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"Ein Instrument ist gut, wenn es entweder sauteuer oder wahnsinnig billig ist!"

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jetzt.de: Zwischen "It's Never Been Like That" und "Wolfgang Amadeus Phoenix" sind mehr als drei Jahre ins Land gezogen. Was war da los? Christian Mazzalai: Ach, nichts Bestimmtes. Wir hatten keine Plattenfirma und damit keinen Druck von außen. Da war niemand, der reinschaute, der unbedingt wollte, dass wir fertig werden. Wir konnten die Zeit aus den Augen verlieren und uns in irgendwelchen Kleinigkeiten verheddern. Deck D'Arcy:Das war im übrigen ein herrliches Gefühl. So ein "alles geht"-Feeling. Wir hatten das erste Mal seit zehn Jahren wieder den Eindruck, unsere eigenen Herren zu sein, eine Platte nur für uns aufzunehmen. Es ist nicht so, dass wir uns bei der EMI unwohl fühlten. Im Gegenteil, die Leute dort waren nett, aber es war oft genug doch ein Kampf, die eigenen Ideen umsetzen zu können. Auf dem französischen Elektro-Label Kitsune erscheint zeitgleich zum Album ein von Euch zusammengestellter Sampler - lässt er sich als Leitfaden zur Band lesen? Mazzalai: Ja, vielleicht. Wir wählten dafür eine Reihe von Stücken aus, die für uns als Musiker, aber auch als Musikfreunde wichtig waren, die in uns etwas veränderten. Es sollte so eine Art musikalische Biografie werden, für die wir uns übrigens ganz schön ins Zeug legen mussten. Lou Reed etwa wollte seinen Track erst nicht freigeben - wir schrieben ihm dann einen Brief, in dem wir genau erklärten, warum sein "Street Hassle" so wichtig war, dann ging es.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

D'Arcy: Der Sampler zeigt ganz gut die Bandbreite unserer Einflüsse auf. Da finden sich zum Beispiel Kiss mit "Love Theme From Kiss": Das ist ein Instrumental und damit einfach ein perfekter Opening-Track für eine Mix-CD. Wir mögen ihn, weil er heavy Gitarren mit einer gewissen Subtilität verbindet. D'Angelo dagegen machte uns damals völlig verrückt. Als "Send It On" erschien, waren wir so weggeblasen, dass wir für ein ganzes Jahr keine eigenen Songs mehr schreiben konnten, was ein bisschen ungünstig war. Immerhin war das direkt nach "United", wir hatten also eigentlich ein Album zu schreiben. Nun ist es ein weiter Weg von Kiss zu D'Angelo. Erklärt diese Bandbreite die Band? D'Arcy: Man kann schon sagen, dass wir uns nicht für irgendwelche Kategorien interessierten. Wir fingen mit der Band ja an, als wir 15 Jahre alt waren und hatten überhaupt keine Lust, uns in eine festgelegte Richtung zu orientieren. Es gab an der Schule Punks, The-Cure-Fans, HipHopper - und uns. Wir mochten die Stone Roses, aber auch De La Soul. Ich denke, auf unserem ersten Album hört man das auch. Wir fanden es cool, mit verschiedenen Stilen zu spielen. Housebeats, Countrymusik, Pop, all das passte so schön. Heute ist es ja ganz normal, die Stile miteinander zu verschmelzen, Clubmusik und Pop haben sich angenährt, was eine großartige Sache ist. Aber damals, Ende der 90er-Jahre, machte das niemand. Eure ersten Platten erschienen auf Source, wo damals auch Air und Daft Punk verlegt wurden. Gab es da tatsächlich eine Szene? Mazzalai: Sagen wir es so: Es gab sicher eine ganze Reihe von Künstlern, die gleichzeitig versuchten, einen anderen Ansatz zu verfolgen, einen in dem auch Einflüsse eine Rolle spielten, die damals für die Popmusik nicht so relevant waren. Ob das eine Szene war, kann ich nicht sagen. Das waren auf jeden Fall Leute, die wir sehr gerne mochten und mit denen wir gerne zusammensaßen und die auch heute noch gute Freunde sind. Und natürlich arbeiteten wir mit Air viel zusammen. Doch Daft Punk oder Cassius waren zum Beispiel ein ganzes Stück elektronischer als wir, da ging es nicht mehr um Popmusik. Mit Philippe Zdar von Cassius produzierte "Wolfgang Amadeus Phoenix" einer dieser alten Freunde. Er arbeitete bereits an Eurem Debüt "United". Was hat sich in den acht Jahren verändert? D'Arcy: Es ist kaum vergleichbar. Der Arbeitsprozess war ein völlig anderer, was aber nicht an den acht Jahren liegt, sondern daran, dass Philippe die erste Platte damals nur mixte. Bei dieser war er in einem weitaus größeren Rahmen beteiligt. Wir nahmen in seinem Studio auf, sodass er natürlich recht oft vorbeikam. Wir baten ihn oft um Rat oder zeigten ihm irgendetwas, das wir neu aufgenommen hatten - so wurde er so eine Art Leitfigur für die Platte. "Lisztomania"

Hattet ihr für die Platte so etwas wie einen Masterplan? D'Arcy: Schwierig zu sagen. Eigentlich nicht, zumindest nicht, was das Songwriting angeht. Das ist eine Sache, die man nicht beeinflussen kann. Was aber stimmt, ist dass wir keinesfalls unser letztes Album wiederholen wollten. Das war eher eine Gitarrenplatte. Ich selbst spiele zwar Gitarre, war davon aber irgendwie gelangweilt. Deck wiederum ist ein fantastischer Keyboardspieler und konnte das auf dem letzten Album nicht so sehr zeigen. Wie darf man sich Euren Instrumentenpark vorstellen? Wie viel Keyboards besitzt ihr? D'Arcy:Wir neigen wirklich dazu, einzukaufen. Man sieht einfach eine Menge toller Dinge, wenn man auf Tour ist oder einen Instrumentenladen betritt. Es gibt dabei übrigens eine ganz einfach Faustregel: Ein Instrument ist immer dann gut, wenn es entweder sauteuer oder wahnsinnig billig ist. Die Mitte kannst du vergessen. Aber wenn du Spielzeugkeyboards mit irgendwelchen High-End-Keyboards mischst, kommt etwas Fantastisches raus. Bei Gitarren ist es übrigens ganz ähnlich. Ich glaube, das zieht sich durch den kompletten Kreativbereich. Mein Bruder ist Fotograf und sagt, bei Kameras könnte man dieses Gesetz ebenfalls anwenden: Mit den ganz billigen kannst du super Bilder machen, mit den teuren ohnehin. Alles, was diese Durchschnittsapparate fabrizieren, ist Unisnn. Wird es schwierig, den Keyboard-lastigeren Sound von "Wolfgang Amadeus Phoenix" auf die Bühne zu transferieren? D'Arcy: Den ganzen Kram kannst du natürlich nicht komplett auf Tour mitnehmen. Aber wir wollen diesmal schon ein ziemlich abgefahrenes Set-up installieren. Mann muss da aber vorsichtig sein, gerade mit irgendwelchen Uralt-Synthies. Die neigen dazu, bei Temperaturschwankungen zu verstimmen. Das ist uns schon einige Male passiert, zum Beispiel auf dem Coachela-Festival in Kalifornien. Es war einfach unfassbar heiß, und alles klang plötzlich total beschissen. Das Publikum war großartig und wahnsinnig höflich, niemand buhte oder so. Aber wir fühlten uns extrem unwohl. Ihr habt mit den Alben jeweils über 100 Konzerte gegeben. Hand auf's Herz: Wo gefällt es Euch gar nicht? Mazzalai: England macht uns meistens nicht so viel Spaß. Die Konzerte sind schon ganz gut, das Publikum ist auch nett. Aber trotzdem: Australien mit seinen Riesenentfernungen ist angenehmer als dieses England. Was ist denn so schlimm an England? Mazzalai: Ach, fast alles. Das Essen, der Lifestyle, die Städte. Überall Industrie, alles grau. England ist einfach nicht sehr schön. Aber hey, wir geben ihm mit dieser Platte eine letzte Chance.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

"Wolfgang Amadeus Phoenix" von Phoenix ist bei Universal erschienen.

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