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"Dafür sind die doch da!"

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Ein Eins-A-Elternsatz. Man wird ihn so lange in der eigenen mentalen Warteschleife mit sich schleifen, bis man ihn endlich an seine Kinder weitergeben kann. Dabei hat man doch selber so unter diesen Momenten gelitten, in denen man von seinen Erzeugern mit diesem Satz in die Welt geschickt wurde. Hin zu all den Schaffnern und Bademeistern, die angeblich nur dafür da waren, schüchtern-doofe Fragen nach Öffnungszeiten und Eispreisen zu beantworten. Auf diese Weise wurde man schon früh an etwas herangeführt, das man später Dienstleistungswüste nennen würde. Wobei das mit der Wüste vielleicht auch nur von diesem Satz kommt. In anderen Ländern sagen die diversen Dienstleister ihn ja gerne mal von selber oder zumindest die Floskelform „You’re welcome!“.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Hierzulande aber geht die Elterngeneration mit ihrem gezückten „Dafür sind Sie doch da!“ auf jeden zu, der das Pech hat in einem Hemd mit Namensschild zu stecken. Die Resoluten übersehen dabei, dass sie es in diesem Augenblick sind, die den Aufgabenbereich abstecken, für den die anderen da sein sollen. Ich nehme mal an, dass all die Hausmeister, Berufsberater und Bahn-Angestellten deswegen so sind, wie sie sind – weil ihnen ständig ungefragt der Grund ihres Daseins auf Gottes Erde genannt wird. Einen umwerfenden Beweis dafür, dass der Hauptsatz manchmal auch goldrichtig ist, hat meine Mutter neulich erbracht. Ihr Fernseher zeigte kein Bild mehr. Wenn mein Fernseher nichts mehr zeigte, würde ich ihn ein- und ausschalten, Batterie und Steckdose überprüfen und dann bei Google „Fernseher geht nicht mehr“ plus Markenname eingeben, in der Hoffnung, auf ein Forum von Leidgenossen zu stoßen. Dann würde ich mich bemitleiden, zwei Monate gar nichts machen und schließlich einen Neuen kaufen. Meine Mutter also hat den Fernseher ebenfalls aus- und eingeschaltet und neue Batterien in die Fernbedienung, aber war alles nix. Am nächsten Tag ist sie in die Stadt gefahren, mit der Fernbedienung in der Handtasche. Damit rein zu Karstadt und in die Elektroabteilung, und zwar schnurstracks, wie sie am Telefon betonte. Denn schließlich: „Dafür sind die doch da!“ Ich kniff nun schon die Ohren zusammen in Erwartung der schlimmen Dienstleistungswüsten-Schilderung, die auf so eine absurde Aktion unweigerlich folgen musste. Zumindest in meiner Welt. Aber nichts da. Meine Mutter wurde mit Fernbedienung von einem sehr netten (!) Spezialmitarbeiter (!!) in einen kleinen Fernseh-Serviceraum (!!!) komplimentiert. Dort wurde die Fernbedienung einem amtlichen Funktionscheck unterzogen. O-Ton Mama: „Wie sich das gehört.“ Wieder daheim lief der Fernseher in allerbester Manier und konnte jetzt als Dreingabe sogar noch belgische Waffeln backen. Aus mir quallten Laute des Unglaubens und der Bewunderung für diese unfassliche Begebenheit. Aber meine Mutter wunderte sich kein bisschen. Schließlich, dafür sind die doch da, die Fernbedienungs-Fachangestellten!

Text: max-scharnigg - Illustration: Katharina Bitzl

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