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Ding der Woche: Das Soundsystem für's Fahrrad

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Es ist immer ein Ärgernis, seine Kopfhörer zu Hause vergessen zu haben. Besonders nervt das aber beim Fahrradfahren. Mit Musik durch die Straßen zu preschen ist um ein Vielfaches besser als nur über den Klangteppich von Autogeräuschen, nörgelnden Fußgängern und presslufthämmernden Baustellen zu fahren. Mit Musik hört das Fahrradfahren auf, nur eine Art der Fortbewegung zu sein. Sie erhebt es zur Quelle guter Laune.

Da ist es verwunderlich, dass an Fahrrädern nie etwas dran ist, das Musik machen kann. Schließlich ist es eigentlich sogar verboten, beim Radeln über Kopfhörer Musik zu hören, sofern es das Wahrnehmungsvermögen beeinträchtigt. In Städten wie München begegnet man sogar Polizisten, die einen deswegen anhalten und eine Geldbuße verhängen.   Aber es gibt sie, die Soundsysteme für’s Rad. Die bescheidene Version kann man in einer Art modifiziertem Flaschenhalter befestigen und mit Musik aus dem iPod füttern. Der CyFi ist etwas weniger hübsch, kann aber angeblich etwas lauter; er ist geeignet, die ganze Fahrrad-Gang gleich mitzubeschallen.

Und dann wären da noch die Soundsysteme von Fanny Rybarsch und Willi Wilkendorf. Unter dem Firmennamen Klara Geist bauen sie Anlagen, die den Wunsch nach ein bisschen Musik nicht nur provisorisch erfüllen. Ihre Fahrräder sind geeignet, Besitzern klanglich hochgerüsteter Bum-Bum-Golfs Minderwertigkeitskomplexe zuzufügen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Lust auf laut? Dieses Fahrrad kann's.

Die Anlagen sind wattstarke Spezialanfertigungen auf Lastenfahrrädern. Mit solchen Gefährten kann man nicht einfach in die Uni, geschweige denn sie während der Vorlesung unbewacht stehen lassen. Wer also kauft solche Produkte? „Die kleineren Soundsysteme kaufen Musikliebhaber, die Wert auf guten Sound legen und nichts von der Stange wollen", sagt Fanny. Und die Räder mit den Riesenboxen? "Vor allem Firmenkunden aus dem Sport- und Lifestyle-Bereich. Oder Eventagenturen.“

Der wohl bekannteste Kunde ist Joe Hatchiban. Der irische Fahrradkurier unterhält in Berlin seit etwa drei Jahren jeden Schönwettersonntag Tausende von Leuten mit seiner Karaoke-Show im Berliner Mauerpark. Über die Macher von Klara Geist sagt er: „Mindestens einer der beiden ist ein Genie.“  

Den Wunsch, ein lautes Fahrrad zu besitzen, hatte Fanny Rybarsch schon als Kind: „Mein Walkman war mir nicht genug“, sagt sie in ihrem leichten Berliner Dialekt. „Und wenn ich ihn aufgedreht habe, störte mich, dass ich meine Umwelt nicht mehr akustisch wahrnehmen konnte.“ Der erste Vorläufer der heutigen High-End-Geräte war das Radio der Eltern, mit Gummibändern an der Lenkstange befestigt. „Das hielt aber nur bis zur nächsten Ecke.“

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Bass am Lenker: "The Original"

Aus den Gummibändern ist mittlerweile ein Lenker-Adapter geworden, und der Nachfolger des Küchenradios heißt „The Original“. Der lässt sich ans Fahrrad klicken und im Park wieder abnehmen – in der Hauptstadt des Fahrrad-Diebstahls sehr praktisch – , die Akkus der neuen Modelle (zu kaufen vorraussichtlich ab Juni) halten bei voller Lautstärke 130 Stunden. Das und die Tatsache, dass er optisch weniger an eine Pimp-My-Ride-Sendung erinnert als die Lastenrad-Soundsysteme, macht die Anlage wenigstens einigermaßen Normalradler-tauglich. Beziehungsweise: Normalradler-mit-großem-Einkommen-tauglich: der Preis liegt bei 1800 Euro.

Vielleicht bleiben wir vorerst doch bei den Kopfhörern.

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