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Das Finale: Engagement wie im Fitness-Studio

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Fertig! Zehn Folgen Gurk-macht-mit! Zehn aufregende, spannungsgeladene Wochen voll von Gruppentreffen, Gassigehen und Anschiss von mürrischen alten Damen. Ich habe viel gelernt, z.B. dass ... Bio-Markt Verkäuferinnen immer, immer hübscher sind als ihre Discounter Kolleginnen, Bio-Chips aber keine echte Alternative zu Glutamat geschwängerten Billigknabberzeug. ... auch Hunde Gras fressen, manchmal sogar sehr viel. ... die Menschen bei Gruppentreffen meistens sehr, sehr nett sind und allein stehende alte Damen manchmal sehr, sehr mürrisch. ... der Prozentsatz an Alpakawollpullis in Umweltgruppen tatsächlich größer ist als beim Rest der Bevölkerung. ... ein Attac Gruppentreffen nicht der richtige Ort ist, um Coca Cola zu trinken.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Nun ist Schluss, aus, vorbei! Zehn Folgen sind genug. Vorgesehen hatte ich dafür ein fulminantes Happy End: Mit Fanfaren und Trompeten wollte ich mein lebenslanges Engagement in einer einflussreichen Organisation bekannt gegeben, der große graue Problembrei hätte sich in rosa Wohlgefallen aufgelöst, mein Gewissen wäre rein und makellos und wir alle würden fröhlich im Kreis tanzen, Hand in Hand! Tja nun, Pustekuchen, meine langfristige Gurk-macht-mit-Bilanz ist eher ernüchternd: Im Biomarkt kaufe ich immer noch ein und auch auf die Waldseite klicke ich noch manchmal an, von den drei Gruppen, die ich besucht habe, bin ich aber zu keiner mehr als zweimal gegangen und beim Gassigehen war ich schon seit drei Wochen nicht mehr. Dabei hatte ich mich doch endlich aufgerafft, war extra zu den Gruppentreffen oder ins Tierheim gefahren – und hab es dann doch wieder sein gelassen. Zu weit weg, vergessen, was anderes vor. Das mit dem schlechten Gewissen, wegen dem ich alles ja eigentlich angefangen hatte, ist da natürlich auch nicht besser geworden. Warum zur Hölle, fragt sich nun der geneigte Leser, bringt der doofe Gurk seinen Allerwertesten denn nun nicht endlich mal hoch? Immer nur kucken und meckern, aber nie was machen! Ich glaube die Antwort ist einfach: Ein schlechtes Gewissen ist eine tolle Motivation, endlich mal zu einem Gruppentreffen zu gehen, einer alten Dame die Taschen hoch zu tragen oder milde Gaben unters Volk zu bringen. Das war’s dann aber auch schon, denn zu was Längerfristigem reicht Pflichtgefühl allein nicht aus. Vielleicht ist das mit dem Engagement so wie mit dem Fitnessstudio: Da war ich auch mal angemeldet, am Anfang fand ich es ganz nett, schon bald aber eher doof und sechs Monate später hab ich’s sein gelassen - obwohl ich weiter gezahlt hab und obendrein ein schlechtes Gewissen hatte. Engagement um des Engagements willen funktioniert bei mir nicht, dafür sind meine inneren Verdrängungsmechanismen zu geschickt, meine eigenen Ausreden zu gewieft. Ich müsste also etwas finden, was mir Spaß macht. So richtig, mit Schmackes und Elan. Tja, und daran hapert es im Moment und ich weiß noch nicht einmal, was das denn eigentlich wäre. Deshalb: Ausprobieren, weiterkucken. Beim Sport hat das auch funktioniert, seit über einem halben Jahr gehe ich Boxen. Und das sogar richtig gerne. War Gurk-macht-mit also ein totaler Reinfall? Alles für die Katz? Eigentlich nicht, schließlich habe ich in zehn Folgen ganz schön viel ausprobiert, das ist ja immerhin schon mal etwas und vor allem mehr, als ich vorher gemacht habe. Schade ist es schon, dass dabei nichts Langfristiges raus gekommen ist. Ein Blümchen-Happy-End hätte auch mir besser gefallen. Aber ich hoffe, das ist nur eine Frage der Zeit. Gruppen zum Mitmachen und Engagieren gibt es genug, ankucken werde ich die mir auf jeden Fall. Ein bisschen wegen dem schlechten Gewissen, ganz klar, ein bisschen aber auch, weil das Anschauen immer sehr, sehr viel Spaß gemacht hat.

Text: christoph-gurk - Illustration: Katharina Bitzl

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