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Kopieren als Religion: Isak glaubt ans Duplizieren

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Was klingt wie ein Aprilscherz, ist die durchaus politische Idee des 19-jährigen Isak Gerson. Der Philosophie-Student aus Uppsala will mit seiner Kirche gegen den blinden Glauben ans Copyright vorgehen. "Wir glauben, dass Kommunikation heilig ist", kann man im Glaubensbekenntnis der neuen Relgion nachlesen. "Sie muss respektiert werden: Wir halten es für eine Sünde, Menschen auszuhorchen oder sie zu überwachen." Auch Einschränkungen der freien Kommunikation durch Kopierschutz lehnen die Mitglieder der Kopier-Kirche ab.

Wir haben Isak, der seine Mails mit dem Gruß "Kopiere und säe" unterzeichnet und sagt, im August zum Camp der Jungen Piraten vielleicht nach Deutschland zu kommen, gefragt, ob er sich als Jesus des digitalen Zeitalters sieht.



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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert




jetzt.de: Mensch, was ist denn da bei euch in Schweden los? Pirate Bay, die Piratenpartei und jetzt deine Religion ...
Isak: ... ich bin hier geboren, ich kenne es nicht anders. Diese philosophische Internet-Bewegung gab es schon als ich auf die Welt kam und anfing, mich für Computer zu interessieren. Für mich ist das selbstverständlich.

jetzt.de: So selbstverständlich, dass du jetzt eine Religion ausgerufen hast. Siehst du dich als so eine Art Jesus des digitalen Zeitalters?
Isak: Nicht wirklich. Ich bin eher ein gewählter Vorsitzender einer organisierten Bewegung als eine heilige Figur. Dieser Idee von Heiligkeit hängen wir eh nicht so an.

jetzt.de: Sind wir mal ehrlich: Ihr sucht doch nur einen Weg, um Tauschbörsen-Nutzung und Filesharing zu rechtfertigen, oder?
Isak: Ich würde es genau umgekehrt sehen. Meiner Einschätzung nach vertritt die Copyright-Industrie nicht deshalb die Einschätzung, sie würde Informationen besitzen, weil es stimmt, sondern weil sie so Geld verdient. Ich würde sogar sagen, dass diejenigen, die diese Industrie betreiben, selber wissen, dass sie falsch liegen. Aber sie verdienen noch zuviel Geld, um ihr Vorgehen zu stoppen.

jetzt.de: Und was wollt Ihr dem entgegen setzen?
Isak: Ich möchte ein Umfeld, in dem ich in meiner Religionsausübung nicht gestört werde. Wir werden vom politischen System unterdrückt. Dem wollen wir die philosophische Fundierung unseres Glaubens entgegen setzen, diese international verbreiten und die Unterdrückung der freien Information beenden.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



jetzt.de: Wie unterscheidet Ihr Euch von der Piratenpartei?
Isak: Der offensichtlichste Unterschied ist, dass wir eine religiöse Bewegung sind und deshalb nicht bei Wahlen antreten. Es gibt aber auch einen großen inhaltlichen Unterschied in Fragen des Urheberrechts und der Information. Die Piratenparteien weltweit streben ein reduziertes, reformiertes Urheberrecht an. Wir glauben, dass niemand Informationen besitzen kann. Niemals. Nirgends.

jetzt.de: Wieviele Jünger oder Gläubige hat Eure Religion bereits?
Isak: Das kann man schwer sagen. Wir haben gerade erst begonnen, eine Registrierung auf unserer Website möglich zu machen. Dort haben sich bisher so rund 500 Leute eingetragen.

jetzt.de: Was verbindet diese Menschen? Habt Ihr religiöse Rituale, Gottesdienste oder etwas ähnliches?
Isak: Es gibt den Vorgang des Kopierens, das kopyacting, dabei handelt es sich um den Akt der Informationsverbreitung. Das kann alles sein - von einer Papierkopie bis zum Filesharing über BitTorrent.

Und was sollen Menschen tun, die sich Eurer Religion anschließen wollen?
Isak: Sie sollten unserem Glaubensbekenntnis zustimmen und sich auf der Website eintragen.





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