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Wie man stilsicher alleine auf Konzerte, ins Kino oder Theater geht

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Kino: Die Einsamkeitsfalle lauert im Foyer: Wer zu früh dran ist, steht umgeben von Pärchen und Freundescliquen vor verschlossener Tür und erntet mitleidige Blicke. Wen’s stört, sollte die Warteposition einnehmen: Handy aus der Tasche ziehen und immer wieder drauf kucken, so als erwarte man noch jemand. Ungeduldig von einem Fuß auf den anderen treten. Arme verschränken. Kaum hat man Saal und Platz gefunden, kann man sich entspannen: Bald geht das Licht aus und niemand sieht mehr, dass man ohne Begleitung da ist. Im Sitz runterschlumpfen und langsam und genüsslich Popcorn knabbern – ist ja keiner da, der’s einem streitig machen könnte. Im Film sich auf alle Szenen, auf alle Details konzentrieren, alle romantischen Augenblicke realisieren – ist ja keiner da zum Knutschen. Und an gruseligen Stellen kann man sich seine Nerven aus Stahl beweisen, weil man sie auch ohne die Hand nebenan, in die man sich krallen kann, übersteht. Zum Beispiel, in dem man kurz die Augen zu macht.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Kameramann Michael Ballhaus macht vor, wie es funktioniert: lässig im Kinosessel zurücklehnen und die Welt fest im Blick Theater: Auch hier kann es passieren, dass in der Garderobenhalle oder im Vorraum eine Wartesituation entsteht, weil noch kein Einlass ist. Schrägen Blicken begegnet man am Besten, wenn man sich gut fühlt. Also vor dem Theaterbesuch ein schickes Oberteil/fetziges T-Shirt shoppen, lange unter der Dusche stehen und eine Gesichtsmaske auflegen/rasieren, je nach Geschmack. Gut riechend und gut ausschauend sitzt man dann in roten Edelsesseln und bekommt live und fast zum anfassen Kultur serviert. Die Pause schlägt man als Frau am besten damit rum, dass man auf die Toilette geht – die Schlangen sind auch im Theater lang. Männer können in der gleichen Zeit aufs Klo und eine rauchen gehen. Lesung: Bei diesen kulturellen Veranstaltungen geht es meistens familiärer zu: Es gibt weniger Sitzplätze und das Licht wird wohl von Anfang bis Ende an sein. Wer allein kommt, fällt die ganze Zeit auf. Macht aber nichts. Denn der pure, leichte, hedonistische Spaßfaktor ist bei Lesungen meist etwas geringer, deswegen werden mehr Einzelgänger da sein als man selbst. Am besten sitzt man in der dritten Reihe, mitten drin. Man hat einen guten Blick auf den Autor, wird aber nicht von ihm angestarrt. Links und rechts neben einem sind Gesprächspartner, die sehr sicher das gleiche Interessengebiet haben wie man selbst: Literatur. Schon kann man endlich über die psychosoziale Komponente im Spätwerk Franz Kafkas diskutieren, ohne sich wie ein Streber zu fühlen, ohne Freunden auf die Nerven zu gehen. In der Pause schlürft man ein Glas Prosecco vor dem Gummibaum und beobachtet ungestört andere Leute, ohne von Freunden abgelenkt zu werden. Und am Schluss lässt man sich sein Buch signieren, ganz in Ruhe, ohne von seiner Begleitung gehetzt zu werden.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Alleine auf einem Konzert? Einfach in die Menge schmeißen und Kontakte knüpfen Konzert: Wenn die Lieblingsband in die Stadt kommt, hilft keinen Bangen und Zagen: Da muss man hin, egal ob wer mitwill oder nicht. Der Mob bei einem Konzert ist eigentlich immer eine homogene, hüpfende Masse. Jeder mag die Musik, jeder ist entspannt. Kein bisschen fällt man auf, wenn man allein dort ist, kann hemmungslos flirten, tanzen und trinken, ohne auf eine Begleitung Rücksicht zu nehmen. Bild1: AP; Bild2: ddp

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