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Sophia beim Chinesen. Heute: Hier kann man keinen Moment allein sein

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7. Lektion: Ausflug in das chinesische Spa Unser Weg führt uns über breite Holzstufen hinab in den Keller eines Hochhauses. Wir durchschreiten die Pforte in eine geheimnisvolle Welt: Vom Staub und Lärm auf Pekings Straßen ist nichts mehr zu spüren. Ein Wasserfall plätschert, Räucherstäbchen verbreiten einen angenehmen Duft und in der Empfangshalle warten große Himmelbetten auf uns, in deren weißen Kissen wir versinken. Wir fühlen uns ein bisschen wie im Paradies. Und dort wollten wir auch hin, meine Freunde Vera, Philip und ich. Für einen Abend Urlaub. In einem chinesischen Spa.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Sophia (rechts) und Vera: Schön entspannt. Vera und ich fühlen uns wie schicke Damen im Beautysalon, auf unseren gepolsterten Liegen in dem abgedunkelten Raum, mit Wärmekissen im Nacken. Als wir uns die bereitliegenden lilafarbenen Leinengewänder überstreifen und die Plüsch-Schläppchen an unseren Füßen bewundern, haben wir schließlich den Eindruck, dass von den zwei Studentinnen Vera und Sophia fast nichts mehr übrig ist. Aber diesen Luxus gönnen wir uns heute. Eine chinesische Massage im Spa. Und in China ist so ein Spa-Besuch selbst für unseren studentischen Geldbeutel machbar. Gespannt bin ich schon. Denn ich habe schon viele Gerüchte über die chinesische Massage gehört. So wurde ich vor Chinesen gewarnt, die einem während der Behandlung auf dem Rücken mit den Füßen herumtreten. Aber als sich die Tür öffnet, bin ich beruhigt. Zwei zarte Chinesinnen betreten unseren Raum. Sie sehen nicht aus, als wollten sie auf meinem Rücken spazieren gehen. Im Hintergrund spielt leise Musik. Unser Urlaubs-Abend scheint in greifbare Nähe zu rücken und unsere Köpfe verschwinden beruhigt in den runden Einbuchtungen in der Liege. Das ist auch gut so. Denn in den nächsten 60 Minuten bin ich ganz froh, dass Lin, die Chinesin, die meine schmerzenden Muskeln bearbeitet, mein Gesicht nicht sehen kann. Auch wenn ich es nicht nachprüfen kann, aber ich glaube, meine Gesichtsfarbe wechselte in dieser Stunde mehrmals die Farbe. Denn so ganz sicher war ich mir in diesen Minuten nicht, ob ich lieber lachen oder weinen soll: Lin beginnt ganz harmlos mit kreisenden Bewegungen meinen Nacken zu massieren. Ich fühle, wie es langsam ein bisschen kribbelt. Und Kribbeln soll ein gutes Zeichen sein, denn durch die Akupressur, den Druck auf bestimmte Punkte des Körpers, sollen sich die Muskeln entspannen und die Energie wieder fließen. Bei mir fließt erst mal nur der Angstschweiß, denn mit den sanften, kreisenden Bewegungen ist es ziemlich schnell vorbei. Lin arbeitet sich Wirbel für Wirbel meinen Rücken herunter. Ich merke, wie sich ihre Daumen in meine Haut drücken. Stiche fahren durch meine Muskeln. Ich beiße die Zähne in das Handtuch. „So schlimm kann doch so ein bisschen Massage nicht sein“, versuche ich mir einzureden, kann aber einen leisen Schmerzenslaut nicht verkneifen. Doch die Hände auf meinem Rücken kennen keine Gnade. Jeder Muskel wird einzeln geknetet. Ich bin beruhigt, als ich von der Polsterliege rechts nebenan ein empörtes „Aua“ höre. Ich scheine nicht die einzige zu sein, die leidet. Der männliche Masseur von Philip geht noch robuster vor als die zwei Chinesinnen bei Vera und mir. Derweil höre ich von der Liege in der Mitte ein fröhliches Glucksen. Vera lacht in ihr Handtuch hinein. Sie „dolmetscht“ nun und vermittelt dem Masseur auf chinesisch, dass Philip vielleicht schmerzempfindlicher ist als der Chinese denkt. Zumindest bewirkt das, dass der chinesische Masseur nun alle zwei Minuten bei Vera nachfragt, ob mit Philip noch alles in Ordnung sei. Wir alle sind erlöst, als wir uns auf unser Wärmekissen zurücklehnen dürfen und eine Chinesin die Speisekarte bringt: Zum Abschluss einer Massage gibt es „Health food“. Wir entscheiden uns für einen sehr gesunden Wassermelonensaft und ein weniger gesundes Reis- Curry mit Hühnchen. Während bei uns der Spa-Ausflug mit einem schlichten Essen endet, lassen sich, so habe ich gehört, an anderen Orten sogenannte "Happy Ends" bei hübschen Chinesinnen buchen.


8. Lektion: Warum „Allein-Sein“ in China schwierig ist Mindestens 30 leere Bänke vor einem kleinen See. Zwischen Bäumen und grünen Wiesen. Das kommt nicht oft vor, in Peking. Doch an diesem Morgen am ersten Maifeiertag habe ich ein bisschen Hoffnung: Vielleicht wird dieser ruhige Platz im Chaoyang Park zumindest für die nächste halbe Stunde ganz alleine mir gehören. Genüsslich lasse ich mich auf meiner Bank nieder, ziehe mein Buch aus der Tasche und höre Musik. Genau zehn Minuten vergehen, bevor ich aus den Augenwinkeln vier chinesische Mädchen beobachte, die am Seeufer entlang laufen und auf meine heiligen Bänkchen zusteuern. Und was dann passiert, habe ich vermutet: 29 leere Bänke. Eine belegt. Und die vier Mädels setzen sich neben mich auf meine Bank. Sie quatschen fröhlich weiter und kichern. So, als wäre ich gar nicht da. Alleine auf einer Bank. Das ist in China nicht möglich. Manchmal habe ich sogar das Gefühl, dass „Allein-Sein“ in China wie eine Krankheit ist. Man muss alles dafür tun, um sich davor zu schützen. An diesem Morgen bewahren mich diese Mädchen davor. Doch spätestens am Nachmittag stellt sich das Problem sowieso nicht mehr. Denn in der ersten Maiwoche haben fast alle Chinesen Urlaub und dann fallen die Pekinger über ihre Parks her. Da ist es mit leeren Bänken eh nicht mehr weit her. Im Chaoyang Park tummeln sich dann nachmittags ein paar tausend Chinesen im Freizeitgelände und kaufen Lose und Luftballons oder angeln Goldfische. Auch bei dieser Art von Freizeitbeschäftigung stehen circa 20 Menschen um einen kleinen Bottich, in dem mehr Fische sind als Wasser. Doch alle ziehen fröhlich jauchzend die kleinen Goldfische aus der seichten Brühe. Hoch im Kurs stehen auch die durchsichtigen riesigen Bälle, in die man hineinschlüpfen und sich damit über den kleinen See im Chaoyang Park kugeln kann.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Alle Aktivitäten werden in der Gemeinschaft ausgeführt. Selbst, wenn Chinesen verreisen, verreisen sie nur in Gruppen. Chinesische Reisegruppen sind meist an ihren einheitlichen „Maozi“ (Mützen) auf dem Kopf erkennbar. Als ich mich in der ersten Maiwoche gemeinsam mit einer Gruppe von Praktikanten auf den Weg zur "Großen Mauer" mache, treffe ich einige hundert dieser Gruppen. Wir Langnasen sind in dieser Umgebung echte „Exoten“ und ein beliebtes Fotomotiv. Uns kommt es so vor, dass wir an diesem Tag öfter von chinesischen Kameras geknipst werden, als der Ausblick von der großen Mauer. In Kolonnen schieben sich jene „Maozi“-Gruppen über die schmalen Stufen der Mauer. Voran geht stets jemand mit einer Mütze in der gleichen Farbe, dazu noch mit Schirm und Megaphon in der Hand.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Diese Gruppenaktivitäten laufen stets in größter Ruhe und Ordnung ab. Polizisten, die für einen geregelten Ablauf sorgen, wenn sich solche Massen durch Parks schieben oder ein Krankenwagen, der bei Großveranstaltungen bereit steht - so etwas gibt es nicht. Und das ist auch nicht nötig. Denn seit ich in China bin, habe ich noch nie erlebt, dass bei einer diesen Massenaktivitäten etwas passieren würde. Ähnlich ist das auch im Straßenverkehr. So chaotisch es auf Pekings Straßen zugeht: Schwere Unfälle sieht man nur sehr selten. Auch auf unserem Weg zurück von der „Großen Mauer“ nach Peking quälen wir uns Stunden durch Straßenstaus zurück in die Stadt. Schließlich wollen die paar tausend Ausflügler auch wieder zurück nach Peking. Und es herrscht absoluter Ausnahmezustand auf den Straßen. Doch nach aggressiven Taxifahrern, die sich gegenseitig beschimpfen, sucht man vergeblich – was nicht heißt, dass sie nicht so fahren würden. Unser Fahrer erträgt das stundenlange Warten im Stau jedenfalls mit größter Gelassenheit und Zufriedenheit, während wir auf der Rückbank unruhig hin- und herrutschen und uns schließlich dafür entscheiden, am Stadtrand Pekings in eine der U-Bahnlinien umzusteigen. Dort quetschen wir uns aber wieder mit ein paar hundert Mitfahrern in den U-Bahn Wagen. Immerhin scheinen die Chinesen zwar Schweißdrüsen aber weniger Duftdrüsen als wir zu haben.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Der Schlafanzug zählt in China zur durchaus anerkannten Ausgehklamotte. Zum Abschluss unseres Ausflugs entscheiden wir uns für ein chinesisches Abendessen. Dort sind wir fast noch die einzigen Gäste, die meisten Tische sind unbelegt. Bis die Tür aufgeht und zwei Großfamilien das Restaurant betreten – und sich natürlich an den Tisch neben uns setzen. Sie haben sogar noch einen tierischen Artgenossen mitgebracht: Ihren Kanarienvogel im Käfig. Denn diese werden von ihren Besitzern manchmal ausgeführt. Der Käfig steht nun neben unserem Tisch und der Vogel zwitschert fröhlich. So schwer mir der Abschied aus Peking fallen wird: Zumindest bin ich mir sicher, dass ich mich auf eine Sache freue, wenn ich wieder zu Hause bin: Einfach mal „alleine“sein. Alle Bilder von der Autorin

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