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Das ist... Ali Mohammed Baqir al-Nimr, Todeskandidat

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Das ist...

Ali Mohammed Baqir al-Nimr, je nach Quelle 20 oder 21 Jahre alt, und vom höchsten saudischen Gericht zum Tode durch Enthauptung und anschließende Kreuzigung verurteilt. Er wurde 2012 verhaftet, zu diesem Zeitpunkt war er 17 Jahre alt. Der arabische Frühling erlebte da gerade seine Hochzeiten in Saudi-Arabien und Ali hatte er in seiner Heimatstadt Qatif gegen das saudische Königshaus demonstriert. Verurteilt wurde er allerdings wegen angeblicher Mitgliedschaft in einer Terrorzelle und Angriffen auf die Polizei mit Molotowcocktails. Er selbst sagt, das dazugehörige Geständnis 2012 unter Folter unterzeichnet zu haben.

Dass man erst so spät von Alis Schicksal hört, liegt auch an der saudischen Justiz. Das gesamte Verfahren wurde geheimgehalten, er hatte nie Kontakt zu einem Anwalt. Erst durch Zufall erfuhren Menschenrechtsorganisationen von dem Fall, Alis Vater hat gestern ein Gnadensgesuch für seinen Sohn beim König eingereicht.

Der kann...

nichts für seine Verwandschaft – sie ist aber wahrscheinlich der Grund für seine Verhaftung und Verurteilung. Menschenrechtsorganisationen und private Quellen beschreiben Ali als jungen Mann, der am Tag seiner Verhaftung eher zufällig mit seinem Mitschülern demonstrieren ging. Er sei kein Aktivist, das Todesurteil politisch motiviert, denn Ali al-Nimr ist der Neffe von Nimr al-Nimr, einem der prominentesten Kritiker des saudischen Königshauses. Sein Onkel hatte 2012 demokratische Wahlen gefordert und zu Demonstrationen aufgerufen, allerdings stets ohne Anwendung von Gewalt. Auch er wurde 2014 zum Tode verurteilt, nach internationalen Protesten wurde das Urteil bisher allerdings nicht vollstreckt. Hinzu kommt, dass die al-Nimrs der schiitischen Minderheit in Saudi-Arabien angehören. Staatsreligion ist der hanbalitische Islam, eine Form des Sunnismus.

Der geht...

wenn nicht schnell etwas passiert: in den Tod. Experten gehen davon aus, dass das Urteil jederzeit vollstreckt werden könnte. Meistens werden nicht einmal die Angehörigen zuvor informiert.

Wir lernen daraus...

dass Saudi-Arabien und leider auch die UN die Sache mit den Menschenrechten nicht so genau nehmen: Die Todesstrafe widerspricht nämlich Artikel 3 der UN-Generalversammlungs-Resolution von 1948, in dem es heißt: „Jeder Mensch hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.“ Eine weitere UN-Resolution besagt, dass Straftaten, die von Minderjährigen begangen werden, nicht mit der Todesstrafe sanktioniert werden dürfen. Beide Resolutionen wurden von Saudi-Arabien unterzeichnet.
Besonders bizarr: Kurz nachdem bekannt wurde, dass Saudi-Arabien al-Nimr hinrichten lassen will, wurde der saudische UN-Botschafter, Faisal Bin Hassan Trad, zum Vorsitzenden eines Gremius ernannt, das den UN-Menschenrechtsrat berät - der, laut eigener Satzung, eigentlich Länder ausschließen sollte, die wiederholt die Menschenrechte missachten. Saudi-Arabien gehört da definitiv dazu, allein in diesem Jahr wurden dort 134 Hinrichtungen vollzogen und die Verurteilung des regimekritischen Bloggers Raif Badawi zu 1000 Peitschenhieben erregte weltweite Aufmerksamkeit. Auf der Skala der politischen Rechte und Freiheitsrechte der NGO Freedomhouse erreicht Saudi-Arabien stets die niedrigste Punktzahl.

Google weiß...

wie al-Nimr noch gerettet werden könnte: Der saudische König persönlich müsste ihn begnadigen. Damit das passiert, versuchen Menschenrechtsorganisationen mit Petitionen maximalen Druck auszuüben. Wichtig wäre aber auch, dass die Politik sich äußert. Bisher hat das allerdings nur Frankreich getan. Ebenfalls ein Statement abgegeben haben – und das wirkt in diesem Zusammenhang fast zynisch – Menschenrechtsexperten der UN.


Text: charlotte-haunhorst - Foto: Facebook

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