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Wie Google mein Leben verändert. Heute: Alle Fragen offen

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Der Vorhang dieser kleinen Google-Betrachtungen schließt sich, und alle eingegebenen Fragen bleiben doch offen. Gut, Google, das haben wir erarbeitet, hilft bisweilen: Es spuckt Kochrezepte aus für alles was nicht zusammenpasst, verrät Geheimnisse von Menschen die einen nicht mehr anrufen, löst auf die Schnelle Wissensknoten und bietet den Entscheidungsfreudigen eine gewisse Form der Rechtschreibhilfe. Darüber hinaus erfüllt die Suchmaschine mit ihrer charmanten Suchmasche hundert kleinere Aufgaben, die keine eigene Folge wert sind. Wenn man beispielsweise ein schlechter Journalist werden möchte, kann man jeden seiner Journalistentexte mit dem Satz „Google liefert zum Stichwort XY genau 8709312750 Treffer - ein Beleg dafür, dass XY anhaltend im Trend liegt“ beginnen. Oder man füttert als ganz allgemeiner Mensch seine tagtägliche Neugier mit Google-Anfragen. Ich zum Beispiel bin gerade auf Wohnungssuche und google schon mal die Adresse der demnächst zu besichtigenden Wohnungen. Dabei kommt eigentlich nie etwas Interessantes raus, nur einmal erfuhr ich, dass in der fraglichen Immobilie dereinst eine Pumuckl-Folge gedreht wurde. Trotz dieses beeindruckenden Hintergrundwissens bekam ich das Drecksloch nicht.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Wenn mir richtig langweilig ist, google ich einfach komische Wörter oder Sätze, um zu sehen, ob ich sie erfunden habe oder ob es sie bereits gibt. Den Ausruf „Erotik stinkt!“ zum Beispiel, hat es in der ganzen riesigen Google-Welt noch nie gegeben - ein gutes Pionier-Gefühl. Andere Nützlichkeiten: Eine neue Band, die sich einen Namen ausgedacht hat, kann den erstmal googlen, bevor es zu teuren internationalen Markenrechtsprozessen kommt. Oder die Bildersuche! Hilft optisch, wenn man sich nicht sicher ist, ob jetzt gerade Ruth-Maria Kubitschek oder Senta Berger an einem vorbeiradelt. Ein altes Popkultur-Motto umgewandelt könnte man angesichts der beiden letzten Beispiele fordern: Es sollte eigentlich immer Google da sein. Nur: Je vertrauter das "Jede-Suche-ist-möglich"-Gefühl ist, desto vertrottelter wird die Abhängigkeit davon. Ich möchte nicht als Kassandra herumhüpfen und Horrorszenarien aushupen, aber die Zeit wird kommen, in der Teenager „Was soll ich tun?“ und „Was darf ich hoffen?“ bei Google eingeben und darauf warten, dass die Maschine eine Antwort weiß. Habe ich schon von meinem Bekannten erzählt, der zwei Jobangebote hatte, sich nicht entscheiden konnte und deswegen „McKinsey oder Boston Consulting?“ eingab, in der vagen Hoffnung auf irgendeine Antwort oder zumindest Leidensgenossen? Das meine ich. Der Übergang zum Wahnsinn wird fließend. Wenn ich nicht aufpasse, frage ich übermorgen Google aus Versehen „Wo habe ich mein Auto geparkt?“. Und wenn wir nicht aufpassen, hat Google überübermorgen auch noch eine Antwort darauf.

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