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„Ein Tramper hat mittlerweile schon etwas Exotisches an sich.“

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Martin Höpke, 24, studiert in Marburg (Hessen) und trampt seit acht Jahren. Zunächst nur zur Schule und zur Arbeit, dann quer durch Deutschland. Am 8.8. startete er seinen Tramp-Urlaub Richtung Portugal. Momentan steckt er in den Pyrenäen. jetzt.de hat mit ihm über seine Reisepläne, seine Erfahrungen und das Aussterben der Spezies Tramper gesprochen.

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Illustration: Julia Schubert

Martin Höpke. Bild: privat Seit wann trampst du? Mit 16 Jahren habe ich mit dem Trampen angefangen. Ich war mit einer Freundin unterwegs, es war ziemlich heiß und wir hatten keine Lust den weiten Weg nach Hause zu laufen. Da hatte ich die Idee, dass wir uns an die Straße stellen und einfach trampen könnten. Das hat gut geklappt und Spaß gemacht. Seitdem trampe ich ständig. Die Strecken wurden mit der Zeit immer weiter. Das Weiteste bisher war von Amsterdam nach Sachsen. Was ist das Tolle am Trampen? Man lernt dabei Leute kennen, ist ungebunden und hat ein unglaubliches Gefühl von Freiheit. Manche sagen, man sei an die Autofahrer gebunden. Aber das ist nicht so, man verschafft sich die Freiheit selbst. Mit der Zeit wird es eine Herausforderung, immer weitere Strecken zu wählen und schneller voranzukommen. Wichtig ist nicht, wie schnell man sein Ziel erreicht, sondern die Menschen, die man trifft. Wie lange wartest du durchschnittlich, bis jemand anhält und dich mitnimmt? In der Regel sind das 30 Minuten. Manchmal geht es ganz schnell und nach fünf Minuten hält jemand an, manchmal steht man aber auch mehrere Stunden. Das hängt davon ab, wo man steht. Im schlimmsten Fall habe ich einmal sechs Stunden an einem kleinen Rastplatz in Kassel gewartet. Wo beginnst du deine Tramp-Tour meistens? Ich fange auf Landstraßen an oder fahre mit dem Zug in die Nähe einer Autobahnauffahrt. Am schwierigsten ist es nämlich, in den "Kreislauf Autobahn" zu kommen. Oftmals dauert es länger, um von der Land- oder Bundesstraße auf die Autobahn zu kommen, als von dort aus ans Ziel. Ich versuche meistens, zu einer Raststätte mit Tankstelle zu gelangen, im Notfall reicht auch ein Parkplatz mit Toilette - da sind immer mehr Leute als auf normalen.

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Welcher Typ Mensch nimmt dich meistens mit? Das ist sehr unterschiedlich. Jugendliche nehmen einen recht selten mit und wenn, dann im Westen Deutschlands noch eher als im Osten. Ansonsten kann man mehrere Typen unterscheiden: Zum einen gibt es die, die früher getrampt sind. Die erzählen einem dann, sie hätten sich früher ja auch gefreut, wenn jemand für sie angehalten hätte. Dann gibt es die Geschäftsreisenden, die den ganzen Tag nur im Auto sitzen und jemanden zur Unterhaltung brauchen. Andere suchen einen anonymen Ansprechpartner für ihre Probleme. Manche Menschen sind so müde, dass sie sich jemanden ins Auto holen, der sie dann wach halten soll. Frauen nehmen einen nur selten mit. Dann gibt es auch noch die Leute, die einem etwas verkaufen oder einen bekehren wollen. Das hatte ich auch schon ein paar Male. Daumen raus oder Schild hoch? Martin erklärt auf der nächsten Seite, was besser ist.


Wie trampe ich besser: Nur mit Daumen oder auch mit Schild? Manchmal bietet sich ein Schild an, aber normalerweise ist das eher unvorteilhaft, da man mit dem Schild nur manche Leute direkt anspricht. Stehe ich beispielsweise nördlich von München, möchte nach Leipzig und schreibe das auch auf mein Schild, dann fühlen sich zwar Leipziger angesprochen, nicht aber etwa Berliner, obwohl ich genauso gut mit denen fahren könnte. Siehst du noch viele Tramper auf deinen Touren? Nein, es gibt sehr wenige Tramper. Mittlerweile sind es so wenige geworden, dass ein Tramper am Straßenrand schon etwas Exotisches an sich hat, so dass sich viele gar nicht mehr trauen anzuhalten. Gibt es regionale Unterschiede? In Bayern trampe ich sehr oft und da habe ich bislang nur gute Erfahrungen gemacht. Die Menschen im Osten sind generell etwas zurückhaltender und nehmen einen nicht so oft mit. Wenn du aber an einer Autobahn stehst, kommen die Leute ja aus allen Richtungen. Da kannst du das nicht lokal abhängig machen. Als Mädchen könnte man so eine Reise allerdings nicht machen... Ich kenne keine Mädchen, die damit schlechte Erfahrungen gemacht haben. Ein bisschen kann man sich ja aussuchen, mit wem man mitfährt. Aber natürlich ist Trampen für Frauen gefährlicher als für Männer. Wie lange wirst du noch unterwegs sein? Das weiß ich nicht genau. Vermutlich bis Anfang oder Mitte Oktober. Das übergeordnete Ziel ist die Reise an sich und wenn ich es nicht bis nach Portugal schaffe, ist das auch nicht so schlimm. Ich werde auch nicht jeden Tag trampen. Manchmal ergibt sich ja auch die Möglichkeit, bei dem Fahrer zu essen oder bei ihm zu übernachten. Vielleicht findet sich auch jemand, der mir einen kleinen Job anbietet. Dann kann es auch sein, dass ich länger irgendwo hängen bleibe. Ich nehme Koch- und Waschzeug mit, einen Schlafsack und ein kleines Zelt. Zurück fahre ich vielleicht dann auf dem schnellsten Weg mit dem Zug. *** Martins Trip nach Portugal könnt ihr online mitverfolgen. Weitere Infos zum Trampen gibt es bei der Deutschen Autostop Gesellschaft abgefahren e.V.

Text: sabrina-gundert - Fotos: www.map-site.de/tramptrip

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