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Her mit den coolen Kids! Die R&B- und HipHop-Kolumne mit Hanna

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Drei Wörter, die ihr euch merken solltet: The Cool Kids. So nennt sich der neue Hype aus Chicago

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Mikey und Chuck heißen die zwei Jungspunde mit den schrägen Klamotten auf den BMX-Rädern. Die beiden haben im letzten Jahr mit der selbst verbreiteten EP „Totally Flossed Out“ eine Begeisterung ausgelöst, die es seit Muhammad Ali nicht mehr gab. The Rolling Stone, Vibe, XXL, Fader, URB - die ganze Musikpresse ist sich einig: The Cool Kids sind die newsten Newcomer in diesem Jahr. Sie haben nicht nur einen neuen Longplayer angekündigt, sondern touren jetzt gerade auch noch durch Europa. In Deutschland werden die coolen Kinder allerdings keinen Zwischenstopp einlegen. Hier gibt es den Song ’88 zu hören:

Und hier noch ein supercooler Freestyle von den Kids:

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Wir bleiben in Chicago und kommen gleich zum nächsten großen Ding in Chi-Town. Jetzt ist es nicht mehr das BMX-Rad, sondern das Skateboard, das uns den Kopf verdreht. Word, ich spreche natürlich von Lupe Fiasco. Ich war bereits von seinem Debüt „Food & Liquor“ geflasht, doch „The Cool“ hat das alles noch einmal übertroffen. Hat man sich einmal von dem tiefen Bass und Bling-Bling verabschiedet, das man sonst gewohnt ist, steht einem nichts mehr im Wege. Ohne Mühe kann man sich in die soften Beats und klugen Reime von Lupe einfühlen und jede Hör-Sekunde genießen. Lupe macht echten und straighten HipHop, der seinem eigenen Konzept folgt. So muss es sich anfühlen. Das Video zu „Superstar“:

Übrigens: Die Drei HipHop-Größen Lupe Fiasco, Kanye West und Pharrell Williams haben sich zusammengetan und das All-Star-Trio Chicago Runs Shit gegründet. Den ersten gemeinsamen Song gibt es hier zu hören: „Us Placers“ +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Kommen wir nun zu der Queen of Soul. Vor einigen Jahren versprach Mary J Blige uns „no more drama“, seitdem warte ich sehnsüchtig auf ein Album ohne Selbstzweifel, Wut, Alkoholprobleme und Beziehungsstress. Doch irgendwie scheint es die Frau einfach nicht hinzubekommen. Sie hat Geld wie Sand am Meer, über 25 Millionen verkaufte Platten, einen Woman’s World Award – mein Gott, was will sie denn noch? Irgendwann muss man doch seine Erlebnisse verarbeitet haben und auch mal wieder nach vorne gucken und glücklich sein. So ein Album hätte ich mir gewünscht. Stattdessen fährt Mary auf der alten Schiene. Sie macht zwar nichts Schlechtes, dafür aber auch nichts Fantastisches. Höhepunkte sind somit auch die ersten beiden Singles „Just Fine“ und „Work That“. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Back to the Old School! Denn, wenn einer street-credibility aufweisen kann, dann ist es Kool G Rap. 1989 brachte er zusammen mit DJ Polo den Klassiker „Road to the Riches“ auf den Markt und war seitdem maßgeblich an der Entwicklung des Hardcore-Raps beteiligt. „Punch you in your face music“ nennt man Kools Flow auch und wird auch auf der neuen LP „Half a Klip“ nicht davor bewahrt, wie verrückt mit dem Kopf im Takt zu wippen. Drum-Beats, Synthesizer-Riffs - es fühlt sich an, wie eine verrückte New Yorker Blockparty. Achtung: Nackenschmerzen - Gefahr! Den Song „On The Rise Again“ gibt es hier zum Download. Nächste Seite: Afro Hesse, Massiv und diverse Kleinkriminelle


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

„Im Alter von 9 Jahren flüchtete Afro Hesse mit seiner Familie aus Algerien nach Deutschland. Mit 23 Jahren sollte er wieder nach Algerien abgeschoben werden, weg von seiner Familie und weg von seinen Freunden. Afro widersetzte sich der Abschiebung und flüchtete nach Paris, wo er mit Freunden sein erstes Album aufnahm. Seitdem lebt er ohne Zuhause im Untergrund, mal hier mal dort, ständig auf der Flucht.“ Was sich hier wie ein PR-Gag oder Imageaufbau anhört, ist tatsächlich eine wahre Story. Auch auf Afros zweitem Album „Mehr als Musik“ ist der rote Faden, sein Leben im Untergrund. Wobei der Begriff Album hier nicht ganz richtig ist. Selbst Afro gibt zu, dass es wohl doch eher ein Sampler geworden ist. Godsilla, Sentino, Megaloh, Amir T., Eko Fresh, Ali A$, Tink, Wackz, Afu-Ra, Pee Froiss und sogar Joachim Deutschland finden sich auf dem 17-Track starken Sampler und bringen tatsächlich einen schönen Mix von Old-School-Beats, Deutschrap und französischen Einflüssen hervor. Musik, die an die 90er erinnert, mit Soul in den Texten ohne dabei weich zu wirken und mit einigen kritischen Blickpunkten auf das politische Deutschland. Top! „Wir sind über eine Million, Frau Merkel“ – seht hier Hesses Statement in dem Video zu „Sans Papier“:

Und hier gibt’s ein Snippet von „Mehr als Musik“ +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ „Schon mit 14 wurd ich's erstes Mal verhaftet / Bin 'nen Wiederholungstäter mit 'ner kriminellen Akte / Hab mit 'ner Gruppe Asylanten alle Nazis verprügelt / Hab mit den Sohlen meiner Nikes ihre Fressen gebügelt“, so ungefähr geht der Rest der Platte auch weiter. Alles ist sehr einseitig. Was soll ich sagen? Es gibt aggressive und tiefe Beats mit Textschlägereien im Stil von Gewalt, Kriminalität und eigener Härte. Massiv macht klare Ansagen gegen die bösen Hater und über sein Gangster-Dasein auf der Straße. Manchmal gibt es ein paar Ausnahmen, in denen sich Massiv plötzlich seiner Gefühle besinnt und sich an seine große Liebe erinnert. Ist er also doch nicht so ghetto? „Ein Mann ein Wort“:

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Wenn es um harten und authentischen Straßenrap in Deutschland geht, steht ein Mann ganz oben auf der Liste. MOK, der Neuköllner Hustler, bleibt seiner Linie auch auf „Geldwäsche“ treu und holt sogar noch jemanden mit ins Boot. G-Hot, auch der deutsche Lloyd Banks genannt, schafft es immer wieder mit tollen Vergleichen und seinen bildlichen Rapskills unterhaltsamen HipHop zu präsentieren. Klar, auch auf „Geldwäsche“ geht es, worüber auch sonst, um Gangster, Geld und Hater, also um nichts Neues. Doch irgendwie schaffen die beiden einen guten Mix aus authentischem Straßenrap und lustigen Lines. Kurz: es macht Spaß den Jungs zuzuhören. Wer klopft denn da? „Pokk Pokk“:

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Ich muss zugeben, dass ich vorher noch nichts von den Sprachlaboranten gehört habe. Der Pressetext hat mich dann aber doch neugierig gemacht: treffe ich hier wirklich auf innovativen HipHop, der sich endlich mal von dem ganzen aggressiven Gangster-Mist abwendet und stattdessen mit viel Flow und Talent vielseitige Rapmusik hervorbringt? Leider nicht ganz. Nur weil keine Ansteckungsgefahr von der Aggro-Berlin-Szene droht, muss nicht zwangsläufig mehr Inhalt drin stecken. Fast schon verkrampft versuchen die Jungs ihre Ablehnung für das Gangsterklischee in den Zeilen unterzubringen und vergessen dabei doch fast, auf sinnvolle und intelligente Texte zu achten. Es gibt zwar unterhaltsame Mucke mit groovy Beats, doch Rebellion gegen die deutschsprachige Rapentwicklung ist auch nichts Neues. Aber seht selbst:

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Dann vielleicht doch lieber Mittelfinger-Attitüde und Gewaltverherrlichung? Joe Rilla meint, nein:

Wie denkt ihr darüber? +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Facts: + Lupe Fiasco: The Cool – 07.03.2008 (Warner Music) + Mary J. Blige: Growing Pains – 01.02.2008 (Universal) + Kool G Rap: Half a Klip – 22.02.2008 (Groove Attack) + Afro Hesse: Mehr als Musik – 29.02.2008 (Groove Attack) + Massiv: Ein Mann ein Wort – 01.02.2008 (Sony BMG) + MOK: Geldwäsche – 29.02.2008 (Sony BMG) + Sprachlabor: Richtig – 22.02.2008 (Four Music)

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