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Gefällt mir - gefällt mir sagt Hannah Löffler

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Als Facebook-Nutzer bin ich extrem wertvoll. Vor allem für meine Freunde, die ich mit meinen Nachrichten und Fotos bespaße. Aber auch für alle Unternehmen, die mit einer Fanpage bei Facebook Marketing betreiben. Diese Unternehmen warten nur darauf, dass ich den „Gefällt mir“-Button auf ihrer Seite drücke, um meine Zuneigung öffentlich kundzutun und so die Beliebtheit der Produkte zu steigern.  

Denn mittlerweile ist ein Konkurrenzkampf bei Facebook und Twitter ausgebrochen. Marken, Firmen und Promis wollen so viele Fans und Follower haben wie möglich. „Der Einfluss von Menschen und Marken in der digitalen Welt bemisst sich nach der Zahl ihrer Fans“, schreibt Der Spiegel diese Woche. Firmen wie Fanslave, Fandealer der Cyburios haben deswegen ein erfolgreiches Geschäftsmodell entwickelt: Sie verkaufen Twitter-Follower und Facebook-Fans, z.B. 10 000 deutsche Fans für 669 Euro. Für mehr Geld dürfen die Kunden sogar das gewünschte Alter und Geschlecht ihrer künftigen Anhänger angeben. 

 Ist der Aufwand berechtigt? Beeindruckt mich die Anzahl der Fans so stark? Wird eine Fanpage für mich spannender, wenn Tausende oder Millionen anderer User sie vor mir geliked haben? Ja! Denn ich bin in sozialen Netzen ein Mainstream-Opfer. Bei Facebook gucke ich zuerst wie viele Fans die Seite insgesamt hat und dann welchen von meinen Freunden diese Seite außerdem gefällt. Je mehr Fans die Seite hat und je mehr Freunde von mir unter ihnen sind, desto wohler fühle ich mich, wenn ich den „Gefällt mir“-Button drücke. Seltsam eigentlich, denn außerhalb meiner digitalen Welt freue ich mich, wenn ich ein eine lustige TV-Show, einen guten Song oder sogar einen leckeren Joghurt entdecke, den bisher kaum einer meiner Freunde kennt. Dass ich dann eine der ersten bin, macht mich stolz. 

 In der digitalen Welt habe ich diesen Anspruch nicht. Ich mag das, was alle mögen. Ich folge auf Twitter den Nutzer, die die meisten Follower haben. Ihre Tweets sind wahrscheinlich die interessantesten, denke ich mir. Ich klicke auch immer die Youtube-Videos mit den meisten Aufrufen an. Die beliebtesten Katzen-Videos sind vermutlich auch die lustigsten. Völliger Blödsinn eigentlich, Mario Barth finde ich schließlich auch nicht lustig. Trotzdem schwimme ich mit dem Strom und schaue das Video an. Manchmal muss ich sogar lachen.   

Auf der nächsten Seite: Das Contra von Simon Heinrich





Gefällt mir - gefällt mir nicht, sagt Simon Heinrich


Mein Freund Flo hat ein Bild von einem australischen Strand gepostet, er macht dort Travel and Work. So richtig interessant finde ich das nicht und um zu fragen, wie es ihm geht, fehlt mir die Lust. Aber ich kann den Post ja einfach liken. Liken ist unverbindlich, ich muss nicht wirklich über etwas nachdenken und muss keine Aussage treffen. Ein Klick reicht und ich zeige ihm, dass ich es wahrgenommen habe.

 So geht es nicht nur bei Posts von Freunden, sondern vor allem bei den einzelnen Seiten bei Facebook. Über 500.000 User haben die Facebook-Seite von Lena Meyer-Landrut geliket, unserem ehemaligen Grand Prix Popsternchen. An die, die sich nicht mehr erinnern, sie hat 2010 den Grand Prix sogar gewonnen. Ob sie alle große Fans sind, kann  stark bezweifelt werden, brachte sie es kurz nach ihrem Erfolg beim Grand Prix nur zu einer halb ausverkauften Tournee. Doch trotz solcher Beispiele lassen sich viele Menschen von den Likes einer Seite lenken. Je mehr Likes desto besser muss der Künstler sein, meinen sie. Einmal gesammelte Likes lassen einen Künstler selbst in absoluten Tiefphasen noch angesagt erscheinen. Eine aktuelle Aussage über die Seite oder die Person lassen sie daher nicht zu. Doch es hält viele User nicht davon ab, die Qualität der Seiten gerade nach der Anzahl der Likes zu beurteilen. Die Unternehmen haben dieses Phänomen erkannt und kaufen sich teilweise Likes von Fake-Profilen ein. Das kostet viel Geld, aber immerhin gut in die Qualitätssteigerung der Seite investiert. Likes sind damit so aussagekräftig wie Werbeslogans.

Mit einem „Dislike“ würde ich eine inhaltliche Aussage treffen. Doch diesen Button hat Facebook noch nicht erfunden. Ist wahrscheinlich nicht partizipativ genug. Es geht ja schließlich ums Verteilen der Posts und um positives Feedback. Die Welt von Facebook ist zu heil für ein „Dislike“.

Text: hannah-loeffler - Illustration: katharina-bitzl

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