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Abwasser marsch!

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Weil in San Francisco sowieso fast jeder für die Demokraten stimmt, geht es am 4. November bei der Präsidentschaftswahl dort um eine andere Frage als “McCain oder Obama?”. Die Pazifik-Metropole ist schon einen Schritt weiter, und will wissen: Wie gedenkt man der Präsidentschaft von George W. Bush, der durch Kriege, Guantanamo und legendäre Inkompetenz das Bild der USA in aller Welt ramponiert hat? Die – Achtung Ironie! – Presidential Memorial Commission of San Francisco” hat ein Bürgerbegehren gestartet, das seine Kläranlage am Stadtrand in “George W Bush Sewage Plant” umbenennen will. Der Clou dabei: Dieser Vorschlag ist kein Witz aus “Saturday Night Live”, sondern steht am morgen als “Proposition R” ganz offiziell mit auf den Wahlzetteln. 38-jährige Technologieunternehmer Brian McConnell ist der Chef dieser Initiative.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Eine Kläranlage soll das erste Gebäude werden, dass den Namen von Bush trägt - das klingt nach einer Schnapsidee. Wir hatten die Idee tatsächlich in einer Kneipe, vor circa 2 Jahren. Wir haben uns gefragt: Wie kann man eines Mannes gedenken, der den USA so geschadet hat wie kaum ein Präsident vor ihm. Da wurde uns schnell klar: Einer Marmor-Büste oder eine Bibliothek wären irgendwie unpassend. Warum dann eine Kläranlage? Wir hätten auch eine Müllkippe nehmen können, aber da gibt es einfach keine geeignete innerhalb der Stadtgrenzen von San Francisco. Außerdem hat eine Kläranlage eine viel passendere Aufgabe. Sie ist das Symbol dafür, dass man sich von verdammt viel Dreck wieder reinwaschen kann. Es ist ein Zeichen an die Welt und unser Land: San Francisco war nie mit der Politik von Bush einverstanden – und wir haben die Fähigkeit, mit dem Mist aufzuräumen, den uns George W. Bush hinterlassen hat.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Mitglieder der Presidential Memorial Commission of San Francisco beim Wahlkampf. Wie schafft man es mit diesem Vorschlag bis auf die Stimmzettel für die Präsidentschaftswahl? Wir haben einen Bürgerentscheid beantragt, und dafür Unterschriften gesammelt. Dafür haben wir uns in ein Uncle Sam Kostüm gesteckt und sind auf Straßenfeste gegangen. Unsere Message war: Auch wenn ihr die acht Jahre Bush am liebsten vergessen wollt – wir brauchen die ständige Erinnerung an dieses Desaster, damit es sich nicht wiederholt. Wir brauchen also ein Gebäude, dass den Namen von George W. Bush trägt. Damit dieser Vorschlag genehmigt wird, haben wir 7000 Unterschriften von registrierten Wählern aus San Francisco gebraucht. Das war total einfach, denn diese Stadt hat ja schon einen Ruf als Paradies für spleenige Ideen und humorvollen Protest. Als wir dann mit 12000 Unterschriften in das Petitionsbüro marschiert sind, haben die schon ganz schön gestaunt. Und jetzt stehen wir als Proposition R offiziell zur Wahl. Wie reagiert das Weiße Haus auf diesen Vorschlag? Aus Washington gibt es bisher keine Reaktion – aber die Republikaner aus San Francisco bezeichnen uns als Schwachköpfe und unsere Idee als totale Zeitverschwendung. Allerdings nicht, weil sie Bush für einen tollen Präsident halten, der ein besseres Denkmal verdient hätte. Sogar die Republikaner hier haben sich von Bush abgewandt. Stattdessen haben wir schon oft gehört, dass dieser Name den hart arbeitenden Menschen in dieser Kläranlage unrecht tut. Schließlich funktioniert dort alles prächtig – die Arbeiter kämpfen dort jeden Tag dafür, dass es unserer Stadt besser geht. Die Leute wollen also den Ruf der Kläranlage verteidigen, nicht den von George W. Bush! Mal angenommen, dieser Bürgerentscheid bekommt am Diestag tatsächlich eine Mehrheit. Was würde dann konkret passieren? Wir haben in unsere Petition geschrieben, dass die Kläranlage sofort in George W. Bush Sewage Plant umbenannt werden kann, sobald Bushs Nachfolger vereidigt wird. Wir würden also im Januar eine Plakette an dem Klärwerk anbringen, in schönen, eisernen Buchstaben. Da die George W. Bush Sewage Plant in direkter Nähe zum Zoo befinden würde, könnte dieser Schriftzug eine beliebte Touristenattraktion werden – denn vor dem Schild wollen sich sicher viele Leute fotografieren lassen. Zum Schluss noch deine Prognose für die Präsidentschaftswahl? Ich hoffe, dass Obama gewinnt. Es wäre auch ein Zeichen, wie sehr sich die USA verändert haben, seitdem der Spielzeugsoldat Bush unser Land regiert. Es scheint so, als wären wir bereit für einen schwarzen Präsidenten, der früher gekokst hat und mit zweitem Namen Hussein heißt. Das ist doch wirklich großartig!

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