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In den Schuhen von Drachenromancier Christopher Paolini

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Was sind das für Schuhe? Wahrscheinlich Büffellederschnürstiefel aus Montana. Wo kommen diese Schuhe her? Christopher Paolini wird in zwei Wochen 25 Jahre alt und dass er dann nicht nur seinen Geburtstag feiert, kommt so: Vor zehn Jahren setzt er sich an seinen Schreibtisch in Paradise Valley, Montana, und sinniert über einem Fantasy-Roman. Daraus wird erst ein Buch, dann eine Trilogie, daraus wird ein frecher Erfolg: Band drei seiner Zwerge-Elfen-Drachen-Geschichte á la "Herr der Ringe" heisst "Eragon - Die Weisheit des Feuers", erschien bei uns vor zehn Tagen, verkaufte sich angeblich allein in der ersten Woche 600.000 mal und landete am Montag auf Platz eins der Spiegel-Bestsellerliste. Deshalb müssen wir diesen Schriftsteller-Spund noch einmal vorstellen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Christopher Paolini Christopher wuchs in Kalifornien, in Alaska und schließlich in Montana auf und wurde von seiner Mutter, einer Lehrerin, zuhause unterrichtet. Mit etwa 15 Jahren hockte er sich an eine Fantasygeschichte, die er so konsequent aufschrieb, wie es für Burschen seines Alters normalerweise nicht normal ist. Im Heimunterricht hatte er sich eine große Portion Arbeitsmoral angeeignet: „Ich musste die nötige Disziplin entwickeln, mich jeden Morgen hinzusetzen und zu arbeiten, ohne dass mir jemand befohlen hätte, das zu tun. Eigentlich lernten wir (seine Schwester Angela und er; Anm. d. Red.), uns selbst zu unterrichten. Beides kam mir beim Schreiben sehr zupass“, erzählte er in einem Interview mit der Zeitung Die Welt, um dann zu erklären, wie sein Buch im Detail begann: „Ich bin beim Schreiben sehr methodisch vorgegangen. Ich versuchte, Eragon zweimal zu schreiben, bevor ich das Buch dann wirklich schrieb. Diese Versuche endeten nach vier, fünf Seiten allesamt im Nichts. Vor allem deshalb, weil ich nicht wusste, wie es weitergeht. Danach versuchte ich probehalber, einen ganzen Fantasyroman zu entwerfen. Ich wollte nur wissen, ob ich das kann, den Roman selber habe ich nie zu Papier gebracht. Und als mir das gelungen war, sagte ich mir: Okay, jetzt entwirfst du eine Trilogie. Das wurde dann Eragon. Das Entwerfen dauerte einen Monat. Und schließlich beschloss ich, einen Proberoman zu schreiben – meinen Erstling.“

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Die Titel der bisher erschienen Paolini-Bücher. Christopher hat interessante Eltern, die sein erstes Buch lasen und ein Geschäft witterten. Der Vater publizierte die Arbeit des Sohnes im Eigenverlag und packte anschließend Mutter, Sohn und Tochter ins Auto und auf einen Trip, den man auch als durchgeknallt bezeichnen darf. Mehr als ein Jahr zog die Familie durch die USA und Christopher las und verkaufte sein Buch in Schulen und Buchhandlungen. Allein im Jahr 2002 brachte er es auf 135 Auftritte (bei denen er manchmal bis zu 300 Bücher verkaufte). Um seinen Auftritten mehr Pep zu verleihen, steckten die Eltern den Schriftstellersohn in mittelalterlich anmutende Schnürstiefel und schwarze Hosen, zogen ihm ein rotes Hemd über und setzten ihm eine Kappe auf. Soviel Engagement und Vorbereitung musste zwangsläufig belohnt werden: Irgendwann bekam ein bekannter Autors Eragon in die Hand und erzählt seinem Verleger davon, der das Buch auch las und was folgte waren lobende Kritiken, New York Times-Bestsellerliste und noch drei Bücher mit „exciting battles, epic journeys und romance“, wie Christopher seine Geschichten in diesem Interview beschreibt:

Wo gehen diese Schuhe hin? Es könnte so gehen: Christopher beschließt nach Erscheinen des vierten Eragon-Bandes das Ende der Reihe. Dann gibt es Harry Potter-gleiche Leserproteste und Herr Paolini lässt sich schließlich erweichen und schreibt noch mehr. Irgendwann hört er doch auf, geht in Montana Fliegenfischen und gründet eine Stiftung für „Kinderphantasie“, in der prominente Menschen wie Q-Tip oder Jay-Z in Amerika Kindern an Schulen in benachteiligten Vierteln vorlesen. Dann probiert Christopher nochmal einen knochentrockenen Roman á la Hemingway, legt aber aus Frust den Stift weg. Schliesslich reicht das Geld, das er sich mit einer Idee verdiente, die er im Alter von 15 Jahren hatte. Fortan stellt er sich an Samstagabenden in seinen neuen (und vor allem größeren) Schnürstiefeln an einen See in Montana und liest der Natur aus seinen Büchern die Weisen von den Zwergen und dem Drachen vor. Im Hintergrund heulen zufrieden Kojoten.

Text: peter-wagner - Foto: dpa

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