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„Kann man das Wasser hier trinken?“

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Wenn einem nix einfällt, kann man mit fremden Menschen immer noch über Leitungswasser reden. Jeder kennt doch mindestens eine Stadt, in der das Leitungswasser eklig schmeckt und dann fällt das Wort „Chlor“ und alle winken angewidert ab – gemeinsames Anwidern schafft tolle Gruppenatmo. Als Münchner werde ich von den anderen Leitungswassertrinkern beneidet, denn das Münchner Wasser gilt als geil rein. Das stimmt. Ich trinke es mit Begeisterung und muss nur einmal im Jahr zu „meinem“ Steinbruch gehen, um mir die Kalkablagerungen rausmeißeln zu lassen. Die restliche Zeit ist das Münchner Wasser super: bei bierbasierten Kopfschmerzen hilft nichts besser, Semmelknödel zerfallen darin niemals, und beim Duschen säubert es ganz vorzüglich und riecht leicht nach Bergwald. Derart verwöhnt, überkommt mich vor Wasserhähnen in anderen Städten eine Beklemmung und ich benütze den Hauptsatz mit Betonung auf „hier?“. Natürlich gibt daraufhin kein Hahnbesitzer zu, dass man die Brackbrühe in seiner Stadt nicht trinken kann. Nur kleinlaut wird gestanden, dass es für Babynahrung „nicht sooo geeignet“ wäre. Aber wer nährt sein Baby schon mit Leitungswasser? Dafür hat es, München hin, Reinheit her, noch einen zu schlechten Leumund. Die Menschen kippen in alles, was ihnen teuer ist – also in Espressomaschinen und frische Kinder – lieber französisches Wasser aus Plastikflaschen. Ich glaube, die Ablehnung des Leitungswassers in wichtigen Situationen liegt an seinem Namen. Wer Leitungswasser sagt, müsste im Gegenzug auch Flaschenwasser sagen. Oder Schlachthoffleisch. Oder Geburtskanal-Kind. Aber nur dem Leitungswasser haftet seine Herkunft als Makel an. Wer in der Kneipe zum Wein Leitungswasser bestellt, für den werden garantiert nicht die Lampions im Garten angeschaltet. Ich bin deshalb dafür, Leitungswasser in Hauswasser umzunennen. Das klingt nach regionalem Produkt und was so klingt, wird gern genommen. Eher im privaten Bereich liegt ein anderes Problem: Ich kann das Hauswasser nur aus dem Küchenhahn trinken. Niemals würde ich jenes aus dem Hahn trinken, der zum Waschbecken in der Toilette gehört. Das Wasser am Waschtisch im Bad nehme ich nur zum Zähneputzen – schreckliche Vorstellung, es in die Trink-Karaffe laufen zu lassen. Ich müsste bei jedem Schluck an Colgate denken, beim Klobeckenwasser an Schlimmeres. Und wenn mir einer erzählt, dass er schon mal Babynahrung mit Klowaschbeckenwasser zubereitet hat, dann nehme ich sofort Reißaus.

Text: max-scharnigg - Illustration: Katharina Bitzl

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