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Die Hauptsatzkolumne. Heute: "Mit Englisch kommst du da überall durch!"

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Ich verreise gerne, fürchte mich aber auch davor. Die Unerschrockenheit fehlt mir, mit der andere Menschen in ein Flugzeug steigen, um Stunden später entspannt ganz woanders auf der Weltkugel anzukommen und dann gleich in das nächste Zweithaarstudio zu gehen, als wäre es nichts. Ich betrete fremde Länder schüchtern und auf Zehenspitzen und gehe so lange nicht ins Zweithaarstudio, bis ich mindestens zehn Worte für Zweithaar in der fremden Sprache fehlerfrei aufsagen kann.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Im Vorfeld einer Reise hole ich mir Tipps bei den Unerschrockenen, die ja alle fremden Länder schon längst vor mir bereist haben, meistens schon als sie dreizehn waren. Wenn dabei die Sprache auf die Sprache kommt, schmieren sie mir immer gutgelaunt den obigen Hauptsatz aufs Brot. Sie sprechen ihn mit einer solchen Überzeugung an mich hin – wenn Notare zur Hand wären, würden sie mir sogar notariell beglaubigen, dass ich in Finnland, Marokko, Franz-Josef-Land und auf St.Kitts und Nevis mit englisch locker durchkäme. Na, dann ist ja gut, denke ich, packe mein Englisch und ein empfehlenswert schlechtes Buch ein, und fliege in die Fremde. Dort angekommen tripple ich aufgeregt zu einem Bambus-Taxi oder möchte ein ortstypisches Reittier mieten. Also, ich versuche es. Mein Englisch aber prallt an den fremden Beförderungsexperten ab, wie ein Liter Tee am Felsen. Sie starren meinen Mund an, aus dem diese wunderlichen Laute kommen und reden dann mit einem herrlichen Geräusch, das ich noch nie vernommen habe. Es ist ihre Landessprache und die gebrauchen sie mit Fug und Recht. Ich weiß, was meine unerschrockenen Bekannten in dieser Situation machen: Sie verständigen sich „mit Händen und Füßen“. Denn das ist auch so ein Lieblingsausdruck von ihnen. Bin ich der Einzige, der dabei immer an die notleidenden Hand- und Fußmaler denken muss, die vor Weihnachten ihre fußgemalten Karten verschicken? Nun teile ich leider nicht die weltweite Begeisterung für Preisverhandlungen mit Händen und Füßen, im Gegenteil, so ein Gestammel macht mich topmiesepetrig. Ich würde den Einheimischen gerne Respekt erweisen, indem ich zumindest Grundzüge ihrer Sprache kann – oder ihnen wenigstens auf Englisch Lobendes darüber sagen. Aber selbst in Schweden gerate ich fortlaufend an Tankstellenbesitzer und Barschzüchter, deren Englischlehrerin selig noch vor Antreten ihres Amtes verstorben war. Oder die einfach noch nie davon gehört haben, dass man sich in ihrem Land mit Englisch gut durchschlagen kann. Vielleicht, ganz vielleicht, liegt es auch an meinem Englisch, dass es nirgendwo anders funktioniert. Denn ich spreche ein sehr feines, verkünsteltes Englisch. Es klingt fast wie Flötenmusik.

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