Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

G8 am Ende: Zwei Polizisten erzählen von ihrer Woche

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

René Günther, 28, und Angela Kuphal, 34, stehen in der Mittagssonne am Hafen und warten auf die Abschlusskundgebung. René Günther und Angela Kuphal sind Polizisten und tragen über ihrer Polizeiuniform die signalgelben Westen des Anti-Konflikt-Teams. „Wenn ich nicht als Konfliktschlichterin unterwegs bin, arbeite ich nur in Zivil“, sagt Angela Kuphal. Seit dem 25. Mai ist sie schon in Rostock im Einsatz, um bei Konflikten zwischen Polizei und Demonstranten zu vermitteln. „Das waren anstrengende zwei Wochen“, sagt auch René Günther. Die beiden waren täglich 16 bis 17 Stunden im Einsatz. Gestern standen sie bei einer der Blockaden der Zufahrtsstraßen nach Heiligendamm zwischen Anwohnern, Polizei und Demonstranten. Die Anwohner wollten an der Blockade vorbei zu ihren Häusern. Die Demonstranten wollten die Straße nicht verlassen. „Ich glaube, da haben wir ganz gut zu einer Lösung beitragen können“, sagt René Günther. "Nach langen Diskussionen sind die Blockierer aufgestanden, um die Anwohner durchzulassen."

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Angela und René Die Reaktionen auf seine Arbeit empfindet er meistens als positiv - sowohl von Anwohnern, als auch von Demonstranten. "Manchmal wird man allerdings auch beleidigt oder beschimpft. Spätestens wenn jemand einen Stein in die Hand nimmt, hört mein Redebedarf auf. Dann ziehen wir uns zurück." Vor acht Jahren seien die ersten Konfliktschlichter ausgebildet worden. Man habe eingesehen, dass sich Polizisten mit Helm und voller Schutzkleidung nicht gut eignen, um deeskalierende Gespräche mit aufgebrachten Demonstranten zu führen. „Bei großen Demos sind wir dabei, am 1. Mai zum Beispiel oder bei Castor-Transporten, aber auch bei der WM waren wir im Einsatz.“ Angela Kuphal glaubt, dass man „schon aus einer ganz besonderen Wolle gestrickt sein muss, um diesen Job zu machen.“ Ihr liegt die Transparenz am Herzen. Angela Kuphal vertritt ein demokratisches Verständnis von der Arbeit der Polizei. Sie informiert die Demonstranten darüber, welche rechtlichen Grundlagen es für Polizeiaktionen gibt, warum Kontrollen statt finden, Leute festgenommen oder Veranstaltungen abgesagt werden. Abgesehen von den Eskalationen am vergangenen Samstag ist sie über die Proteste der letzten Woche begeistert: „Ich finde es gigantisch, wie viele Demonstranten hier zusammengekommen sind. Wo die überall herkommen: Holländer, Belgier, Dänen, Kanadier. Was die für Geld ausgegeben haben, nur um ihre politische Meinung zu vertreten.“ Sie schweigt kurz und sagt dann: „Ganz oft habe ich eine richtige Gänsehaut bekommen. Alle Achtung.“ Die Einsatzleiter der Polizei waren in den vergangenen Tagen heftiger Kritik ausgesetzt. Während der Blockaden sollen Beamte unverhältnismäßige Maßnahmen angewendet, Polizisten in Zivil in die Blockadegruppen eingeschleust und überflüssige Gewalt ausgeübt haben. Offensichtlich hat die Polizei auch Falschmeldungen über Verletzte in den eigenen Reihen publiziert. Von über 400 gemeldeten Schwerverletzten waren nur zwei tatsächlich im Krankenhaus - üblicherweise das Kriterium, um als „schwer verletzt“ eingestuft zu werden.

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Konfliktschlichter im Einsatz Auch auf der Abschlusskundgebung ist die Atmosphäre angespannt. Es gibt Sprechchöre, die „Eure Kinder sehen bald aus wie wir“ oder „Haut ab!“ rufen. Die Moderatorin der Abschlusskundgebung fordert die Polizei immer wieder auf, die Kontrollen von Teilnehmern zu beenden. Demonstranten werden in Gewahrsam genommen, weil sie schwarze Handschuhe dabei haben oder Sonnenbrillen tragen. Die Kontrollen verzögern den Beginn der Kundgebung um fast zwei Stunden. Zu all dem mag Angela Kuphal nicht viel sagen. „Am Samstag, bei der Demo in Rostock, als es die Ausschreitungen gab, haben wir nicht kontrolliert“, sagt sie. „Wir haben gesehen, wo das geendet hat. Was genau momentan passiert, weiß ich nicht, da habe ich keinen Überblick.“

Text: anke-luebbert - Fotos: anke-luebbert

  • teilen
  • schließen