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"Darauf habe ich gewartet": Ein junger Liberianer über den Prozess gegen Charles Taylor

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Wann hast du Liberia verlassen und wohin bist du geflüchtet? Als ich ungefähr 18 Jahre alt war, kam ich als Flüchtling nach Ghana. Dort habe ich bis vor einem Jahr gelebt und meine eigene kleine Zeitung gegründet, um all die anderen Flüchtlinge zur Lage in Liberia auf dem Laufenden zu halten. Wie hast du den Auftakt des Prozesses gegen Charles Taylor empfunden? Ich habe lange auf den Tag gewartet, an dem die Verhandlungen gegen Charles Taylor beginnen und doch habe ich immer gehofft, dass es ein fairer Prozess wird. Dass Charles Taylor nicht zum ersten Verhandlungstag erschienen ist, und sein Anwalt das Mandat niederlegte zeigt, wie wenig Reue er empfinden muss.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Charles Taylor Welchen Ausgang erhoffst du dir von diesem Prozess? Was mich wütend macht, ist, dass Charles Taylor nicht für die Verbrechen in Liberia angeklagt wurde, sondern für seine Unterstützung der Rebellen in Sierra Leone. Wenn dieser Prozess tatsächlich ein gerechter Prozess sein soll, dann muss er auch für das bestraft werden, was er meinem Land angetan hat. Seit Januar 2006 wird Liberia als erstes afrikanisches Land von einer Frau regiert, von Ellen Sirleaf Johnson. Sie gilt als schlagfertige Hoffungsträgerin für das Land. Wie siehst du das? Ein Mann, der damals, 1991, für den Tod meiner Familie verantwortlich war, ist Prince Johnson. Und genau dieser Mann sitzt heute als Senator in Ellen S. Johnsons Kabinett. Jewel Harward Taylor, die Ehefrau von Charles Taylor, ist ebenfalls Senatorin. Und es gibt eine ganze Reihe von ehemaligen Kriegsherren, die autoritäre Positionen in Liberia haben. Solange diese Menschen in Liberia Einfluss haben, wird sich nicht viel ändern. Woran glaubst du, liegt das? Auch wenn Charles Taylor verhaftet wurde und heute vor Gericht steht, hat er noch immer einen immensen Einfluss in Liberia. Ihm gehört zum Beispiel das größte liberianische Mobilfunk-Unternehmen, Cellcom. Unter solchen Umständen ist es für unsere Präsidentin nicht gerade leicht unser Hauptproblem, die Korruption, zu bekämpfen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Semantics während eines dreimonatigen Stipendiums an einer Journalistenschule in den USA, bei dem er neben dem Weißen Haus auch das Pentagon besuchte Versprichst du dir etwas davon, dass Ellen S. Johnsons am G8-Gipfel erschienen ist? Natürlich hoffe ich, dass sie etwas erreichen konnte. Es ging, wie immer, um Schuldenerlass. Aber um diese Schulden erlassen zu bekommen, muss Ellen S. Johnson den G8-Nationen einen Grund dafür geben. Da es aber immer wieder zu Eklats innerhalb ihres eigenen korrupten Kabinetts kommt, bezweifle ich, dass sich die G8 auf diesen Deal einlassen werden. Wie siehst du deine weitere Zukunft in Liberia? Ich bin Journalist und von Pressefreiheit ist hier leider nicht viel zu sehen. Noch immer marschieren Kämpfer die Straßen von Monrovia entlang und es gibt viele Momente, in denen ich Angst habe, sie könnten mir etwas antun. Und doch hoffe ich, dass wir es langfristig schaffen, unter demokratischen Bedingungen zu leben. Foto: privat, dpa

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