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Muss dein Partner zur gleichen Musik ausflippen?

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Der gleiche Musikgeschmack macht das Leben leichter
findet Dorothee

Zwei Geschmäcker unter einen Hut zu bringen, kann die Argumentationsfähigkeit der Partner trainieren. Es kann aber auch in einen handfesten Streit ausarten. Denn über Geschmack lässt sich sehr wohl streiten. Zumindest, wenn es um Musikgeschmack geht.  

Schließlich konsumiert man Musik sehr oft zusammen. Ich für meinen Teil fände es jedenfalls skurril, wenn Freund und Freundin mit Stöpseln in den Ohren durch die Wohnung laufen, nur weil sie sich nicht auf die gleiche Musik einigen können. – Wobei das für die Nachbarn sicherlich die angenehmere Variante wäre als ein lautstarkes Wortgefecht, akustisch untermalt von ständig wechselnden, fünfsekündigen Songanfängen verschiedener Musikrichtungen.

Doch auch außerhalb der Wohnung kann es zu unangenehmen, ja geradezu lebensbedrohlichen Situationen kommen. Zum Beispiel beim Autofahren, wenn der eine seine MP3s hören will, die beim anderen wahlweise einen Puls von 180 oder unüberwindbare Müdigkeit hinterm Steuer hervorrufen.

Ebenso anstrengend wird es, wenn man die Nacht zum Tage machen und in einen Club gehen will. Entweder sitzt sie beleidigt in der Ecke und verdreht die Augen angesichts seiner ach so coolen Dance-Moves. Oder er hockt mit Sieben-Tage-Regenwetter-Miene an der Bar und kippt sich einen Kurzen nach dem anderen, in der Hoffnung, seinen Hörsinn zu betäuben. Sie stößt derweil vor lauter Euphorie auf der Tanzfläche Jauchzer aus, was andere Typen dazu animiert, sie aufs übelste anzumachen. In dieser Konstellation wird die Nacht bestimmt nicht zum Tage. Stattdessen wird das Paar den Club nach kurzer Zeit schweigend bis schnaubend oder auch gerne schreiend verlassen.

Ich sage ja nicht, dass der Musikgeschmack eines Paares zu 100 Prozent übereinstimmen soll. Man kann ja zwischendurch auch nur mit seinen Freundinnen oder seinen Kumpels weggehen und dort bei der Musik feiern, die der andere überhaupt nicht mag. Aber im Großen und Ganzen sollten die musikalischen Vorlieben der Partner schon kompatibel sein. Das kann Leben retten.




Gibt wichtigere Geschmäcker als den Musikgeschmack,
findet Max

Also, prinzipiell finde ich ja, dass der Satz: „Gegensätze ziehen sich an“ in Sachen Liebe und Beziehung eher falsch ist. Das aber nun ausgerechnet am Musikgeschmack festzumachen, ist ziemlich gaga. Zumindest fände ich es schrecklich, wenn die größte Gemeinsamkeit zwischen meiner Freundin und mir das Gutfinden der ersten drei Pulp-Platten wäre. Ich kenne viele nette Paare, bei denen sich die Musik von zwei einst weit entfernten Polen mittlerweile zu einem neuen gemeinsamen Musikgeschmack zusammegezogen hat oder bei denen der eine die Vorlieben des anderen adaptiert hat. Das passiert eben beim Zusammenleben, das ist mit Essen und politischen Ansichten ähnlich: Man verkostet das, was der Geliebte so toll findet und versucht, sich damit zu arrangieren. Nicht das Schlechteste.
Wenn jemand von Anfang an darauf besteht, dass sein zukünftiger Partner einen annähernd gleichen Musikgeschmack haben soll, dann ahne ich, dass die beiden in zehn Jahren auch die gleichen Freizeitanoraks und Fahrräder haben wollen. Weil sie es einfach schon gewohnt sind, das Gleiche gut zu finden oder gutfinden zu müssen. Harmoniefaschisten!
Ich meine, musikalischer Gleichklang ist eine schöne Sache und es rundet den positiven Gesamteindruck eines anderen Menschen zweifellos ab, wenn mir seine Plattensammlung bekannt vorkommt. Aber es sollte doch bitte kein Muss, sein und auch nicht das erste Auswahlkriterium wie es die Partnerbörse fellody.com propagiert. Da sehe ich also, wer aufgrund meiner Lieblingsalben blendend zu mir passen würde. Feine, gruslige Sache aber auch naheliegend, schließlich geht es bei Musik ja um den Im- und Exporthandel mit Gefühlen, genau wie bei der Liebe.

Aber Verlieben ist ja doch wieder ein ganz eigenes Gefühlsgeschäft, ich finde es irritierend, wenn man den Einstieg dazu ausgerechnet über die andere Liebe wählt. Ich liebe die Musik und ich liebe meine Freundin, das sind eben zwei Paar rahmengenähter Schuhe. Aber ich muss doch nicht erst die Musik einer Frau lieben, um irgendwann auch mal die Frau gut zu finden. Unbestreitbar ist Musik die man gemeinsam hat ein ganz guter Anknüpfungspunkt für Gespräche und natürlich kann man auf Konzerten seine Traumfrau finden. Viel wahrscheinlicher ist aber, dass man dort entsetzt ist, was für schlimme Menschen offenbar die Leidenschaft für diese Band teilen – Garant für Sympathie ist die gleiche Musik also nicht. Und gemeinsames Harmonieren ist auch nicht gerade das spritzigste Gespräch. „Die sind super, gell?“ - „Ja, finde ich auch!“ Schmacht-Gähn!

Dann soll mir die Neubekanntschaft schon lieber mal erklären, warum sie auf Jazz oder Speedmetal abfährt. Führt das dann tatsächlich zu einer Beziehung, in der zwei konträre Musikgeschmäcker zusammenziehen, so mag es sicher Reibung geben, die doch aber nicht schwerer wiegt als andere Reibungen zwischen zwei nicht verwandten Menschen. Kleidung, Haustiere, Sportarten des anderen nimmt man ja auch irgendwie in Kauf, vielleicht nicht billigend aber doch sicher nicht gleich ablehnend. Musikgeschmack ist und bleibt eine schöne individuelle Leistung eines einzelnen und, wenn er gut ist, etwas, das sich sich laufend verändern und neu justieren dürfen muss. Wenn ich jedes Mal meinen Partner davon überzeugen müsste, meine kurze heftige Liebe zu altem deutschen Hiphop oder Bachkantaten ebenfalls zu goutieren, dann käme mir das vor, als müsste ich an ihn gefesselt dauernd 100-Meter-Läufe absolvieren.

Viel wichtiger scheint mir, dass man ähnliche Filme mag. Ich kann das nicht genau erklären, aber wenn eine Traumfrau to be keinen meiner zehn sorgsam präsentierten Lieblingsfilme versteht/mag, dann müsste ich doch sehr viel nachdenken. Viel mehr, als wenn sie meine Lieblingsplatten im Vorbeigehen leiser dreht.


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