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Die Fernbeziehungskolumne. Heute: Besuche, Eifersucht und andere schöne Sachen

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Weil Österreichischer Nationalfeiertag, verlängertes Wochenende, Kathrin hat mich in Köln besucht. Und hat mitgebracht: a) einen Koffer Dreckwäsche, die ich waschen durfte, b) eine Webcam, damit ich jetzt zu Hause skypen kann und mich im Internetcafé nicht mehr zum Affen machen muss, c) Tiroler Obstbrand, der schön im Rachen brennt, d) eine Stange Zigaretten, e) und als Extra obendrauf: eine Stange Eifersucht. Wohl deshalb hat sie erst einmal ihr Revier markiert, und mir einen dekorativen Knutschfleck gut sichtbar auf den Hals gesetzt. Damit – wie bei einem argentinischen Rind mit Brandmarkierung am Hinterteil – die Besitzverhältnisse nach außen hin gleich mal klar gestellt sind. Klar gestellt war auch ziemlich bald, dass es kein ruhiges Pärchen-Kuschel-Wochenende wird. Denn außer Kathrin haben sich spontan noch selber eingeladen: Patrick mit seinen betrunkenen Fotografen, die wohnungssuchende Marie, Felicitas und Messe-Bernd.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Blieb nichts anderes übrig, als den Stier an den Hörnern zu packen und mal wieder so richtig auf den Putz zu hauen. Das ist ja eine der Sachen, die wir als Team am Besten können. Käpt'n Kölsch und seine bezaubernde Assistentin stechen in See, Segel gehisst für die große Fahrt. Besondere Vorkommnisse laut Logbuch:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

+ Mitbewohner Thomas mopst sich in einer Kneipe einen Stuhl, + dessen Transport im Taxi extra kostet, + einem Kickerspieler bricht ein Fuß, + und mir der Arm ab, + Kathrin schimpft mich deshalb sehr, + ist wegen ein paar Bieren und einem Mädchen, das ich nicht mal kenne, sehr eifersüchtig, + lässt sich aber beruhigen, bevor es zur großen Szene kommt.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Die Statistik zum aktuellen Spieltag: 1 Stunde Zeit zusammen haben wir am Wochenende geschenkt bekommen. Danke, liebe Zeitumstellung. 2 ½ Stunden haben wir immerhin auch etwas für die Uni getan. 3 Wochen dauert es jetzt wahrscheinlich bis zum nächsten Treffen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

10 Minuten stand Kathrins Zug im Bahnhof, ohne abzufahren. 23 Mal mussten wir deshalb den ultimativ letzten Abschiedkuss wiederholen. 49 Pfandflaschen im Flur wollen jetzt weggebracht werden.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Quatsch @ Die Bahn: Die verspiegelten Scheiben am ICE. Da hampelt man fünf Minuten vor dem Zugfenster rum und schneidet Grimassen, um die Abschiedstragik mit halbsouveräner Albernheit zu überspielen. Und merkt dann, dass Kathrin ja ein Fenster weiter vorne sitzt. Der Manager, dem man unabsichtlich eine Privatvorstellung gegeben hat, kratzt sich etwas irritiert am Kopf. Tiere in Bahnhöfen. Samstagmorgen, fünf Uhr: Ich: „Guck mal, Kathrin. Entweder seh' ich schon Mäuse, oder da spielt wirklich ne Maus zwischen den Rosinenbrötchen Verstecken!“ Kathrin: (zur Verkäuferin): Entschuldigung, da spielt ne Maus zwischen ihren Rosinenbrötchen Verstecken.“ Verkäuferin: „Ach, so ein Mist. Immer wenn ich da bin…“ Selbsthilfegruppe Fernbeziehung e.V. Zehn Minuten nach Abfahrt von Kathrins Zug, in der U-Bahn. Der „Manager des Jahres“-Typ in Nadelstreifen, der mit seiner Freundin großes Abschiedstheater veranstaltet hat – Heulerei inklusive – bevor sie mit demselben Zug wie Kathrin gefahren ist. Nickt mir zu, setzt sich. Sagt leise: „So. Jetzt sinnse weg.“ Pause Dann lauter: „Isch mach jetzt erst ma 'n Bier wech und kuck schön FC. Du?“

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ich nicht. War so ein schönes Wochenende, hat so viel Spaß gemacht, dass ich fünf Werktage Erholung nötig habe. Nur eines noch, bevor mir die Augen zufallen. Was ich beim Verabschieden an Bahnhöfen jedes Mal sehr lustig finde: Die Soldaten, die nach dem freien Wochenende wieder in die Kaserne müssen. Stehen da in ihren durchfallfarbenen Uniformen am Bahnhof. Manche – die Gruppendeppen der Kompanie – werden von Mama zum Bahnhof gebracht. Die Coolen von ihrer Freundin. Dann kommt der Zug, Küsschen-Küsschen mit Mama oder wildes Geknutsche mit Soldaten-Romantik. Als würde es in den Krieg gehen und nicht nur in den Kampf gegen Langeweile und Dosenbier. Mitten drin Kathrin und ich. Dann pfeift der Schaffner und es piepen die Türen, der Zug fährt ab. Zurück bleiben ich und junge Kriegerwitwen in spe. Sehr tröstungsbedürftig. Aber Achtung, Moritz! Die Eifersucht!

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