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"Das war jetzt so klar"
Die freiwillige Selbstbezichtigung gehört zu unserer Zeit wie das Aufladen von Akkus. Wir haben uns daran gewöhnt, in allen Lebensbereichen so zu tun, als könnten wir jederzeit vom Akteur zum Zuschauer werden und uns dann selber beim Doofsein zuschauen. Das nimmt dem Doofsein nämlich die Schärfe. Es ist dann fast so, als ob einem anderen der Rasenmäher über den Fuß gefahren wäre oder ein anderer das letzte Kondom gummiflipartig zum offenen Fenster hinaus befördert hätte. In solche Situationen hat sich der Hauptsatz eingenistet. Er signalisiert, dass man die eigene Unzulänglichkeit gut kennt. Früher hätte es in der gleichen Situation vielleicht noch ganz klassisch „Vorwürfe“ oder „komische Fragen“ gehagelt, nun aber wird diesen unfrohen Sachen der Schwung genommen, indem man sich schnell lieber selbst die Eselskappe aufsetzt.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
„Das war jetzt so klar, dass ich als Einziger bei der Vernissage hier mit meiner Karre direkt ins Schaufenster krache!“ könnte immer noch aufmunterndes Schulterklopfen zur Folge haben. Der Witz dieser Selbstbezichtigung ist, dass sie allen Beteiligten das Gefühl gibt, es läge immerhin ein Erfolg eben im Erkennen und Erfüllen der eigenen Unglücksquote. Das ist also etwa so, wie wenn man demjenigen zuruft, der in den Misthaufen gefallen ist: „Haste wenigstens was zu erzählen.“ Der Selbstbezichtiger hat in diesem Sinne wenigstens den Gag auf seine Kosten selber gemacht.
Es ist erregend sich auszumalen, was passiert wäre, wenn die BP-Chefs auf der ersten Pressekonferenz nach der letzten Ölung des Golfs von Mexiko gesagt hätten: „Oh Mann, das musste ja wieder uns passieren, typisch seelenloser Megakonzern, irgendwie konnte das ja nicht gut gehen, und wir denken noch, krass wie schief die Plattform da steht, aber jetzt, das war so klar, na sorry, wir zahln’s.“ Duz-Firmen wie Apple, Google und Ikea würden es genau so machen. Die hätten kein Problem über sich selber zu lachen. In der Hoffnung, dass alle reflexartig mitlachen und darüber ganz das Bösesein vergessen.
Text: max-scharnigg - Illustration: katharina-bitzl