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"Die Frau reitet auf dem Elefanten"

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Montien, was halten Sie von deutschen Frauenzeitschriften? Vor kurzem habe ich zum ersten Mal eine gelesen. Ich war sehr schockiert! Sie sind absolut ohne Gehalt und handeln nur von Mode und Klatschgeschichten. Wen soll es interessieren, dass eine Prinzessin ein Baby bekommt oder wohin sie in den Urlaub fährt? Die Frauenzeitschriften, die ich gelesen habe, waren sehr seicht. Und das überrascht Sie? In den Zeitschriften geht es eigentlich viel um Gesundheit und Schönheit. Aber wahre Schönheit kommt doch von Innen! Ich habe Artikel gesehen über Medikamente, mit denen man Symptome behandelt. Um die Gründe, weshalb man krank wird, ging es überhaupt nicht. Bei einer Zeitschrift war das Titelthema „Frühling – Kommt die Allergiewelle?“. Frühling ist die Zeit, wo man glücklich ist. Das Leben und die Gefühle keimen auf. Und alles, worüber diese Zeitschrift schreibt, ist Allergie. Hatten Sie denn ein anderes Bild von deutschen Frauen? Ihr Deutschen seid so intelligent und fleißig! Wenn ich zu Besuch in Deutschland bin, begegne ich vielen Leuten, die gerne und viel Bücher lesen. Das finde ich sehr schön. Dass man da Frauenzeitschriften zur Entspannung liest, kann ich mir gar nicht vorstellen. Ich zumindest könnte mich nicht entspannen, wenn ich Artikel über Krankheiten im Frühling lese. Wenn Sie ein Frauenmagazin erfinden könnten, wie würde es aussehen? Auf jeden Fall gehaltvoller. Ich würde über die Armut in der Welt schreiben. Über fremde Länder, über den Alltag in anderen Kulturen. Aber natürlich müsste ein Teil auch von Mode handeln. Offensichtlich ist das ein Thema, das die Frauen überall auf der Welt interessiert.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Sie sind selber Autor für eine thailändische Frauenzeitschrift. Unsere Zeitschrift heißt „Kwanruen Magazine – Die Seele des Hauses“. Damit ist die Frau gemeint, die eine wichtige Rolle in der Familie spielt. Ich habe eine eigene Kolumne mit dem Titel „Wie man jemandes Herz erobert“. Die Kolumne schreibe ich teilweise auf Englisch. So können die Leserinnen ihre Sprachkenntnisse verbessern – auf zwar eine unterhaltsame Art. Thema ist, wie man richtig flirtet. Und, wie flirtet man richtig? Wenn die Frauen meine englische Kolumne lesen, bauen sie automatisch ihren Wortschatz aus. Und die Sprache ist immer die erste Barriere. Wenn die Frau die Sprache beherrscht, kann sie dem Mann Signale senden, dass sie an ihm interessiert ist. Die nächste Hürde ist die innere Haltung. Ich will den Frauen vermitteln, wie viel Macht sie in Wirklichkeit über den Mann haben. Wir haben in Thailand ein Sprichwort: „Der Mann ist das Vorderbein des Elefanten, die Frau das Hinterbein.“ Die Wirklichkeit sieht anders aus: Die Frau ist diejenige, die auf dem Elefanten sitzt und ihn reitet. Entscheidend ist nur, dass sie dabei das Maß wahrt. Dass sie flirtet, sollte nicht zu offensichtlich sein. Das gilt bei uns als unsittlich. Eine Frau darf flirten, aber sie muss ihre Ehre bewahren. Ihre Ehre? Ja, die ist in Thailand sehr wichtig. Das wollen wir auch den Ausländern zeigen. Unsere Frauen bekommt man nicht einfach so. Nach Thailand kommen Touristen aus Europa und den USA. Sie wollen sich Mädchen kaufen. So ist ihr Bild von unseren Frauen! Und es wird so bleiben, bis wir das Gegenteil beweisen. Ich möchte, dass meine Leserinnen hierfür ein Bewusstsein bekommen. Aber Sie verfassen ihre Kolumne doch bewusst auf Englisch, damit die Frauen mit Ausländern flirten? Liebe ist etwas, das über Grenzen hinweg geht. Vor kurzem habe ich eine Email bekommen von einer ehemaligen Leserin. Sie ist in den USA mit einem Arzt zusammen gekommen! Dazu hat meine Kolumne beigetragen, durch die sie ihr Englisch verbessert hatte. Viele Thailänderinnen träumen davon, jemanden aus den USA zu heiraten. Thailändische Männer auch, nur ist dies weniger bekannt. Wie nehmen die Frauen Ihre Kolumne auf? Sehr gut. Ich bekomme viel Leserpost. Oft sind es Fragen nach der Bedeutung von englischen Wörtern. Viele Emails handeln aber auch von Beziehungsproblemen. Das hat dann natürlich nichts mehr mit dem Vokabellernen zu tun! Oft fragen mich die Leserinnen, ob die europäischen Männer es ernst meinen. Dann bitte ich sie, mir ihren Fall näher zu schildern. Wenn es eindeutig negativ klingt, schreibe ich zurück „Besser, du vergisst ihn. Er spielt nur mit dir!“. Wenn ich die Situation nicht einschätzen kann, antworte ich „Bleib erst einmal bei ihm, aber sei wachsam.“ Welche Klischees kennen Sie über Thailand? Man sagt, dass Thailänder viel lächeln. Daher nennt man Thailand auch „das Land des Lächelns“. Viele denken bei Thailand schnell an Prostituierte. Ich arbeite in Thailand auch als Fremdenführer. Dadurch bekomme ich mit, dass viele Männer aus Spanien, Italien oder Deutschland allein nach Thailand reisen. Bei einigen ist es recht eindeutig, was sie dort wollen. Vielen meiner Landsleute ist gar nicht bewusst, dass Thailand dieses Image hat. Ich selbst zum Beispiel bin ein ausgebildeter Thai-Masseur. Traditionelle Thai-Massage hat absolut nichts mit Sex zu tun. Als ich zuerst mitbekommen habe, dass Ausländer das denken, hat mich das sehr verletzt. Was kann man gegen die Prostitution unternehmen? Vielleicht könnte die Ehre ein Schlüssel sein. Sie ist in Thailand ein traditioneller Wert. Bei uns ist es sehr wichtig, dass Frauen sich nicht zu schnell hingeben. Oft muss man sich lange um eine Frau bemühen. Das kann schonmal ein ganzes Jahr dauern! Diese Zurückhaltung geben die Frauen gegenüber den Ausländern viel zu schnell auf. Wenn die Frauen ein stärkeres Bewusstsein für ihre Ehre hätten, könnte das schon viel ausmachen. Sie als Flirt-Experte: Wie sollte man mit einer Thailänderin flirten? Man sollte immer fair bleiben und nicht auf versteckte Vorteile aussein. Wichtig ist, dass man absolut ehrlich und aufrichtig ist. Und, wie gesagt: Man muss viel Geduld haben. Wenn Sie eine Kolumne in einer deutschen Frauenzeitschrift hätten – würde Sie auch über Flirttipps schreiben? Bei deutschen Frauen ist die Lage ganz anders. Sie sind sehr unabhängig und den Männern ziemlich ebenbürtig. Das finde ich sehr gut, allerdings ist es auch gefährlich. Daher würde ich sie eher anleiten, wie man in Harmonie lebt. Wenn Mann und Frau gleichermaßen auf ihrer Stärke bestehen, kann die Beziehung daran zerbrechen. Die Geschlechter ergänzen sich. Das sollten sie sich bewusst machen. Sie sind aufeinander angewiesen, wie Yin und Yang.

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