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Kämpfen, wie der Student in Frankreich

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[i]Amin Benaissa kämpft gegen Studiengebühren[/i] [b]In Hessen muss man davon ausgehen, dass die Studiengebühren im September verabschiedet werden. In den meisten anderen Bundesländern sind sie längst durch. Was nützen die Proteste da noch?[/b] Wir nehmen uns ein Beispiel an Frankreich. Dort war das verheerende Gesetz zur Jugendarbeitslosigkeit auch schon verabschiedet, als die Proteste richtig losgingen. Aber die Schüler und Studenten haben erst Ruhe gegeben, als das Gesetz wieder zurückgenommen wurde. Ich glaube, dass das in Deutschland genauso laufen kann. Leider lassen sich viele Leute erst mobilisieren, wenn ein derartiges Gesetz schon kurz vor der Einführung steht. Erst dann realisiert der Einzelne, dass die Gebühren ihn verdammt hart treffen werden. [b]Die Proteste in Frankfurt sind in der letzten Woche ziemlich eskaliert. Wie kam es dazu?[/b] Die Proteste waren insgesamt friedlich. Wir hatten eine Vollversammlung an der Uni mit 1500 Leuten und 800 davon sind nachher losgezogen, mit Transparenten und mehrsprachigen Flugblättern – an dem Tag war ein WM-Spiel in Frankfurt und die Stadt war voller Fußballtouristen und Polizisten. Wir haben uns nicht an die Route gehalten die die Polizei uns aufdrängen wollte – die wollten, dass wir durch fast menschenleere Wohngebiete ziehen, was für uns keinen Sinn macht. Auf der Mainbrücke hat die Polizei eine Kette gebildet, damit wir nicht durchkommen. Wir haben mit einem spontanen Sitzstreik reagiert. An anderen Stellen der Stadt gab es die üblichen Hase-und-Igel-Spielchen. Wir Demonstranten sind natürlich schneller als die Polizisten mit gepanzerter Montur – kurz, wir haben die Polizei ein bisschen beschäftigt. [b]Die Polizisten machen wegen der WM so wieso schon immense Überstunden. Sind da solche Beschäftigungs-Spielchen wirklich legitim? Polizisten sind bekanntlich keine Übermenschen und wenn man derart überarbeitet ist, tickt man leichter mal aus ...[/b] Zu demonstrieren ist ein Grundrecht. Natürlich wollen wir auch die Medienaufmerksamkeit nutzen, die Frankfurt an so einem WM-Tag hat, aber das ist in einer Demokratie ja wohl legitim. Wegen des Austickens: Ich verstehe, dass die Polizisten es gerade schwer haben. Aber eines verstehe ich nicht: Die Polizei hat die Weisung mit Fußballfans locker zu bleiben. Ich habe Polizisten gesehen, die haben mit englischen Fans einen getrunken, nur um gute Stimmung zu machen. Gegen uns geht man hingegen knallhart vor. Dabei ist unser Anliegen doch wohl genauso legitim. Wir demonstrieren eben nicht für den Einzug ins Viertelfinale sondern für eine gerechte Bildungspolitik. Aber anstatt mit uns zu trinken, stürmt die Polizei eine friedliche Studentenparty und nimmt alle Anwesenden fest. Da ist es bei mir vorbei mit dem Verständnis.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

[i]Bei den Studentenprotesten in Frankfurt griff die Polizei hart durch[/i] [b]Wie kam es zu dieser Eskalation?[/b] Nach der Demo haben wir im Studierendenhaus gefeiert und plötzlich rückten zwei Hundertschaften Polizei an und umstellten uns. Die Begründung war, dass offensichtlich eine handvoll Leute auf dem Campus randaliert hat – ein paar Scheiben eingeworfen und so. Angeblich hatten sich diese Leute in unsere Party geflüchtet. Ich weiß nichts davon. Ich finde derartige Gewalt nicht gut. Aber der Aufmarsch war total übertrieben. Die Studenten haben panisch reagiert und sich verbarrikadiert. Ich habe mit dem Einsatzleiter verhandelt und dann meinen Mitstudenten klar gemacht, dass wir alle unsere Personalien abgeben müssen. Die Leute waren damit einverstanden, aber der Polizei ging alles nicht schnell genug. Sie sind reingestürmt und haben uns alle abgeführt. So was gab´s seit Jahrzehnten nicht mehr. Eine totale Überreaktion. [b]Wie geht es jetzt weiter?[/b] Uns geht es um Inhalte und wir wollen keine weitere Eskalation. Als nächstes wird es am 6. Juli eine große Demonstration in Frankfurt geben zu der Studenten aus ganz Deutschland anreisen und auch Aktivisten aus Frankreich. Es entwickelt sich da gerade ein Netzwerk, das über die Lands- und Bundesgrenzen hinausgeht. Wenn wir zusammenhalten und nicht locker lassen, können wir sicher noch was bewegen – wie die Studenten in Frankreich eben. Mehr Infos über das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren.

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