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Buchschnipsel bei Google

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Bei Google Books werden nur drei Schnipsel aus einem gescannten Buch angezeigt, die Kopierfunktion ist deaktiviert – was für ein Problem haben sie eigentlich mit Google Books? Grundsätzlich finden wir die Volltextsuche in Büchern mit Google super. Wenn man nur im Internet recherchiert, ist das häufig fragwürdig - so sieht man dann: Es gibt auch kompetente Bücher zu dem Thema. Das Konzept der Volltextsuche wird in Zukunft also ein wichtiges Marketingtool. Aber: das Ganze ist nur so lange positiv, wie das Einverständnis vom Buchautor vorliegt. Und was wollen Sie erreichen? Wir möchten, dass erst eine Einverständniserklärung des Rechteinhabers eingeholt wird, bevor die Bücher gescannt werden. Das ist im Interesse von Verlag und Autor. Als Verlag lebt man von und für den Autor. Wir wollen eine Lizenzlösung. Google soll die Bücher individuell behandeln, der Verlag soll sagen können, von dem Buch gibt’s nur Schnipsel bei Google und von dem ein Probekapitel beim Buchhändler. Warum haben Sie ihre Klage zurückgezogen? Ursprünglich haben wir im Eilverfahren geklagt. Eine einstweilige Verfügung sollte erreicht werden, weil es normalerweise vier bis fünf Jahre dauert, bis eine rechtskräftige Entscheidung auf dem ordentlichen Rechtsweg gefällt wird. In der Zeit wird bei Google munter weiter gescannt. Und das wollten wir bis dahin verhindern. Die Klage zurückgezogen haben wir, weil das Gericht keine Aussichten auf Erfolg gestellt hat. Wenn die Sache später in einem Hauptverfahren woanders geklärt wird und es schon einen Beschluss gegen uns gibt, ist das hinderlich. Das Landgericht Hamburg hat sich auch unglücklich gezeigt darüber, was Google macht: Eine in Deutschland nicht erlaubte, klar rechtswidrige Vervielfältigung. Aber da das Scannen in Amerika stattfindet – dort wird allerdings auch schon dagegen geklagt - ist ein Eilverfahren gegen die nicht möglich.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ist es nicht eher eine gute kostenlose Werbung, wenn Bücher bekannt werden, indem man sie im Internet entdeckt? Natürlich ist das eine super Sache für Werbemöglichkeiten. Und den Verlagen, die ihre Inhalte lizensieren und Dateien zur Verfügung stellen, sei das auch freigestellt. Aber man sollte sie nicht dazu zwingen können. Sie sind schließlich die Eigentümer. Das Abmelden von diesem Service ist ein freiwilliges Angebot von Google, theoretisch geht das Scannen also auch gegen den Willen des Verlages. Manche Eigentümer wollen aber keine Nutzung. Sie sind möglicherweise so konservativ und sagen, ich habe das als Buch geschrieben und nicht fürs Internet. Durch eine elektronische Kopie gibt es ja auch gewisse Gefährdungen. Welche sind das? Zum Beispiel eine beliebige Vervielfältigung und kommerzielle Verwertung. Google ist nicht die Wohlfahrt, das ist ein börsennotiertes Unternehmen, die wollen Geld verdienen und das ist auch ok. Genau das wollen wir Verlage ja auch. Aber stellen Sie sich vor, sie schaffen etwas und jemand anders verdient Geld damit. Wir wollen einfach respektiert sehen, dass die Eigentümer zu ihrem Recht kommen. Also sind vor allem kommerzielle Gründe das Problem? Nicht nur. In manchen Fällen ist es auch gut, dass Dinge nicht mehr veröffentlicht werden. Zum Beispiel, wenn man als pharmazeutischer Verlag ein Buch veröffentlicht, ein Rezept steht falsch drin und jemand stirbt. Es gibt noch viele andere begründete Angelegenheiten, nicht zu veröffentlichen. Was würde das für die Verlage bedeuten? Wenn Google die nächsten vier bis fünf Jahre mit dem bisherigen Investitionsvolumen weitermacht – dann sind 80 Prozent aller lieferbaren Buchtitel in der Volltextsuche zu finden. Bücher und vor allem eBooks, die ohnehin einen steigenden Anteil der verkauften Bücher darstellen, würden gleich auch bei Google verkauft. Es würde eine totale Abhängigkeit der Verlage von Google entstehen, weil man natürlich die Ware dahin bringt, wo der Kunde ist. Wir versuchen, Monopolversuche für lieferbare Titel zu verhindern. Jetzt ist es noch so, dass Google bittet und sagt, wir scannen kostenlos eure Bücher. Aber irgendwann kippt das, und die Verlage brauchen Google, um ihre Bücher zu verkaufen. An sich ist das eine gute Sache – da tritt jemand von außerhalb mit viel Geld, guten Leuten und guten Konzepten auf. Aber trotzdem nenne ich das parasitäres Verlegen

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Und was ist mit dem Buchhändler an der Ecke? Der kann weiter bestehen. Die meisten Bücher werden erst beim Schmökern entdeckt. 60 Prozent der Kunden wissen noch nicht, was sie für ein Buch kaufen, wenn sie den Buchladen betreten. Diesen Effekt haben sie bei einer reinen Stichwortsuche nicht. Und davon profitieren die kleinen Verlage, wenn es den kleinen schwulen Rosa Buchladen an der Ecke noch gibt und nicht alles im Internet gekauft wird. Ist durch Google Books nicht vielmehr der Verlagsbranche erst bewusst geworden, dass sie bisher die Möglichkeiten des Internets vernachlässigt haben? Google Books war ein Wake-up-Call für die Notwendigkeit der digitalen Volltextsuche. Das wird schon sehr bald Standard sein – also ergreifen wir die Flucht nach vorn. Gibt es außer den rechtlichen Schritten eine Gegenmaßnahme des Börsenvereins? Ja, wir haben das Projekt Volltextsuche Online ins Leben gerufen, das wird dieses Jahr im Herbst vorgestellt, bis zur Buchmesse 2007 sollen dann 120.000 Bücher darin zu finden sein. Werden sie ordentlich klagen? An unserer Rechtsauffassung hat sich nichts geändert. Bild: AFP

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