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Moosis Weißwurst oder Dutschkes Pullover?

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Wir haben es geschafft! Alle Genehmigungen für den Baubeginn von MÜNJING am Münchner Karlsplatz sind da! Das hat gedauert! Aber nun kanns losgehen. Am Donnerstag in der Früh fahren die Sattelschlepper die Kaufinger Straße hoch und bringen acht fette Überseecontainer auf den Platz. Ahoi!

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

München mit Hafen Letztes Wochenende waren zwei Premieren in BUNNYHILL. Die Jungs von Generation Aldi haben ihren Abend zum Mooshammer Mord gezeigt: „Der Fremde – Ein Würger aus München“. Das war eine direkte, theatralische Reaktion auf den aufsehenerregendsten Promi-Mord in München der letzten Jahre. Im Gegensatz zum Großteil der Münchner Öffentlichkeit, die extrem verschwiemelt und verlogen auf die ganze Geschichte reagiert hat, haben Bülent Kullukcu und Anthony Lew Shun versucht, kolportagehaft den Mord und seine Stationen nachzustellen und sie haben sich auch nicht gescheut, die Dinge beim Namen zu nennen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Der Fremde - Ein Würger aus München Und was besonders gut war: sie haben keine Geschichte von der geschundenen Kreatur daraus gemacht, sondern haben eher versucht, dem Fremden sein Rätsel zu lassen. Ich finde es interessant, wenn Theater versucht, fast wie eine Zeitung, auf aktuelles Geschehen zu reagieren und die Abläufe schnell zu verwerten und in Aktion umzusetzen. Natürlich kommt dabei keine tiefschürfende Problemanalyse raus – im Gegenteil. Das, was Bülent und Anthony gemacht haben, ist so befreiend wie ein guter Witz, den man erzählt, obwohl man weiß, dass der Witz jetzt den guten Geschmack verletzen wird. Gerade deshalb wirkt er ja so befreiend. Und das Lachen macht besonders viel Spaß. Das verträgt sich natürlich überhaupt nicht mit bildungsbürgerlicher Beflissenheit – das ist Theater für den Moment, so schnell wie es gemacht ist, so schnell ist es auch wieder weg. Mehr will es auch nicht sein. Aber darin ist es gut. Vor allem, wenn so gute Schauspieler daran beteiligt sind.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Radikalisierungsgeisterbahn mit Walter Hess im Vordergrund Die andere Premiere war in der "Praxis Fassbinder". Barbara Weber hat eine Radikalisierungsgeisterbahn inszeniert. Fassbinders Geister sind auferstanden und Rudi Dutschke, der hat uns eine Strickanleitung für den Dutschke-Pulli in die Hand gedrückt. Die Schauspieler haben die Zimmer und die Flure besetzt und haben uns Posen und Haltungen vorgeführt, die man früher radikal nannte – zurück bleibt natürlich die ewige Frage nach der eigenen Radikalität. Deshalb war es so toll, was der Schauspieler Walter Hess gemacht hat. Er hat immer Zuschauer in sein Zimmer gezogen und sie davon zu überzegen versucht, doch noch mehr einzusteigen, noch radikaler zu proben, sich noch mehr einzubringen und alles zu geben in der gemeinsamen Arbeit. Das war wie eine Ansprache an ein Theater-Ensemble in den frühen 70er Jahren, als alle von der gesellschaftlichen Aufgabe der Kunst überzeugt waren und man sich opfern wollte für die politische Veränderung. Walter Hess hat diese Zeit miterlebt, aber heute ist das nur noch Zitat, Spielmaterial. Souverän, wie er damit umgegangen ist. Dieses Engagement für eine Sache, für eine Idee, für eine Form, wirkt so fremd, so weit weg. Und doch haben wir alle Sehnsucht danach. Das ist für mich mittlerweile eines der Hauptthemen in BUNNYHILL. Auf diesen Punkt laufen ganz viele Aktionen hinaus: Wie komme ich in Aktivität, für was setze ich meinen Arsch in Bewegung. Und da beißt sich die Katze in den Schwanz, oder besser gesagt, da könnte Kunst ja dann doch noch was bewirken. Nämlich das Aktivieren dieses Gefühls. Gerade, wenn sich Kunst mit der Wirklichkeit einlässt. Vielleicht fang ich nach BUNNYHILL auch an, mir einen Dutschke-Pullover zu stricken, dann gibt’s kein Halten mehr!

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