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Mein Danebenjob als Haushälterin

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Für viele Leute klingt das total bescheuert, ich weiß: Aber ich habe immer schon gerne geputzt. Als Kind habe ich meiner Mutter bei der Hausarbeit geholfen und liebend gerne mein Zimmer aufgeräumt. Als ich mir während meines BWL-Studiums ein bisschen was dazuverdienen wollte, habe ich mir gedacht: Warum nicht meinen Putzfimmel zu Geld machen und anderen Leuten bei der Hausarbeit helfen? Also habe ich die Internetportale durchforstet und kurze Zeit später bereits ein Vorstellungsgespräch arrangiert.  

Meine neuen Arbeitgeber kamen aus gutem Hause. Die Familie wohnte in einer beeindruckenden Villa mit riesigem Garten – natürlich im vornehmsten Viertel der Stadt. Neben dem Ehepaar wohnten noch die dreijährige Tochter Rina sowie sechs Hunde im Haus: drei Mastiffs und drei Bordeauxdoggen. Es war natürlich unmöglich für eine einzige Person, das gesamte Anwesen in Teilzeit in Schuss zu halten. Daher waren immer mehrere Angestellte da, die teilweise auch verschiedene Aufgaben zu erledigen hatten. Das führte jedoch unweigerlich zu Problemen, wie ich bald feststellen sollte, zumal die Familie (insbesondere die dominante Dame des Hauses) sehr konkrete Vorstellungen von der zu verrichtenden Arbeit hatte und keinerlei Abweichungen duldete.  

Einmal bekam ich beispielsweise einen Rüffel von meiner Arbeitgeberin, weil ich dem Hausherren keinen frischen Pyjama aufs Bett gelegt hatte – eine Aufgabe, in die mich meine Kollegin nicht eingewiesen hatte. Angeblich wusste der Mann noch nicht einmal, wo seine Schlafsachen liegen. Dabei befanden die sich in einer Kommode – zwei Meter neben seinem Bett.  

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Meine mit Abstand schönste Aufgabe bestand allerdings darin, den Hundekot zu entfernen. Und zwar nicht nur den aus dem Garten und der Auffahrt, sondern auch aus dem Haus. Man hatte offensichtlich versäumt, den Hunden eine entsprechende Erziehung zukommen zu lassen, sodass die Tiere ihr Geschäft dort verrichteten, wo es ihnen passte. Auch auf die üblichen Befehle wie „Aus!“, „Sitz!“, Platz!“ reagierte keines der Tiere.

Also mussten regelmäßig Sofabezüge, Decken und Teppiche gereinigt werden, die mit den Ausscheidungen der Tiere beschmutzt waren. Es gab zwei Waschmaschinen im Haus: Eine für menschliche Kleidung, eine für die von den Tieren verschmutzten Textilien. Beide Maschinen liefen permanent, da jedes Kleidungsstück trotz überquellender Kleiderschränke immer sofort gewaschen werden sollte. Mit dem Wasser, das die Familie in einem Monat verbrauchte, käme ein durchschnittlicher Zwei-Personen-Haushalt wahrscheinlich ein komplettes Jahr aus.  

Der Umgang mit den Hunden war jedoch mit Abstand am bemerkenswertesten. Als ich eines Tages Zeuge der Fütterung werden durfte, ist mir fast die Kinnlade runtergefallen: Die wurden tatsächlich mit dem Löffel gefüttert! Nacheinander. Wie Kleinkinder.  

Als ich eines Tages einen der unteren Räume betrat, lachte mich auf dem großen Orientteppich in der Mitte des Raumes eine frisch gelegte Wurst in einer Urinlache an. Die Hunde mal wieder, dachte ich, kümmerte mich um das Exkrement und betrieb Schadensbegrenzung am Teppich. Als ich den Raum jedoch ein paar Tage später wieder betrat, durfte ich erleben, dass ich die Hunde, zumindest in diesem Fall, zu Unrecht beschuldigt hatte. Denn dort hockte die kleine Rina über dem Teppich und verrichtete ihr Geschäft. Offensichtlich hatte sie sich ein Beispiel an den schlecht erzogenen Hunden genommen. Ich schimpfte natürlich mit ihr, sodass sie zu Weinen anfing. Vom Heulen angelockt stand plötzlich ihre Mutter in der Tür. Die wiederum blökte mich an, was mir denn einfallen würde, ihre Tochter anzuschreien. Als ich ihr den Grund dafür zu erklären versuchte, wurde mir von ihr das Wort abgeschnitten und erklärt, man sei mit meiner Arbeit sowieso nicht zufrieden. Ihr Wortlaut war: „Sie haben offensichtlich keinen Bezug zur Hausarbeit.“

Ich war bedient und meinen grandiosen Nebenjob wieder los. Traurig bin ich darum jedoch nicht gewesen. Bloß meine WG fand es schade. Dort mussten sich bald auch wieder meine Mitbewohner an der Hausarbeit beteiligen. Von meinem Putzfimmel war ich nämlich geheilt.

Text: daniel-schieferdecker - Illustration: Katharina Bitzl

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