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Flat Eric ist wieder da!

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Quentin, das Plüschtier Flat Eric , das du 1999 erfunden und das erste Mal öffentlich im Video zu „Flat Beat“ auftreten lassen hast, wird auf dem Cover deiner neuen Platte „Lambs Anger“ mit einer Rasierklinge bedroht. Warum nur? Quentin: Das ist eine Anlehnung an den Film „Ein andalusischer Hund“ von 1929. Luis Buñuel und Salvador Dalí haben den zusammen gemacht. Der Film ist surrealistisch – genau wie Flat Eric. Hier ist der üble Schocker:

Man könnte auch denken, du wolltest mit deiner Vergangenheit abschließen. Ich will Flat Eric nicht töten. Es ist eher so, dass ich ihn zurück ins Leben rufe, ich habe ihn ja jetzt schon so lange ignoriert. Dieses Album bin ich ähnlich angegangen wie damals „Flat Beat“. Ich habe einfach sehr schnell Musik produziert, ohne ernsthaft darüber nachzudenken. „Flat Beat“ war damals innerhalb von nur zwei Stunden fertig, völlig gedankenlos. Du hast damals gesagt, an guter Kunst dürfe man sowieso nicht länger als drei Stunden arbeiten. An dieser Einstellung hat sich also nichts geändert? Von all den Songs, die ich bis jetzt gemacht habe, mag ich vor allem die, die ich schnell gemacht habe. Ich glaube, ich bin dann am besten, wenn ich mir keinen Kopf über meine Arbeit mache. Deswegen habe ich auch jetzt wieder alles ziemlich fix aufgenommen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Bleibt lieber in der Unschärfe: Quentin Dupieux aka Mr. Oizo Dann dauert es bestimmt auch nicht lange, bis du dir Songtitel wie die neuen „Gay Dentists“, „Cut Dick“ oder „Bruce Willis Is Dead“ ausgedacht hast, oder? Genau, auch wenn hinter jedem dieser Titel eine kleine Geschichte steckt. Zum Beispiel stammt „Bruce Willis Is Dead“ vom Song „James Brown Is Dead“ von L.A. Style. Den finde ich zwar nicht wirklich gut, aber er hat eine gewisse Düsterheit und auch Humor. Und „Bruce Willis“ klingt einfach nur gut. Berühmt bist du nicht zuletzt durch deine Remixe geworden. Nimmst du Angebote von Künstlern nur dann an, wenn du von vornherein weißt, dass das Remixing nicht zu viel Arbeit bedeutet? Ich nehme solche Angebote erst mal grundsätzlich nur dann an, wenn Gesang mit im Spiel ist. Ich bin nicht daran interessiert, bloßen Techno zu remixen. Wenn jemand mir einen Song mit gutem Gesang vorlegt, kann ich mir auch einen Remix davon vorstellen. Calvin Harris zum Beispiel kannte ich damals noch gar nicht, als er mir einen Song von sich gab. Ich mochte aber sofort seinen Gesang und habe sehr schnell ein Remix fertig gemacht. Hast du im Moment ansatzweise einen geregelten Arbeitsalltag? Gibt’s zum Beispiel Dinge, die du jeden Tag tust? Nicht wirklich, ich springe ja immer zwischen verschiedenen Projekten hin und her. Gestern habe ich am Skript für meinen neuen Film „Reality“ gefeilt, den ich im nächsten Sommer drehen werde. Ich habe bestimmte Szenen und Dialoge überarbeitet. Und heute bin ich im Studio und mache ausschließlich Musik. Ich nehme gerade Beats für einen Sänger auf. Es gibt keine Routinen in meinem Arbeitsleben. Das einzige, was immer gleich bleiben wird, ist dass ich nie nichts tun kann. Wenn ich zwei Stunden nach dem Aufstehen noch nichts gemacht habe, wird mir ganz schnell langweilig. In der Zeit zwischen 2001 und 2004 gab es allerdings gar keine Veröffentlichungen von dir. Was war da los? Ich war in dieser Zeit wie tot. Ich war oft traurig und allgemein in keiner guten Verfassung. Ich habe tatsächlich nichts gemacht, was echt tragisch war. Vor dem großen Erfolg mit „Flat Beat“ hatte ich so viel Power und so viele Ideen. Ich konnte mich immer für so viele Dinge begeistern. Und dann, mit so viel Geld auf der Bank, wurde ich zum Arschloch. Ich habe zwar weiter versucht, Musik und Filme zu machen, aber ohne jede Leidenschaft. Ich habe nur Scheiße gemacht. Es war, als wäre ich in ein schwarzes Loch gefallen. Hat der Erfolg deine Kreativität vernichtet? Nicht komplett, sonst würde ich heute nicht zehn Dinge gleichzeitig Zeit machen können. Aber dieser eine Hit hat mich nachdenklich gemacht. Ich habe mir Gedanken darüber gemacht, wie meine nächsten Songs bei meinem Publikum ankommen würden. Das war ein Fehler. Ich war damals einfach nicht auf den Erfolg vorbereitet. Ich war jung, naiv, und unverbraucht. Und ich hatte ja auch gerade erst angefangen, Musik zu machen. Außerdem erschien mir das alles doch sehr bizarr, mit etwas so Simplem so erfolgreich zu sein. „Flat Beat“ war mein dritter House-Track, und auf einmal war ich in all diesen Magazinen und hatte viel Geld. Flat Eric, wie man ihn kennt:

Wer oder was hat dich nach der langen Pause wieder aktiviert? Meine Freundin. Ich habe sie vor vier Jahren kennengelernt, und wir haben von Anfang an eine sehr intensive Beziehung geführt. Sie hat mir dabei geholfen, wieder stolz auf mich sein zu können. Du hast auch mal gesagt, du würdest ungern Mainstream-Kunst machen. Hast du manchmal Angst, dass dir im Underground irgendwann das Geld ausgeht – oder hast du noch was von den drei Millionen verkauften „Flat Beat“-Singles? Nicht wirklich. Ich habe meinen Eltern ein Haus und mir selbst eine eigene Wohnung in Paris gekauft. Und zwei Jahre nach der Veröffentlichung von „Flat Beat“ habe ich einen Film produziert, in den ich allein 50 Prozent des Geldes investiert habe. Ich kann also nicht ewig von „Flat Beat“ leben. Jetzt freue ich mich zwar, wenn meine neue Platte von vielen DJs gespielt wird, oder wenn meinen Film viele Leute angucken, aber ich versuche nicht, unbedingt wieder so erfolgreich wie damals zu sein. Klar muss ich mir um Geld Sorgen machen, aber nicht so sehr, dass ich dieses neue Album aus der Not heraus veröffentliche. Ich habe mich einfach nach neuen Songs gefühlt. Heute bist Du bei Ed Banger Records unter Vertrag. Das Label bekommt immer mehr Fans, ist gerade total angesagt. Wie empfindest du diesen momentanen Hype selbst? Im Moment sind alle Spotlights auf uns gerichtet, das ist halt gerade so eine Mode. Sehr viele Leute finden Ed Banger total cool. Aber jeder Hype entsteht, um wieder zu sterben. Ich mache mir nichts aus dem Ed-Banger-Ruhm – den wird’s sowieso nicht lange geben. Stell dir vor, die Levi’s-Leute rufen dich morgen an und fragen, ob du wieder was für einen ihrer Werbespots machen könntest. Wie würdest du reagieren? Ich weiß nicht. Das ist natürlich auch eine Frage des Geldes. Vielleicht, wenn sie einen Song von meinem neuen Album haben wollen. Wenn zum Beispiel eine Autofirma „Gay Dentists“ für einen Webspot benutzen möchte – dann sollen sie mich dafür gut bezahlen. Wenn sie aber wollen, dass ich einen komplett neuen Song schreibe, bin ich mir wirklich nicht sicher, ob ich’s mache. Und wenn jemand wieder etwas mit Flat Eric machen möchte? Man sollte nicht versuchen, etwas zu wiederholen, was mal cool war. Das würde auch nicht so interessant werden, weil er niemanden mehr überraschen könnte. Es wäre nur eine Kopie.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

„Lambs Anger“ von Mr. Oizo erscheint am 28.11. auf Ed Banger Records. Hier gibt es eine Übersicht von plüschigen Werbefiguren, deren Übervater Flat Eric war.

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