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"Ich liebe dich auch"
Es dürfte zu den größten Herausforderungen des Blabla gehören, den Satz "Ich liebe dich" ordentlich an sein Ziel zu bringen. Das Problem ist, dass man ihn zu oft bei professionellen Sprechern in perfekt ausgeleuchteten Szenarien beobachtet hat, in denen zusätzlich meist noch Schiffsuntergänge, Flugzeugstarts und Explosionen stattfanden. In solcher Kulisse ist der Satz schnell und markig ausgesprochen. Über die Falten einer fast leeren Mettwursthülle hinweg, an einem Dienstagabend vor den Tagesthemen fällt das schwerer. Es ist nämlich niemals leichthin zu sagen, dieses "Ich liebe dich". Es verlangt mindestens nach Kniefall und ein bisschen Wind in den Gesichtern der Beteiligten. Versucht man es einmal wie nebenbei und lässig, wird das "liebe" oft so abscheulich unbetont und kurz, dass es klingt wie "lybbe" - als wäre man eine Computerstimme in einem Spielzeugbrot aus Bangladesch.
Nun, diese Schwierigkeiten führen dazu, dass das pure "Ich liebe dich." nur selten in seiner ganzen Gravität in Mietwohnungen und Treppenhäusern ausgesprochen wird. Die Alltagsliebe wird mit dem anspruchsloseren "Ich habe dich lieb" zur Genüge bekundet. Oder aber das "Ich liebe dich" verkommt zu einer stereotypen Schlussformel unter Paaren, wird zum Beispiel an das Ende jedes Telefongespräches gehängt und steht dem Charme der Zeitansage in nichts nach.
Auf alle Varianten des "Ich liebe dich" jedenfalls, wird freiherzig der Hauptsatz geantwortet. So wichtig und ernst das Original ist, so minderwertig, geradezu nichtsnutzig ist dieses "Ich liebe dich auch". Es kuscht sich ein, es hat Hausschuhe an, ist ein beliebiges Geschwafel der Zuneigung. Nur wegen "auch"! Das macht alles kaputt. Wenn sich einer auf ein Denkmal stellt und sagt: "Ich schätze ein gut gebügeltes Hemd!", ist das ein Satz wie ein Gebirge! Kommt dann ein anderer auf einem Denkmal angerollt und sagt: "Ich schätze ein gut gebügeltes Hemd auch!", wirkt er nur wie ein langweiliger Mensch aus Doofhausen. Denn das "auch" klingt immer nachgemacht. Nachgemachte Liebe aber ist wertlos, keiner mag sie. Deswegen müsste unter Liebenden die diesbezügliche Bekräftigung so ablaufen, dass erst der eine "Ich liebe dich!" schmettert und dann der andere aufs Gramm genau antwortet: "Ich liebe dich!" Immer so hin und her, bis einer erschöpft "Ich dich auch." murmelt und deswegen den Tisch abräumen muss.
Text: max-scharnigg - Illustration: Katharina Bitzl