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Die Elektrokolumne. Diesmal mit Format:B, Gaiser und den Detroit Grand Pubahs

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Gaiser – Blank Fade

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ein schönes Techno-Album hat gerade Jon Gaiser aka Fraktion mit „Blank Fade“ bei Minus 8 herausgebracht. Passend zum nahenden Herbst klingt das etwas dunkel und hintergründig, ohne jedoch dabei das für ein Tänzchen nötige Klick-Klack zu vergessen. Man merkt dem Album jedenfalls an, dass hier ein echter Sound-Afficionado am Werk war – vieles klingt sehr original und eigen, ohne den Hörer dabei aus den Augen zu verlieren (paradoxer Ausdruck, ich weiß). „My bedroom has always been a room full of gear that happened to have a bed in the corner,“ sagt Gaiser selbst dazu. So jemand macht dann eben intelligente Musik mit der Intimität eines Schlafzimmers. Und dass der Mann auch live ein Hingeher (zum Beispiel am 8.11. in München) ist, sieht man hier im Video:

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Detroit Grand Pubahs – Nuttin´ But Funk

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Und nun direkt weiter zu: Schwer einzuordnen, weil schwer gestört! Denn diese Freaks aus Detroit kreuzen so enthemmt durch alle elektronischen Genres plus HipHop, dass mir eine Beurteilung schwer fällt. Ist das jetzt nervig, weil ständig etwas Neues passiert, oder gerade deswegen voll gut? „Rollin' Paper & Bush“ ist lässig-abgenuckelter Rock'n'Roll, „Earth Holes“ wird von einer Vocoder-Stimme getragen, „50.000 Legions“ ist schöner schnörkelloser Elektro. Es bieten sich als Eingrenzung also gruslige Musikjournalismus-Verbrechen á la „wie wenn Moby mit Grandmaster Flash einen harten Trip fährt“ an. Das lasse ich lieber und spreche von ambivalenter Vielseitigkeit, die sich hier hochkreativ Gehör verschafft. Und wenn man dann noch den Comedy-Skit hört, der Star Wars im Sinne eines Masturbationsgeständnisses veräppelt, weiß man endgültig nicht mehr weiter. Irgendwie hat diese schizophrene Tour de Force durch Technoland jedenfalls einen gewissen Charme, das muss man zugeben. Ich würde mal abschließend sagen: Selber anhören, das ist es wert. Einen ganz guten Eindruck liefert das explizite Video zu „Big Onion“, einem älteren Hit der Detroit Grand Pubahs:

Und ein Live-Video von „Sandwiches“ inklusive Saxophonist, dessen geiles, Outkast-eskes eigentliches Video Sony BMG leider nicht eingepflegt sehen will. Bitteschön:

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Deichkind – Arbeit nervt Deichkind haben vor ein paar Jahren ein eigenes Genre erfunden, das man „Deutsch-Elektrorap“ nennen könnte. Das war ganz clever. Jetzt brachten sie diesen Monat ein neues Album raus, das diesem Trend folgen soll. Und? Die erste Single, welche mir prompt das Rezensieren des ganzen Albums verleidete, heißt „Arbeit nervt“ und soll wohl das Club-Gegenstück von „Saufen Saufen Saufen“ (Die Schröders) sein. Gab es nicht mal eine Spaßpartei mit ähnlichem Slogan? Das sind ungute Assoziationen! Im Video selbst wird zum infantil-simplen Text (Ballermann-Vokabeln wie „Druckbetankung“ erleben darin ein unverdientes Revival, mehr zitiere ich lieber nicht) effektvoll eine Batterie Dosenbier vernichtet. Der Beat ist stupide und nur wenig funky, der Rap bemüht bis hohl und bei der langweiligen Produktion folgte man wohl dem Songtitel. Da hilft auch das humorige Glam-Rock Intermezzo gegen Ende nichts. Und irgendwie scheinen sie das ernst zu meinen, glorifizieren in Interviews wie die Halbstarken das omnipotente Besäufnis, loben einen Bierduschen-Contest aus und feiern ihre feuchten Live-Shows ordentlich selbst. Schade, eine gute Sache scheint den Bier-Bach hinunter zu gehen. Wenn „Krawall und Remmidemmi“ die charmante Hymne für alle sturmfrei eskalierenden Oberstufler war, dann ist das hier wohl für ihre kleinen Geschwister gemacht. Und mir zu doof.

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Das Krause Duo – Automatischer Ping Motto: Niemals meckern ohne Alternative! Das Krause Duo macht total geilen deutschen Elektro-Pop-Trash und verdient sich mit seiner neuen EP „Automatischer Ping“ definitiv ein dickes Lob. Einerseits verschroben-artifiziell zusammengesetzt, andererseits organisch produziert klingen die vier Tracks taufrisch und machen Lust auf mehr. Dazu kommen Vocals auf deutsch und englisch, die Geschichten erzählen, ohne dabei mit Übertreibung zu nerven. Was wohl leider bis auf weiteres eine Randexistenz führen wird, gehört ordentlich gepusht! Kurze Snippets gibt´s von den vier Stücken hier . Nächste Seite: So sexy kann Norwegen sein!


Adam Freeland supportet Obama Fan von Adam Freeland bin ich spätestens seit „Hate“ (2007), und auch seine versatilen Mixe machen immer Spaß. Jetzt hat der gute Mann seinen politischen Geist entdeckt und auch noch einen Track für Barack Obama gemacht. Visuelle Flankierung und Daft Punk (wer sonst?) inklusive. Und das klingt nicht mal schlimm cheesy, auch wenn man natürlich zu solch plakativem Engagement natürlich stehen kann wie man will. Kurzer Eindruck:

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Hayzee – Press Start Gehört Ihr eigentlich noch zur NES-Generation? Gameboy? Atari? Einen wunderbaren Lo-Fi-Song mit noch besserem Lo-fi-Video gibt es von Hayzee, quasi als Reminiszenz an die guten alten Pixel-Zeiten. Jener geisterte zwar schon durch die Blogs, aber nachdem die Gameboymusiker sich neulich vorstellen durften, muss ich die Serie „minimale Mittel ergeben manchmal dufte Musik“ einfach fortführen fort. Dabei kommen musikalisch gesehen auch bei Hayzee eher Simplizitäten zum Einsatz: ein rauer Beat, ein paar Arpeggios, eine schleppend-polyphone Begleitung, eine redundante Melodie. Das reicht aber irgendwie, und ist auf jeden Fall mal „etwas anderes“.Die betreffende EP gibt's übrigens hier zu laden.

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Platform B Und nun ein kurzer Hinweis auf ein örtliches Phänomen. Tausendsassa Tobias Lützenkirchen ist mit ein paar Kollegen aus seinem Freundes- und Dunstkreis dabei, eines der interessanteren Projekte deutscher Techno-Musik aufzubauen: Platform B, von München aus operierend, bringt in regelmäßigen Abständen großartige Produktionen. Minimal, Techno, Tech-House vom Allerfeinsten. Die Liste der Künstler dürfte zumindest Münchner Zapplern etwas sagen: Antonio Barrientos, Gilbert Martini, Micky Monzza, Joseph Disco, Emin Corrado, Patrick Pelzner, Torpedobruder, Jojo Hofmockel & Dario Bocca. Hören kann man ein paar dieser Menschen zum Beispiel beim elektronischen Frühschoppen im Münchner Palais, bestens bekannt als After-Hour-Höhle. ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Format:B

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ähnlicher Name, ähnliche Mukke, nur aus Berlin. Die zwei Jungs mit dem Alias Format:B mischen zur Zeit die Tech-House/Minimal-Szene auf, getreu ihrem Motto: „Was nicht basst wird bassend gemacht.“ „Edding 850“ steht völlig zu Recht momentan an der Spitze der einflussreich-aussagekräftigen Beatport-Charts, und alles andere, was man sich zum Beispiel über myspace anhören kann, lässt auf weitere Großtaten hoffen. Hier der Edding als Standbild, mit der Bitte um adäquate Lautstärke:

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Annie – I know your girlfriend hates me

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Und zum Abschluss sexy Electro-Pop aus Norwegen: Die blonde Puppe Annie singt seit ein paar Monaten mit zuckerglasursüßer Stimme von... ach, eigentlich völlig egal. Ich muss das noch mal pushen, denn: Der Beat knallt, der Song ist ein Ohrwurm und im Video zu „I know your girlfriend hates me“ werden Kylie und Madonna zitiert. Diese Richtung kann ja schon mal nur gut sein. Ich höre somit einen Track, der um heftige Remixe förmlich bettelt. Die unvermeidlichen Soulseekerz zum Beispiel haben schon housy-passabel zugeschlagen, siehe zweites Video. Außerdem sticht der „Get Shakes“ Remix heraus, der auch auf meiner Tanzfläche passieren dürfte. Mal schauen, wer sich noch einreiht.

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