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Kante. Das Interview zur Wiederwahl

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Seit 8.30 Uhr gebt ihr heute Interviews. Hast du dich an das große öffentliche Interesse an Kante schon gewöhnt, Florian? Florian: Ich erlebe das jetzt wirklich zum ersten Mal und das ist auch anstrengend, aber andererseits hatte ich dafür das Glück, eine Plattenproduktion machen zu können, ohne nebenher arbeiten zu müssen. Das konnte ich in meiner Musikerkarriere bislang nicht und das ist ein sehr gutes Gefühl. In welchem Zustand war die Band Kante, als du bei ihr angeheuert hast? Florian: Ich war zunächst mit ihnen nur auf Tour, noch für das alte Album „Zombi“ und habe dabei natürlich mitgekriegt, dass die Bandstimmung gar nicht rosig war. Da dachte ich: Okay, diese Tour jetzt und dann mal sehen, ob überhaupt noch was kommt. Was war da los? Peter: Wir waren alle durch die „Zombi“-Produktion extrem angeschlagen. Diese Platte hatte uns ja letztlich drei Jahre lang beschäftigt, anderthalb Jahre waren wir dafür im Studio gesessen. Ein Wahnsinn, der auch finanziell nicht zu leisten war. Und man kann nicht mit fünf Menschen über so lange und ungewisse Zeit friedlich zusammen halten. Die letzten Monate saß ich dann vor allem alleine mit Produzent Tobias Levin im Studio und habe das Ding fertiggemacht. Das war für die ganze Band nicht so besonders erhebend. Wir hatten uns entfremdet und es gab unterschiedliche Vorstellungen, wie es weitergehen sollte. Einige wollten auf unbestimmte Zeit Pause machen.

Die Kante ist unruhig. Stattdessen habt ihr jetzt mit „Die Tiere sind unruhig“ relativ schnell ein neues Album vorgelegt. Peter: Ja, ich habe damals gesagt: Gut, macht ihr Pause, ich mache auch Pause, schreibe aber dabei Ideen für neue Stücke auf. Ich hatte mich bis dahin immer dagegen gesträubt, der klassische Kopf der Band zu sein, obwohl ich das nach außen natürlich schon war, als Sänger. Ich wollte diese Verantwortung nicht übernehmen, erst in dieser Pause nach „Zombi“ hat sich das geändert – und das hat einiges gelöst. Ich bin bei der Band angekommen mit neuen Sachen und damit war der Rahmen gesteckt. Ist also das Ende der Banddemokratie das Geheimnis des bejubelten neuen Kante-Schwungs? Peter: Es hat jedenfalls sehr gut getan, dass alle im Proberaum wussten, wohin es ungefähr gehen soll. Das Schwierigste ist ja, ganz aus dem Nichts anzufangen. Es lastete diesmal nicht der Druck auf der Band, etwas Geniales aus dem Boden stampfen zu müssen. „Zombi“ war extrem durchkonzipiert und wir hatten damals den unbedingten Willen, damit ein Meisterwerk abzuliefern. Irgendwann hatte ich aber gar keinen Bock mehr, als das abgehobene Genie im Elfenbeinturm dazustehen. Für die neue Platte haben wir einfach mal drauflos gemacht und ich habe gemerkt: Hey, ich spiele in einer Band mit musikalischen Persönlichkeiten, die auch ohne geniales Konzept keinen Scheiß abliefern. Alle sprechen von eurer neuen rockigen Spielfreude. Gemeint ist natürlich viel eher ein Postrock aus „Zweilicht“-Zeiten, als richtiger dreckiger Rock. Peter:Rock ist unsere musikalische Wurzel, aber natürlich sind wir jetzt nicht eine Punkrockband geworden, die das so hinrotzt. Bestimmte Sachen haben uns eben schon immer interessiert: lange Stücke, minimalistisch angelegte Opulenz. Das machen wir immer noch, da denken wir nicht viel drüber nach. Was die aktuelle Begeisterung darüber angeht, so liegt das wohl vor allem daran, dass der Zugang zu dieser Platte leichter ist, sie ist nicht einschüchternd, funktioniert einfacher. Was war eigentlich noch mal das Problem mit Postrock? Peter: Ich frage mich das manchmal auch. Es ist ja so ähnlich wie Drum’n’Bass, das auch ganz schnell für viele zum Uncoolsten überhaupt geworden ist. Allerdings waren mir auch irgendwann viele Postrock-Sachen zu artsy-fartsy und zu sehr in der eigenen Suppe schwimmend, das fand ich ein bisschen nervig. Aber wie gesagt, wir machen diese Musik ohne darüber nachzudenken, in welche Mode sie jetzt gerade fällt. Unruhe ist ein großes Thema in den Liedern, eine ungewisse Nervosität. Worauf zielt das? Peter: Früher ging ich durch die Straßen und dachte: hier kann einem gar nichts passieren. Heute weiß man gar nicht, wo man steht, ob übermorgen nicht Krieg ist oder man selber verarmt. Es gibt auf einmal auch bei uns Raum für Ereignisse, die man nicht vorausberechnen kann. Ich wollte nie eine politische Platte machen. Wenn ich denke, ich müsste politisch agitieren, würde ich nicht auf die Idee kommen, eine Band zu gründen. In meinen Liedern kann alles Mögliche passieren, ich sehe es als Schreiber nicht als meine Aufgabe, für den Hörer zu entscheiden, was ihm darin passieren kann. Die neue Platte geht aber direkter in die Gegenwart, die bewegt sich mehr. „Zombi“ war auf eine gewisse Art Stillstand. Wie sehr wird die Laune in der Band denn von den hymnischen Besprechungen derzeit beeinflusst? Florian: Das freut einen natürlich tierisch, wenn es so läuft wie jetzt und die Platte ausnahmslos gut aufgenommen wird. Da haben wir vielleicht doch mal was richtig gemacht. Peter: Aber für uns war das Wichtigste, dass wir die Band wieder so toll zusammengekriegt haben. Mit manchen spiele ich jetzt seit zehn Jahren zusammen. Es ist gut, dass Kante nicht einfach aufhört. Das Album „Die Tiere sind unruhig“ ist gerade auf Labels erschienen. Eine Besprechung der Platte steht hier, zu einem aktuellen Kante-Video geht es hier.

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