Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Kennst du diese eine witzige Lucky Strike-Werbung?

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Ja, köstlich! „Das Runde muss aus dem Eckigen!“ Irre lustig, diese witzigen Lucky Strike-Plakate immer! Ich habe sehr gelacht – Mitte der Neunziger. Und, nein, ich habe kein Feuer. Ich rauche nämlich nicht. Und zwar gern. Genau genommen hast Du, rauchender Nebenmann, mit mir einen militant-fundamentalistischen Nikotingegner vor Dir. Ein Leben als Krieg gegen den Rauch. Das war jetzt sehr umgangssprachlich, kriegsähnlicher Zustand ist natürlich präziser. Und hier, mitten durch die gleichermaßen weltmeisterschaftliche wie studentische Biergartengemütlichkeit dieses szenigen Public-Viewing-Areals, verläuft die Front. Du dort, ich hier.

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Erbärmlich genug, dass wir Deutschen, als quasi Erfinder von Linkszwodreivier, Gesetzestreue und Gängelung, in der Durchsetzung unserer eigenen halbherzigen Nichtraucherschutzregeln inkonsequenter sind als die meisten windigen Vorrundenauscheidernationen Europas. Schlimmer noch, dass hierzulande zwar keiner so genau weiß, wo man nicht rauchen darf – wo man jedoch das Rauchrecht hat, das wissen natürlich alle, und fordern es immer und überall mit unsympathischer Selbstverständlichkeit ein. Sobald die Sonne scheint, und ich unter freiem Himmel ein kühles Getränk zum mittelklassigen Länderspiel genießen möchte, pustet mir jemand seine widerwärtige Abluft über den Nudelsalat. Meinen zur Rücksicht mahnenden Nichtraucherblick quittiert mir der Verletzer meiner körperlichen Unversehrtheit meist mit einem besserwisserischen Abhusten und diesem trüben, rattenlistigen Funkeln aus den grauen Augen, das wir Älteren noch aus den Intercity-Raucherabteilen der Deutschen Bahn kennen: „Ich darf hier rauchen!“ Rein rechtlich ja. Aber moralisch, Du mieses Schwein, bist Du im Unrecht. Denn deine persönliche Freiheit, Rauchender, hört da auf, wo sie meine beeinträchtigt. Also beim Anstecken Deiner lustigen Lucky Strike. Übrigens, lieber Sitznachbar, geht es mir nur nachrangig um die sprichwörtliche Gesundheitsschädlichkeit deiner Zigarette. Über kaputte Spermatozoen wirst Du noch schmunzeln, aber spätestens wenn du eines Nachts zwischen Cortisontherapie und zweiter Chemo wieder mal vom Rasseln deines verbliebenen Lungenflügels wach wirst, ist Schluss mit Kichern. Und, ach, komm’ mir nicht mit dem Geselligkeitsargument! Rauchen ist ungefähr so gesellig wie Pupsen oder Käsefüße. Kiffen, nun gut, das macht wenigstens breit und hungrig. Aber Rauchen? Ja, vor fünfunddreißig Jahren, da ging Rauchen. Als Zeichen des Ungehorsams: Beim Fußball waren alle gegen Deutschland, hielten die junge Demokratie für ein Schweinesystem und teilten diffuse Sympathien für Kuba, Anti-Imperialismus und Ulla Meineke, äh, Ulrike Meinhof. Und natürlich rauchte man. Doch es ist 2010! Auch linksseitig anpolitisierte Unangepasste hängen heute bräsig schwarz-rot-geile Wimpelchen aus dem WG-Fenster, halten Angela Merkel (CDU) für eine halbwegs okaye Bundeskanzlerin und hirnlosen Extremkonsum für unsagbar cool, solange alles von Apple ist. Dagegen raucht doch keiner mehr an, außer Feuilletonredakteure, Fernfahrer und fierzehnjährige Mädchen fielleicht. Damit Du mich nicht falsch verstehst, ich verurteile blinde Hetze gegen Euch Rauchende, aber fordere den wehrhaften Hass aller Nichtraucher. Oder, ich sag‘s mal anders, lieber Biergartenraucher, auch wenn Du es rein rechtlich nicht musst: Entweder Du machst jetzt sofort die Zigarette aus, oder ich furz’ Dir in die Rhabarberschorle!

Text: jan-boehmermann - Illustration: Katharina Bitzl

  • teilen
  • schließen