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In den Schuhen von Kirk McCambley

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Was sind das für Schuhe? Kirk McCambley trägt auf den wenigen Bildern, die es von ihm gibt die Konsens-Schuhe aller jungen, einigermaßen coolen Menschen: Chucks. Die blauen Schuhe aus Segeltuch sind allerdings ein klein wenig unpraktisch für das verschneite Winterwetter, das gerade auch Belfast heimgesucht hat. Kirk hat sich für ein kleines Foto-Shooting vor sein Lokal „The Lock Keeper’s Inn“ begeben. Denn nicht nur in Großbritannien ist man gerade sehr fasziniert von diesem jungen Mann. Seit vor einer Woche bekannt wurde, dass er mit der 40 Jahre älteren Iris Robinson, Gattin des Ministerpräsidenten und Regierungschefs von Nordirland, eine Affäre hatte, will die ganze Welt wissen, wer dieser junge Herr ist. Und wie er aussieht. Wo kommen diese Schuhe her? Aus Ballyhackamore, im Osten der nordirischen Hauptstadt Belfast. Dort hatte Kirks Vater William „Billy“ McCambley eine beliebte und gut laufende Metzgerei, in der auch Iris Robinson Stammgast war. Im Laufe der Zeit freundeten sich die Familien Robinson und McCambley an. Kirk und Iris Robinson kannten sich seit Kirks Grundschulzeit. Richtig eng wurde es zwischen dem ungleichen Paar nach dem frühen Tod von Billy McCambley im Frühling 2008. Er hatte seiner Freundin Iris das Versprechen abgenommen, dass sie sich nach seinem Ableben um seinen Sohn kümmern würde. Auf langen Spaziergängen rund um Belfast kamen sich die beiden näher und Iris nannte Kirk in einer SMS an ihren Berater Selwyn Black "den anderen Sohn, dem ich so gerne eine Mutter gewesen wäre". (Iris Robinson hat drei erwachsene Kinder: zwei Söhne und eine Tochter). Die mütterliche Zuneigung wandelte sich innerhalb von drei Monaten und im Sommer 2008 begannen die beiden eine Affäre, die bis Dezember desselben Jahres dauerte. Schon alleine diese Tatsache ist interessant genug, gab sich Iris Robinson in der Öffentlichkeit doch gerne als bibeltreue Vorbild-Ehefrau, die mit ihren Tiraden gegen Homosexualität (die sie als „Abscheulichkeit“ geißelte, die sie geradezu anwidere) im Jahr zuvor für Aufsehen gesorgt hatte. Besonders pikant an der Affäre ist aber vor allem die Tatsache, dass Robinson in ihrer Funktion als Bezirksverordnete ihrem Liebhaber erst ein ausgemustertes staatliches Fremdenverkehrsbüro zuschanzte, aus dem er ein Restaurant – das „Lock Keeper’s Inn“ – machte. Anschließend, um ihn mit dem nötigen Startkapital zu versorgen, besorgte sie dem damals 19-jährigen Kredite von zwei Bauunternehmern in der Höhe von 50.000 Pfund (von denen sie für sich selbst ein Zehntel abzweigte, der angefallenen Kosten wegen). Laut Parteiengesetz hätte Robinson sowohl ihre Rolle bei der Kreditvergabe vor dem Parlament offenlegen müssen, als auch ihr persönliches Interesse in der Pachtvergabe des ehemaligen Fremdenverkehrsbüros. Irgendwann im Dezember muss Iris Robinson das schlechte Gewissen sehr geplagt haben und sie beendete ihre Affäre mit Kirk – ein Schritt, der sie laut eigener Aussage mehr traf als ihn. Gleichzeitig drängte sie Kirk, das Darlehen zurückzuzahlen, was sich hinzog. Erst Anfang März 2009, als Angehörige belastende Briefe fanden, gestand Iris Robinson ihrem Gatten den Seitensprung mit Kirk – und versuchte in derselben Nacht, sich mit Tabletten das Leben zu nehmen. Iris Robinson hat sich inzwischen freiwillig in die Psychiatrie einweisen lassen und erklärt die Affäre als Begleitumstand ihrer Depressionen, mit denen sie seit Jahren zu kämpfen hat. Peter Robinson hat sich sechs Wochen Auszeit von seinem Amt genommen, um mit der Situation klarzukommen. Und Kirk? Wo gehen diese Schuhe hin? Kirk McCambley scheint vor allem um Normalität bemüht. Seit Sonntag steht er wieder hinter dem Tresen seines Ausflugslokals und bedient die neugierigen Gäste. Fragen von Fotografen, Journalisten und Gästen nach Ms. Robinson beantwortet er vornehmlich mit Schulterzucken und schweigt sich ansonsten aus. Obwohl er – das meinen einschlägige PR-Berater – aus dieser Geschichte mindestens eine sechsstellige Summe herausschlagen könnte. Solange freut sich Kirk über die vielen Gäste und das gut laufende Geschäft. Und die irische Schwulenbewegung hat ein neues Idol: einen Teenager, der die presbyterianische Präsidentengattin zu Fall gebracht hat.

Text: christina-waechter - Foto: ap

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