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"Den perfekten Zeitpunkt für Kinder gibt es nicht."

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Rund um die private Menschenherstellung gibt es jede Menge zu besprechen. Ehrlich gesagt, wird von den 30- bis 50-Jährigen nichts anderes besprochen, sieht man mal von den paar tagesaktuellen Notwendigkeiten und Fußball ab. Der obige Hauptsatz ist dabei wichtiger Bestandteil all jener zu langen Cappuccino-Gespräche mit besten Freunden, in denen einmal mehr Für und Wider von Kindern im Allgemeinen und eines eigenen Premierenkindes im Besonderen erörtert werden. Nach etlichen Variationen der sehr interessanten Stimmungslage: „Och, ich weiß auch nicht, ich mag unser Leben eigentlich, wie es gerade ist“ und den immer etwas abseitig klingenden Verweisen auf den Partner „Der Stefan/die Nadine ist ja total der Kinderfreak“ soll der Hauptsatz dann stets das versöhnliche Fazit bilden.
  Außerdem dient er natürlich der Verlagerung der ganzen Diskussion in die halbweite Zukunft und in Privatgemächer, die auch dringend notwendig ist. Denn so gern man immer wieder in diese Gebär-Grübelei verfällt, noch nie hat man von einem derartigen Gespräch gehört, das tatsächlich mit: „Ja gut, hast recht, dann machen wir heute gegen halb fünf eben das Kind, ich zieh schon mal hier die Hose aus“ endete.
  Stattdessen taumelt man doch in endlosen Ellipsen durch die immergleichen Argumente: Prinzipiell schon alles so süß! Insbesondere die kleinen Schuhe und Wahnsinn, was es da alles gibt, eine richtige Industrie ist das!
  Aber was, wenn es ein Schreikind wird, oje? Hey, das muss dir klar sein, dein eigenes Leben ist für immer vorbei!
  Windeln igitt!
  Und was, wenn die selbstgemachten Kinder komplette Deppen sind? Darf man das dann sagen?
  Ach, es ist schon sehr schwierig aus diesem Strudel herauszukommen, jeder kennt schließlich gelungene Beispiele und solche, bei denen es seit der Kindsgeburt zugeht wie in einem viertklassigen Wanderzirkus, nur ohne Zelt.
  Ein anderer wichtiger Satz im Gesprächsverlauf ist deswegen: „Ich glaube, wenn es jetzt passieren würde, wäre es schon irgendwie okay.“ Das ist das maximale Zugeständnis daran, dass man doch nicht mehr 18 Jahre alt ist, sondern sich streng genommen schon im letzten Drittel dessen aufhält, was die Natur so als Fruchtbarkeitszeitraum vorgesehen hat. Trotzdem lassen es die wenigsten ja dann gleich irgendwie passieren, sondern taktieren lieber noch ein paar Sommer, obwohl sie doch seit zehn Jahren tiefgläubig den Hauptsatz mit dem nie perfekten Zeitpunkt in den Milchschaum sprechen.
  Schließlich ist zwar klar, dass es nie ganz perfekten Zeitpunkt für ein Kind gibt, aber ein bisschen weniger unperfekt könnte es vielleicht ja doch sein, in sagen wir mal, einem Jahr?

Text: max-scharnigg - Illustration: Katharina Bitzl

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