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Büchergeld für Bildungsprojekte

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Im Sommersemester 2011 wurde das Büchergeld der Begabtenförderungswerke von 80 auf 150 Euro angehoben. In einem zweiten Schritt sollte es auf 300 Euro erhöht werden. Denn die Stipendiaten der großen Begabtenförderungswerke sollten den Geförderten des neuen Deutschlandstipendiums gleichgestellt werden. Eine Gruppe von Stipendiaten der Studienstiftung war gegen diese einkommensunabhängige Erhöhung und hielt sie für bildungs- und sozialpolitisch ungerecht. Sie gründeten die Initiative Stipendienkritik, die sich für eine Förderung nach Bedürftigkeit aussprach. Sie protestierten vorm Bundestag und versuchten mit Politikern ins Gespräch zu kommen – erfolglos. Als Reaktion auf die Erhöhung formierte sich die Initiative Stipendienspenden. Sie fordert Stipendiaten dazu auf, einen Teil ihres Büchergeldes an drei ausgewählte Bildungsprojekte zu spenden: "Arbeiterkind" will Schüler aus nicht-akademischen Familien zum Studium animieren und begleitet sie bis zum Studienabschluss. Bei "Rock Your Life!" unterstützen Studenten Hauptschüler beim Übergang ins Berufsleben. Und bei "Plan MSA" bereiten Studenten Schüler in Berlin-Kreuzberg kostenlos auf den mittleren Schulabschluss vor. jetzt.de hat mit Ines Burckhardt von der Initiative Stipendienspenden über die ersten Spendenzahlen geredet.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Vorm Bundestag protestierten die Gründer der Initiative im Sommer 2010 gegen die Erhöhung des Büchergeldes. Ines (links oben) repräsentiert den Staat, Boris (rechts oben) den reichen Empfänger des Geldes. Im Vordergrund zwei arme Studenten, die leer ausgehen.

jetzt.de: Ines, seit August 2010 konnten Stipendiaten die drei Bildungsprojekte finanziell unterstützten. Jetzt haben die Projekte die ersten Spendenzahlen an euch zurückgemeldet. Wie viel ist denn zusammengekommen?
Ines Burckhardt: Von Mitte August bis Ende Dezember haben die Stipendiaten 7.220 Euro gespendet. Davon sind jeweils 40 Prozent auf die Projekte „Plan MSA“ und „Arbeiterkind“ und 20 Prozent auf das Projekt „Rock Your Life!“ entfallen.

Wisst ihr, von wie vielen Spendern die Gelder kamen?
Das kann man nicht ganz genau sagen, weil es sein kann, dass einige an mehrere Projekte gespendet haben. Aber es sind ungefähr 120 Leute gewesen.

Im Vorfeld hatten gut 3.700 Menschen eine Petition gegen die Büchergelderhöhung unterzeichnet, rund die Hälfte von ihnen waren Stipendiaten. Im Vergleich zu dieser Zahl sind die 120 Spender ja nicht besonders viel. Und im Vergleich zu den rund 23.000 Studenten, die insgesamt von den zwölf großen Begabtenförderungswerken gefördert werden (Statistik aus dem Jahr 2009), erst recht nicht. Wie schätzt ihr das Spendenaufkommen ein?
Natürlich hätten wir uns gefreut, wenn noch mehr Stipendiaten einen Teil ihres Büchergeldes gespendet hätten. Aber wir sind keine professionellen Einwerber und machen das alle nebenher. Wir müssen noch viel mehr Werbung machen. Aber es ist natürlich auch immer ein großer Schritt, Geld zu spenden. Denn es sind ja alles Studenten, die noch nicht richtig verdienen. Deswegen muss man das in Relation setzen. Sehr gefreut hat uns aber, dass „Plan MSA“ uns gesagt hat, dass die Spenden ausschlaggebend dafür sind, dass sie sich bis 2013 am Laufen halten können. Dann hoffen sie auf eine institutionalisierte Finanzierung. Man sieht also, dass die Spenden gerade bei einem so kleinen Projekt sehr viel ausmachen, auch wenn es insgesamt vergleichsweise nicht so viel Geld zu sein scheint.

Hattet ihr Erwartungen oder Hoffnungen, wie viele Studenten einen Teil des Büchergeldes spenden würden?
Nein, hatten wir nicht. Uns geht es um die Debatte. Wir sind keine Hilfsorganisation, die nur auf die Spenden schaut. Es geht es uns darum, das Bewusstsein zu schärfen, damit es nicht alle für selbstverständlich halten, dass wir unabhängig vom Einkommen 150 Euro bekommen.

Aber die Zahlen wurden sicher auch dadurch beeinflusst, dass das Büchergeld bisher von 80 auf 150 und noch nicht auf 300 Euro erhöht wurde, oder? Ob die zweite Erhöhung überhaupt kommt, ist momentan auch gar nicht mehr klar.
Ich denke, dass bei 300 Euro nochmal sehr viel mehr zum Spenden bereit wären. Aber es ist natürlich nicht unser Anliegen, dass das Büchergeld auf 300 Euro erhöht wird. Unsere Initiative ist mehr eine Notmaßnahme, weil die Erhöhung durchgekommen ist und wir etwas tun wollten.

Euer Gründerteam besteht aus sieben Studenten, die alle bei der Studienstiftung sind. Die Studienstiftung ist mit 11.000 Stipendiaten auch die größte Stiftung. Dort könnt ihr also relativ leicht viele Leute erreichen. Wie habt ihr darüber hinaus versucht, die Stipendiaten von anderen Stiftungen wie der Friedrich-Ebert-Stiftung oder der Konrad-Adenauer-Stiftung zu erreichen?
Wir haben alle zwölf vom Bund finanzierten Begabtenförderungswerke kontaktiert und die Stiftungsleitungen oder die Stipendiatensprecher angeschrieben. Wir würden uns natürlich sehr freuen, wenn auch Stipendiaten anderer Stiftungen bei uns mitmachen würden. Fünf Stiftungen haben unsere Infos über ihre Verteiler verschickt. Insgesamt ist die Zusammenarbeit etwas schwierig. Unsere Initiative soll stiftungsübergreifend sein. Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat aber zum Beispiel selbst einen Bildungsfond und regelt das lieber stiftungsintern.

Wie wollt ihr zukünftig die Bekanntheit eurer Initiative und die Spendenbereitschaft bei den Stipendiaten erhöhen?
Wir wollen verstärkt persönlich mit den Stipendiaten ins Gespräch kommen, zum Beispiel bei den Sommerakademien, bei Stammtischen oder durch die Vertrauensdozenten der Studienstiftung. Das sind Dozenten an den Universitäten, die ehrenamtliche Ansprechpartner für die Stipendiaten sind und sich regelmäßig mit ihnen treffen. Denn unter einigen Stipendiaten gibt es Kritik und Zweifel an unserer Initiative. Sobald man persönlich mit ihnen redet, werden die aber schnell zerstreut. Es heißt zum Beispiel häufig, dass wir von der Initiative privilegiert seien und das Geld nicht bräuchten. Aber auch bei uns im Gründerteam sind einige BAföG-berechtigt. Es ist nicht so, als kämen alle aus reichen Elternhäusern. Einige glauben, wir würden ihnen das Geld wegnehmen wollen. Aber es ist genau das Gegenteil: Wir wollen das Geld denjenigen geben, die es brauchen. Wir sind zum Beispiel dafür, dass der BAföG-Satz erhöht wird. Aber das geht eben nicht, wenn die Bildungspolitik darauf aus ist, Elitenförderung zu betreiben und pauschal an alle 150 oder 300 Euro zu verteilen. 

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ines Burckhardt

Text: dorothee-klee - Fotos: Ines Burckhardt

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