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Unser Mann in Cannes (2): Gerüchte im Dorf

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Dienstag, 23. Mai: Der Chauffeur wartet am Flughafen
Mein Aufenthalt in Cannes hat gut angefangen. Ich bin Dienstagabend gegen sieben Uhr angekommen und von einem Chauffeur am Flughafen empfangen worden. Kein schlechter Service. Auf dem Weg zu meinem Hotel, das ein wenig außerhalb von Cannes liegt, sind wir an der feierlich beleuchteten Croisette vorbeigefahren, was mir schon mal einen kleinen Vorgeschmack auf die kommenden Tage gegeben hat. Im Hotel selbst bin ich noch kurz in den Pool und dann gleich ins Bett.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Jury-Mitglied Daniel Brühl
Mittwoch, 24. Mai: Sofia Coppola sorgt für Gesprächsstoff
Es hat nichts genützt, dass ich so früh in Bett gegangen bin, ich habe trotzdem verschlafen. Also musste ich ohne Frühstück los, ein Shuttlebus bringt mich an die Croisette, die tagsüber sehr viel weniger spektakulär aussieht als abends. Es wirkt fast ein bisschen trist, Cannes ist keine besonders schöne Stadt. Vor dem Palais de Féstival stehen riesige Menschenmengen, Musik wird gespielt, man kann das Meer sehen und überall sind Polizisten. Am Eingang des Palais de Féstival wird man kontrolliert wie am Flughafen. Ist man dann drinnen, geht es sehr viel enspannter zu. Ich muss mich erst einmal um meine Akkreditierung kümmern. Danach fahre ich in den 5. Stock des Palastes, um mich dort dem Team der Cinéfondation vorzustellen. Von der Terrasse des 5. Stocks hat man einen wunderbaren Ausblick auf die Stadt und das Meer. Und den roten Teppich. Dort herrscht große Aufregung, ständig steigen irgendwelche schwarz-gekleideten Leute aus Limousinen und die Fotografen drehen fast durch. Fotoblitzgewitter, von irgendwoher ein Tusch. Ich kann die Menschen auf dem Teppich nicht erkennen, von hier oben wirkt das alles wie auf einem Jahrmarkt. Jetzt muss ich ein bisschen arbeiten: Leute kontaktieren, Poster aufhängen, Flyer verteilen. Außerdem habe ich noch einen Interviewtermin mit der „Deutschen Welle“. Man kann sich unglaublich gut treiben lassen in Cannes, es sind so viele Menschen, immer wieder trifft man jemanden, zum Beispiel andere Filmemacher aus der Cinéfondation. Gestern Abend lief die Pressevorführung von Sofia Coppolas neuem Film Marie Antoinette, ich selbst konnte leider nicht hin, aber dass der Film total durchgefallen ist und sogar ausgebuht wurde, hat sich sofort überall herumgesprochen und ist heute das Gesprächsthema Nummer eins. Überhaupt funktioniert die Gerüchteküche ausgesprochen gut, das Festival ist wie ein kleines Dorf, in dem nichts lange geheim bleiben kann. Am Abend gehe ich mit meiner Produzentin essen und danach mit den Kollegen aus der Cinéfondation noch etwas trinken. Zu den vielen berüchtigten Partys habe ich leider keinen Zugang, die sind hier unglaublich streng, ohne Einladung geht da überhaupt nichts. Um zwei Uhr nachts bin ich wieder im Hotelzimmer. Donnerstag, 25. Mai: Auf dem roten Teppich
Von meinem Hotel bekomme ich nur sehr wenig mit, nach dem Aufstehen nehme ich sofort den Shuttlebus an die Croisette und vor zwei, drei Uhr nachts werde ich wohl nicht zurückkommen. So spät fährt allerdings kein Shuttle mehr, ich muss mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, ich glaube, es geht ein Nachtbus, da muss ich mich noch informieren.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ich bin noch etwas müde und lass mich einfach im Riesengetümmel von Cannes treiben. Da mein Film „Jaba“ erst morgen Vormittag laufen wird, habe ich noch nicht viele Termine. Ich besuche den German Pavillon, treffe Kollegen. Meistens bin ich mit den Leuten der Cinéfondation zusammen. Obwohl ich immer das Gefühl habe, die großen Stars sind gleich um die Ecke, laufe ich ihnen nie wirklich über den Weg, es ist einfach alles zu groß hier und die Cinéfondation ja nur eine kleine Randveranstaltung. Nur Tim Burton und Daniel Brühl, die beide in der Jury der Cinéfondation sitzen, treffe ich immer wieder. Aber wir sprechen nicht miteinander, schließlich müssen sie meinen Film noch bewerten und sollen neutral bleiben. Heute habe ich die ersten beiden Blöcke der Filme gesehen, die in der Cinéfondation laufen, das war sehr interessant. Und in wenigen Minuten habe ich meinen ersten richtigen Starauftritt: den Termin auf dem roten Teppich. Ich habe mich in Schale geworfen, trage Anzug und Fliege. Die Fotographen stehen bereit und am Eingang des roten Teppichs hat sich schon eine Schlange mit den anderen Teilnehmern der Cinéfondation gebildet.

Morgen in „Cannes“: Wie Andreas Bolms Auftritt auf dem roten Teppich verlaufen ist und ob er diesmal eine Karte für eine der Partys ergattern konnte.

Protokoll: lisa-goldmann

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