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Hippiereise im klimatisierten Bus

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In 14 Wochen von Berlin nach Sydney. Das mutet im Jahr 2008 fast schon prähistorisch an. Die Leute fliegen bei uns nicht einfach über verschiedene Länder hinweg, sondern reisen wirklich. Wir fahren mit unseren Gästen durch Tigerreservate, kommen am Fuß des Mount Everest vorbei und besichtigen das Taj Mahal. Wir verkaufen unsere Reisen als Abenteuer. Es ist kein Trip, bei dem man die Füße hochlegen kann. Jeder weiß das, und dementsprechend muss auch jeder mit anpacken. Auf unserer Reise gibt es Küchendienste, jeder ist mal an der Reihe, den Bus zu beladen. Es ist auf jeden Fall kein relaxter Urlaub.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Seit wann gibt es euer Angebot? Angefangen hat es mit der Strecke London - Sydney vor zwei Jahren. Als es immer besser lief, kamen auch mehr und mehr Anfragen aus Deutschland, obwohl wir hier gar keine Werbung geschaltet haben. Die Leute sind extra nach London gefahren, um mitfahren zu können. Das Interesse war ziemlich groß, jetzt bieten wir eben die Trips auch aus Berlin an. Unsere Reisen sollen ein Kick sein. Das kann man zwar auch alleine auf eigene Faust machen, dann wird’s aber teuer. Was kostet die Reise denn bei euch? 4950 Euro, für Studenten 200 Euro weniger. Gar nicht so wenig für eine Reise, für die man auch sein eigenes Zelt mitbringen muss. Rund 5000 Euro sind schon ganz ok für so eine lange Reise. Wir zelten ja auch nur ein Drittel der Zeit. Sonst wohnen wir in Gästehäusern oder kleinen Hotels. Ein Großteil des Geldes fließt in die lokale Infrastruktur, das bekommen eben die Gästehäuser oder die Reiseführer vor Ort. Damit tut man auch was Gutes. Zu dem Fixpreis kommen noch individuelle Kosten dazu, die Mahlzeiten sind zum Beispiel nicht überall inbegriffen. Es ist sehr unterschiedlich, wie viel die Leute ausgeben. Manche brauchen pro Woche 100 Euro, manchen reichen schon zehn Euro für die gleiche Zeit. In Indien braucht man ja auch nicht soviel. Wir haben außerdem eine Ratenzahlung eingeführt, damit sich jeder die Reise leisten kann. Vom typischen Backpacker bis zum Rentner fahren alle mit. Vor 30 Jahren hatten die Hippies denselben Trampelpfad. Das ist schon ganz richtig. Wir bieten auch den Hippie-Trail an, das ist die Originalroute von der Türkei nach Katmandu, da sind die Hippies in den 70er wirklich lang gefahren. Vor allem für jüngere Teilnehmer ist das interessant, wenn ihre Eltern früher schon dieselbe Reise gemacht haben. Früher sind sie in ihren VW-Bussen stehen geblieben, sind mit Rikschas gefahren und auf Kamelen geritten. Wir fahren jetzt mit einem klimatisierten Bus, das ist schon angenehmer. Führt man das Prinzip Abenteuer nicht ad absurdum, wenn man die Kosten wie bei einem Bausparvertrag abstottert und alles straff organisiert ist? Nach Sydney fliegen und drei Monate dort zu arbeiten, um überhaupt weiterreisen zu können, verstehe ich auch nicht gerade unter einem Abenteuer. Ein abgesicherter, organisierter Rahmen kann nicht schaden. Wenn man alles selbst in die Hand nimmt, kann es auch passieren, dass du plötzlich im Iran stecken bleibst und keine Ahnung hast, wie du weiterkommen sollst. Wir schicken die Leute nicht durch Straßen, wo Bürgerkriege herrschen. In Ländern wie Iran, wo eher was passieren könnte, werden wir von Polizeieskorten und Security-Leuten begleitet. Trotzdem ist es ein Abenteuer, die Leute fliegen ja nicht mit Ryanair nach Ibiza und legen sich zwei Wochen auf ihre Badematte. Kann man spontan sein und während der Reise aussteigen? Jeder kann machen, worauf er Lust hat. Wenn jemand in der Türkei eine Woche länger bleiben will, kann er das tun. Er kann ein Flugzeug nehmen und zum Beispiel in Indien wieder zur Gruppe hinzustoßen. Mit 40 Leuten in einem Bus, und das über drei Monate. Geht das gut? Die meisten kennen sich ja zu Beginn der Reise nicht, und bei 40 Leuten verstehen sich natürlich auch nicht alle miteinander. Auf jedem Trip fahren zwei Busfahrer und ein Reiseführer mit. Die sorgen auch dafür, dass man nicht immer neben denselben Mitreisenden im Bus sitzt und alle sich untereinander kennenlernen. Jeder weiß, was auf ihn zukommt. Bislang wollten sich noch niemand gegenseitig abschlachten. Im Gegenteil: Erst vor kurzem hat ein Paar geheiratet, das sich auf einer unserer Reisen kennengelernt hat. Euer Konzept erinnert ein bisschen an „Europe in 10 Days“, das sind sehr beliebte Pauschalreisen unter chinesischen und japanischen Touristen. Ist das nicht die totale Reizüberflutung, immer weiter zu müssen? Ständige Busfahrten können auch sehr ermüdend sein. Wenn man in zehn Tagen ganz Europa durchquert, macht man vielleicht 500 Bilder und kriegt gar nichts mit. Klar sind Busfahrten anstrengend, aber man kann auch gut im Bus schlafen. Wir fahren nicht mehr als sechs Stunden pro Tag. An interessanten Plätzen bleiben wir auch mehrere Tage. Keine Angst, man wird einiges mit nach Hause nehmen können. Wieviele Paar Socken sollte man auf so eine Reise mitnehmen? Nicht zu viele, weil man in den südlichen Ländern überwiegend Flipflops trägt. Vielleicht reichen dann schon fünf Paar Socken für 14 Wochen. Man kann ja überall auf dem Weg in den Gästehäusern waschen. Bald führen wir die Strecke London - New York ein. Die geht durch ganz Europa, Russland, China und Kanada. Da reichen fünf Paar dann vielleicht nicht.

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