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Alessandro Riedle: "Es ist eher hinderlich, wenn Fußballer was in der Birne haben"

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Wen rufst du nach einem Spiel zuerst an? Immer meinen Vater. Hat er es gesehen, sagt er mir direkt, was ich gut oder schlecht gemacht habe. Er ist schon mein härtester Kritiker.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Dein Vater war selber Profi-Fußballer, 1990 ist er sogar Weltmeister geworden. Er hat sich auch dafür eingesetzt, dass du beim VfB seine Nummer bekommst: die 13. Bei der Amateurmannschaft hat das geklappt, aber jetzt in der ersten Mannschaft habe ich die 31 – die umgekehrte 13. Die Nummer meines Vaters zu erben, finde ich schon gut, er ist ja auch mein Vorbild. Als ich jünger war, habe ich immer zu ihm hoch geschaut, wollte so erfolgreich sein wie er. Aber Einfluss darauf, wie ich spiele, hat seine Nummer sicher nicht. Auch wenn ich so beim Spiel natürlich an ihn denke. Inwiefern hilft dir der Name Riedle bei deiner Karriere? Kaum, es ist eher so, dass viele Leute zu schnell zu viel von mir erwarten. Ich bin ja erst 17! Aber sie denken, dass ich schon super erfahren sein müsste – nur weil ich ein Riedle bin. Aber es gibt auch Vorteile, klar. Nämlich? Mein Papa gibt mir viele Tipps, sagt mir, was ich noch verbessern kann. Was mich dann auch besser macht – und was anderen Fußballern, die keinen Profispieler als Vater haben, fehlt. Außerdem bin ich mit ihm viel rumgereist: Ich war in Rom, London, Liverpool, Zürich, überall. Ich musste viele Freunde nach zwei Jahren wieder zurücklassen, habe aber ständig Neues erlebt und ausprobiert. Im Fußball ist immer offen, wie lange man wo bleibt, daran bin ich so schon gewöhnt.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Weltmeister in Rom: Im Juli 1990 wurde Alessandros Vater Karl-Heinz Fußballweltmeister. Im Bild direkt links neben Torwart Bodo Illgner Kam für dich auch mal was anderes in Frage als Stürmer? So als kleine Rebellion gegen deinen Vater vielleicht? Nee. Schon als ich klein war, war ich Stürmer. Ich liebe einfach das Toreschießen – und bin auf den anderen Positionen auch nicht so gut. Dass mein Vater auch Stürmer war, seh ich eher als Zufall. Als dein Vater Weltmeister wurde, warst du noch nicht auf der Welt: Wussten deine Mitschüler davon? Eher ihre Eltern oder die Lehrer. Die in meiner Klasse waren ja genauso jung wie ich, viele kannten meinen Vater gar nicht, da ich auch nicht damit hausieren ging. Ich war immer nur Alessandro. In der Schule hat man schließlich die Chance, echte Freunde kennen zu lernen – und ich hatte Angst, dass sonst die meisten nur wegen meines Vaters mit mir befreundet wären. Wie hat dein Vater reagiert, als du gesagt hast: Ich will auch Fußballprofi werden? Er meinte, dass das eigentlich der schönste Job ist, den es gibt. Dass man so einen Traum leben kann. Aber auch, dass das Geschäft hart ist, dass man sich durchsetzen muss. Dass ich immer arbeiten muss, will ich was erreichen. Außerdem war ihm wichtig, dass ich auf jeden Fall mein Abi mache. Wie hast du das neben der Profikarriere hingekriegt? Es gibt in Zürich eine sehr gute Zugverbindung von meiner Schule zu den Grashoppers. Morgens bin ich wie die anderen um sieben zur Schule, bis halb vier. Sieben Minuten später ging der Zug zum Training. In der Regel war ich meist erst um halb zehn, zehn Uhr abends Zuhause. Ständig zwischen Schule und Fußball hin und herzuschalten, das verlangt schon Konzentration. Lernen war trotzdem schwierig, ich hätte wohl ohne Training bessere Noten gehabt. Aber ich musste Prioritäten setzen: Die Schule fertig machen war wichtig. Fußball aber auch. Hatten deine Eltern keine Bedenken? Nach dem Motto: Schule geht vor? Doch, am Anfang waren sie schon skeptisch. Aber als ich in die erste Mannschaft gekommen bin, da erste Tore geschossen habe, meinte mein Vater, dass ich schauen soll, dass ich am Fußball dran bleibe. Auf der nächsten Seite: Wie Alessandros Freundin auf Autogrammjägerinnen reagiert und warum der junge Profi glaubt, dass es eher schadet etwas in der Birne zu haben.


Deine Freundin ist mit dir nach Stuttgart gezogen, um zu studieren. Nervt sie der Rummel um dich nicht? Nein, sie weiß, dass das so ist beim Fußball. Jeden Tag stehen da Mädchen, wollen Autogramme und Fotos – oder kommen mit den Fotos vom letzten Tag, wollen die unterschrieben haben. Und machen wieder neue Fotos. Aber das gehört dazu, das sehe ich ganz locker. Meine Freundin auch. Hast du jemals an deiner Jobwahl gezweifelt? Schließlich hast du gesagt: „Ich will auf jeden Fall nebenbei studieren, um nicht komplett zu verblöden.“ Das stimmt, aber damit wollte ich keinen anderen Spieler schlecht machen. Ich meinte damit, dass ein Fußballer viel Zeit hat, vor allem, wenn er nur morgens trainiert. Und die will ich nutzen. Man kann ja nicht ewig Fußball spielen, mit Ende 30 ist auf jeden Fall Schluss. Daher versuche ich jetzt schon, mit meinem Abi was anzufangen. Für ein komplettes Studium fehlt mir die Zeit, aber ich möchte nach und nach noch ein paar Sprachen lernen, das hat mich immer schon interessiert. Aber wenn ich die Wahl hätte, würde ich nie wieder was anderes als Fußball machen. Ist es eher nützlich oder hinderlich, als Fußballer was in der Birne zu haben? Eher hinderlich. Auf dem Feld läuft‘s manchmal besser, wenn man nicht zu viel nachdenkt. Ich bin einer, der viel reflektiert, grübelt, warum was passiert ist, das kann einen schon runterziehen. Da haben es andere einfacher. Was denkst du, wer diese Saison Meister wird? Hmm, der Titelfavorit ist wie jedes Jahr natürlich Bayern. Aber wir haben super Chancen, oben mitzuspielen, unser Ziel sollte schon sein, die Meisterschaft zu gewinnen. Auch ohne Mario Gomez. Das ist ein hohes Ziel, aber man muss sich hohe Ziele stecken.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Der Grund für Alessandros Liebe zu Liverpool: Zum Ausklang seiner Karriere spielte sein Vater bei dem englischen Spitzenklub. Ist dein Ziel, mal im Ausland spielen? Vielleicht sogar für einen der Vereine deines Vater? Jetzt will ich erstmal schaffen, bei Stuttgart in die erste Mannschaft zu kommen. Aber ich habe immer gesagt: Mein größter Wunsch ist es, irgendwann in Liverpool zu spielen. Dort hat als Kind meine Karriere angefangen, ich hatte dort die schönste Zeit meines Lebens, ich mag die Leute dort, die anderen Fußballer. Liverpool hat mich schon ziemlich geprägt. Du hast sogar schon mal geweint, als Liverpool verloren hat. Was wenn Liverpool jetzt gegen Stuttgart spielt? Dann bin ich natürlich für Stuttgart. Mehr zum Thema auf jetzt.de: Zum Start der neuen Saison der Psychotest Welcher Bundesligist bist du?

Text: christine-ritzenhoff - Foto: VfB Stuttgart, AP, dpa

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