwissenschaften definitiv nicht liegen. Ich habe die unterschiedlichsten Berufsberatungsmöglichkeiten genutzt und mich dann für eine solide kaufmännische Ausbildung bei einer Bank entschieden, weil mir das am abwechslungsreichsten erschien. Bei der späteren Entscheidung für das Medienstudium kamen viele Faktoren und Zufälle zusammen. Ich denke, ich habe auf meine innere Stimme gehört und schließlich die Kündigung gewagt - die mich sehr viel eigene Überwindung und Überzeugungsarbeit in der Familie gekostet hat. Was machst du heute beruflich? Ich arbeite als Account-Manager für ein Softwareunternehmen. Ich leite den Vertrieb, bin für das Management meiner Kundenprojekte zuständig und unterstütze und vertrete das Unternehmen bei Marketingaktionen. Im Rahmen des Projektmanagements bin ich gewissermaßen die Schnittstelle zwischen Kunden und den Programmierer-Kollegen - mit dem Blick für das Ganze. Also eigentlich genau das, worauf mich mein Studium vorbereiten sollte. Würdest du dich aus heutiger Sicht wieder so entscheiden? Ich bin nicht sicher, ob ich alles nochmal genauso machen würde. Was die Situation rund um Studium und Beruf angeht, glaube ich auch nicht, dass man 1993 mit 2010 vergleichen kann. Vielleicht hätte ich eher einen beruflichen Einstieg im Medienbereich angestrebt, wenn es damals schon die entsprechenden Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten gegeben hätte. Da hat sich in den letzten Jahren viel getan. Rückblickend weiß ich, dass Bankausbildung und Medienstudium kein Widerspruch sind, auch wenn das auf den ersten Blick so aussehen mag. Ich könnte das durchaus kombinieren, denn Aufgaben für Medienspezialisten gibt es genug, auch in der Finanzbranche. Mein Studium an sich in einer mir bis dato völlig unbekannten Stadt mit komplett neuem Umfeld war definitiv eine der größten Bereicherungen meines bisherigen Lebens. Ich habe viel dazugelernt, konnte viel ausprobieren und habe mir auch den Traum eines längeren Auslandsaufenhaltes erfüllen können. Wenn man von Anfang an einer geregelten Arbeit nachgeht, ist das eher schwierig zu verwirklichen. Nebenbei habe ich auch einen völlig anderen und wertschätzenden Blick auf meine Heimatstadt gewonnen, in der ich mittlerweile wieder sehr gerne lebe. Welchen Rat würdest du Schülern mitgeben, die 2010 die Schule abschließen? Man sollte sich klar machen, dass der Weg, den man da anfangs einschlägt, keine Festlegung für den Rest des Lebens bedeuten muss. Da ergeben sich erfahrungsgemäß genügend Möglichkeiten, auch mal die Richtung zu wechseln, wenn man merkt, dass es nicht passt. Und dann sollte man so einen Wechsel auch wagen, auch wenn es Überwindung kostet. Idealerweise fügen sich die einzelnen Stationen wie Bausteine zusammen und man hat seinen Traumjob. So ein Patchwork-Lebenslauf ist mittlerweile nicht mehr ungewöhnlich – ein Abitur muss ja auch nicht zwangsweise und sofort auf ein Studium hinauslaufen. Und jeder, der dazu die Möglichkeit hat, sollte versuchen, die vertraute Umgebung auch mal zu verlassen. Das erweitert den eigenen Horizont ungemein.

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