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„Na, I wui ned sterbn“

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Herr Prochaska, wenn man Ihren Film gesehen hat, wird man so schnell nicht mehr in einem österreichischen See baden wollen... Wasser spielt eine zentrale Rolle im Film. Ich wollte immer mal einen Horrorfilm machen, ich hab zwei Jahre lang dran gearbeitet und alle Ideen wieder verworfen. Bis ich dann auf das Motiv des Ertrinkens als menschliche Urangst gekommen bin. Wasser in jeder Form taucht im Film immer wieder auf und im Mittelpunkt steht natürlich der See... ... in dem der ein oder andere ertrinkt... Genau. Aber man sollte nicht zu viel über die Handlung verraten.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Mona (Julia Rosa Stöckl), Nina (Sabrina Reiter) und Martin (Laurence Rupp) feiern die Matura. Okay, dann ein bisschen abstrakter: Was ist so faszinierend an Horrorfilmen? Für den Zuschauer geht es wohl darum, sich mit bestimmten Ängsten zu konfrontieren und gleichzeitig zu wissen, zum Glück bin das nicht ich, dem das gerade passiert. Im Kino ist das dann ein kollektives Erlebnis. Für einen Regisseur ist der Horrorfilm reizvoll, weil er eine direkte Wirkung aufs Publikum hat, man kann das mit einer Komödie vergleichen. Genauso wie es toll ist, wenn man das Publikum lachen hört, ist es toll zu merken, wie es erschrickt oder vor Spannung den Atem anhält. Es ist nur ein bisschen sadistischer vielleicht. Außerdem ist der Horrorfilm sehr emotional und Emotionen sind mir das Wichtigste im Kino. Wenn man eine Szene dreht, wirkt sie ja ganz anders als später auf der Leinwand. Woher weiß man, dass es auch wirklich gruselig ist? Das merkt man eigentlich erst im Schneideraum. Da kommt’s dann drauf an. Schnitt und Musik beziehungsweise der Einsatz von Geräuschen, zum Beispiel das Tropfen eines Wasserhahns, sind mit das Wichtigste. Die erste Fassung von „In 3 Tagen bist du tot“ hat das Publikum noch nicht sonderlich geschockt, da gab’s nur einen Aufschrei beim Screening. Dann haben wir den Film noch mal gekürzt und umgeschnitten und beim nächsten Screening waren es dann schon fünf. „In 3 tagen bist du tot“ orientiert sich sehr stark am amerikanischen Horrorfilm. Ging es auch darum zu zeigen, was die können, kann ich auch? Klar, das war natürlich noch mal eine zusätzliche Herausforderung. Ich wollte einen Film für Jugendliche mit jugendlichen Helden machen. Da bin ich schnell beim amerikanischen Teenie-Horror gelandet. Bei der Zielgruppe der 16- bis 25-jährigen hat der österreichische Film automatisch schon ein dickes Minus vorne dran, das war auch bei meinem Film anfangs so. Bevor ihn irgendwer gesehen hat, hieß es in diversen Internetforen schon, der Film kommt aus Österreich, das kann ja nichts werden. Österreichische Filme sind meistens extrem kopflastig und künstlerisch wertvoll. Ich wollte keinen wertvollen Film machen, sondern einen, der unterhält und Spaß macht. Das hab ich ja auch geschafft, schließlich war „In 3 Tagen bist du tot“ letztes Jahr der erfolgreichste Film in Österreich.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Nina und Mona - jetzt schon nicht mehr ganz so fröhlich. Aber einfach zu machen, was die Amis auch machen, ist ja auch keine Lösung, oder? Also zunächst mal: Ich wollte sicher nicht den Horrorfilm neu erfinden. Ich wollte einen ersten Schritt machen, wollte zeigen, was in Österreich mit einem kleinen Budget von 1,8 Millionen Euro möglich ist. Aber der Film ist ja nicht nur einfach ein eins-zu-eins Abklatsch. Er hat eine klar österreichische Färbung, das macht den Film vielleicht sogar noch gruseliger, weil er unmittelbarer ist. Die Figuren sehen nicht so geschleckt und gestylt aus wie in amerikanischen Filmen, sondern sind eher die Typen von nebenan. Ein österreichischer Dorfpolizist ist nun mal nicht die Highway Patrol. Alle im Film sprechen österreichischen Dialekt, die österreichische Landschaft spielt eine große Rolle, wie der Traunsee, an dem wir gedreht haben. Und auch der Erzählrhythmus ist ein anderer. Ich bin näher an den Figuren, ich glaub schon, dass ich sehr auf den emotionalen Zustand der Figuren eingehe. Bei den amerikanischen Horrorfilmen sterben die Figuren oft einfach und keinen interessiert es, weil man sie vorher nicht kennen gelernt hat. „In 3 tagen bist du tot“ ist keine Persiflage à là „Scary Movie“. Er nimmt nicht nur seine Figuren sehr ernst, sondern auch den Horror. Naja, einen echten, abgebrühten Horrorfan kann ich damit eher nicht vorm Ofen vorlocken. Aber bevor du etwas durch den Kakao ziehst, musst du erst mal zeigen, dass du es selber kannst. Außerdem mag ich die Mischung von Gewalt und Humor überhaupt nicht, das funktioniert für mich nicht. Wenn jemand geköpft wird, ist das eher nicht so komisch. Natürlich lachen alle, wenn am Anfang meines Films der Laurence, der eine der Hauptfiguren spielt, in Unterhosen durchs Zimmer tanzt. Aber sobald es richtig losgeht, wird auch der Tonfall ernster. Eigentlich ist es ja eine tottraurige Geschichte, die erzählt wird, eine Tragödie. Und auch der Mörder bekommt am Ende so etwas wie einen würdevollen Moment. Diese Ernsthaftigkeit ist vielleicht auch ein österreichisches Element.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ob Mona das überlebt? Der Film geht über das bloße Schocken hinaus. Es geht auch um Freundschaft und Liebe und, mal ganz abstrakt, um Schuld, Rache und Sühne. Um die Grundthemen der menschlichen Existenz, ja. Mit denen sollte sich jeder vernünftige Film beschäftigen. Es geht auch um Erinnerung und Wahrnehmung und die Rolle, die jeder freiwillig oder unfreiwillig im Leben der anderen spielt. Ein Ereignis, das die einen schon wieder vergessen haben, kann traumatisch und lebensbestimmend sein für andere. Wir alle sind irgendwie mit amerikanischen Filmen aufgewachsen und selbst wenn wir noch nie in Amerika waren sind wir auf gewissen Weise amerikanisch sozialisiert. Trotzdem fühlt sich Amerika sehr weit weg an. Wenn man sich „In 3 Tagen bist du tot“ ansieht, hat man das Gefühl, die Unterschiede zwischen uns und dem Amerikanern sind vielleicht doch nicht so groß... Ich war gerade drei Wochen in Amerika im Urlaub und ich glaube, das Landleben kann dort noch langweiliger sein als in Österreich oder Deutschland. Aber die Grundbedürfnisse sind sicher die gleichen. Die Amerikaner verstehen es einfach sehr gut, das in eine Form zu packen, die universell ist. Der amerikanische Lebensstil prägt überall auf der ganzen Welt, sie zwingen uns ihre politischen Ansichten auf genauso wie ihre Filme. Mit ihren Filmen sind sie da im Moment allerdings ein bisschen erfolgreicher...

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