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Verhaltensregeln in der Schwulenkneipe

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Illustration: kathrin-hoermann Andere Lokalitäten, andere Sitten. Was in der Fußballkneipe um die Ecke richtig ist, kann drei Straßen weiter schon wieder falsch sein. Überall wird ein bisschen anders geredet, geschunkelt und gebaggert. Der Besuch in einer Schwulenkneipe – ob du nun absichtlich oder aus Versehen hineingeraten bist – ist keine Wissenschaft, aber er erfordert einige Grundkenntnisse. Wer die hat, kann viel Spaß haben. Egal ob Junge oder Mädchen, ob Homo oder Hetero. Für schwule Jungs 1. Jeder hier geht ganz natürlich davon aus, dass du schwul bist. Es besteht also wirklich keine Notwendigkeit, sich durch übertriebene Sprechweise („Toll, toll, toll“) oder Gestik (eigens einstudierte Choreographie fürs Zigarettenanzünden) erst noch zu erkennen zu geben. 2. Es ist nicht schlimm, wenn du dich nicht traust, jemanden anzusprechen. Je verschüchterter du am Tresen stehst, desto mehr Leute werden dich ansprechen. Verschlossene Typen sind gefragt. 3. Mag ja sein, dass deine Eltern es immer noch nicht akzeptieren, dass du schwul bist und dir zu Weihnachten ein Playboy-Abo geschenkt haben. Dass dein ehemals bester Freund dich seit deinem Coming Out nicht mehr umarmen will. Wenn es dir hilft, rede darüber: in einer Therapiegruppe, nicht hier. Denn du willst kein Mitleid, sondern jemanden kennen lernen. Gejammer macht unattraktiv. 4. Niemand wird dir Böses tun, wenn dein Outfit aus den hässlichsten rosa Kleidungsstücken deiner Schwester, einem Kilo Make-up und einer in nächtlicher Selbstverwirklichung selbst gebastelten Federboa besteht. Allerdings wird dir so auch nicht unbedingt jemand etwas Gutes tun. Die meisten hier stehen nämlich auf Männer, die sich geben wie Männer. 5. Halte dich fern von denen, die nur deinen Körper wollen – es sei denn, du willst nur ihre Körper. Für heterosexuelle Jungs 1. Jeder hier geht ganz natürlich davon aus, dass du schwul bist. Wenn du damit nicht klar kommst, bleib besser zu Hause. 2. Großartig, dass du deinen Horizont erweitern und Vorurteile abbauen willst. Trotzdem solltest du deine Begeisterung über die eigene Toleranz in Grenzen halten. Verzichte in Gesprächen auf folgende Worte: „Is’ ja gar nich’ so tuntig hier, ihr seid ja voll normale Typen, echt: Die meisten von euch könnten glatt auch Frauen haben.“ 3. Betrachte deinen Aufenthalt als Experiment mit unerhört großem Erfahrungswert. Wolltest du nicht schon immer mal wissen, wie Frauen sich in einer „normalen“ Kneipe/Disko fühlen? 4. Keine Angst vorm Gang zur Toilette. Hier ist noch niemand vergewaltigt worden – jedenfalls nicht gegen seinen Willen. 5. Brich bitte niemandem das Herz. Lass dir dafür von denen, die nur deinen Körper wollen, ein paar Longdrinks oder Cocktails spendieren. Das schont die eigenen Finanzen und verpflichtet zu nichts. Außerdem ist es auch irgendwie verdammt lustig. Bei heterosexuellen Mädchen 1. Niemand kann sich in einer Schwulenkneipe einfacher und wirkungsvoller beliebt machen als du. In der Mitte des Raumes drei Mal um die eigene Achse drehen, theatralisch auf die Knie sinken und schluchzen: „Warum nur, Gott, warum nur, Jesus, sind alle gut aussehenden Männer schwul? Das ist sooo unfassbar ungerecht.“ 2. Langweile niemanden mit der Geschichte, warum du hier bist. Die hat jeder hier schon hundert Mal gehört: Du bist die beste Freundin von dem verschüchterten Typen am Tresen, der noch nicht richtig mit sich klar kommt und sich deshalb allein nicht hergetraut hat. 3. Also sei eine gute beste Freundin und begebe dich unauffällig in die andere Ecke des Raumes, sobald er sich mit einem gut aussehenden Jungen in ein Gespräch vertieft. 4. Genieße die Zeit: Endlich kannst du dich einmal frei unter einem Rudel besoffener Männer bewegen, ohne darauf achten zu müssen, ob jemand seine Hände nicht mehr unter Kontrolle hat. 5. Nutze die Gelegenheit: Nirgendwo anders findest du Kerle, mit denen du dich so offen, detailliert und unverklemmt über Sex unterhalten kannst. Bei lesbischen Mädchen 1. Reden, lachen, tanzen, singen, springen – in Schwulenkneipen wird viel und ausgelassen gefeiert, was sie auch für dich zu einem wunderbaren Anlaufpunkt für einen lustigen Abend machen. 2. Zum Abschleppen gibt’s leider nicht allzu viel für dich. Die wenigen Mädchen, die da sind, sind meist heterosexuell und nur ihrem schwulen Kumpel zuliebe gekommen. Bring also am besten ein paar lesbische Freundinnen mit. Dann ist der Abend gleich drei Mal so lustig. 3.So schlimm, entwürdigend, hirnverbrannt und ungerecht es ist: Sei gefasst darauf und ärgere dich nicht zu sehr darüber, dass einige Schwule ähnliche Vorurteile gegenüber Lesben haben wie andere Männer (zum Beispiel: „Lesben sehen alle aus wie Angela Merkel – und tanzen auch so“). Mit jemandem, der nicht auf Männer steht, kann aus ihrer Sicht halt irgendetwas nicht in Ordnung sein. 4. Die große Mehrheit der Schwulen ist aber gegen Vorurteile und wird deshalb großzügig darüber hinwegsehen, wenn du und deine Freundinnen einem Typen, der euch blöd kommt, körperliche Schmerzen zufügt. Als Hilfsmittel darf alles verwendet werden, was sich in der nächstliegenden Handtasche findet. 5. Hier kannst du öffentlich mit deiner Freundin knutschen, ohne bei umstehenden Männern pornografische Fantasien auszulösen.

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