Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

"Nach 16 Stunden Fahrt ging plötzlich nichts mehr"

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

jetzt.de: Florian, was hast du in Thailand gemacht? Florian Klingseisen: Ich bin vier Wochen mit dem Rucksack durchs Land gefahren. Erst von Bangkok aus zur Full Moon Party auf Ko Pha-Ngan und dann weiter zur Insel Ko Tao. Dort habe ich einen Tauchkurs gemacht und bin anschließend noch eine Weile an der Westküste geblieben. Ein gemütlicher Urlaub eben. Von Bangkok aus sollte es eigentlich am Freitag wieder in die Heimat gehen. Wann hast du von den Demonstrationen am Flughafen Bangkok erfahren? Florian: Ziemlich schnell nach der Blockade aus den Medien. Allerdings hieß es, das Ganze ist in zwei bis drei Tagen vorbei. Wegen dieser Prognose bin ich überhaupt am Donnerstag von Kho Phi Phi nach Bangkok gefahren, sonst hätte ich meinen Flug gleich umgebucht und eine andere Stadt angesteuert. Den Weg zum gesperrten Flughafen am nächsten Tag habe ich mir allerdings gespart.

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ein Reisender auf dem Flughafen von Bangkok. Wie ist die Stimmung in Bangkok? Florian: Außerhalb von Flughafen und Regierungsviertel bekommt man von der Lage wenig mit. Das Leben in Bangkok geht ganz normal weiter. Es finden Konzerte statt, Kinder gehen in die Schule und ins Einkaufzentrum. Nur die Touristen laufen im Moment zu Tausenden herum und bemühen sich ihre Flüge umzubuchen oder zu internationalen Flughäfen in den Nachbarländern zu reisen.

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert
Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Das thailändische Verfassungsgerichts hat den Premierminister seines Amtes enthoben - die Demonstranten am Flughafen von Bangkok freuen sich und wollen angeblich ab Mittwoch den Flughafen wieder freigeben. Bis sich aber der Flugverkehr wieder normalisiert, wird noch mindestens eine Woche vergehen. Hattest du den Eindruck, dass die Ausländer Angst haben, oder sind sie eher ärgerlich? Florian: Angst hatte zumindest unter den Backpackern, die ich getroffen habe, niemand. Aber geärgert haben sich die meisten, vor allem, wenn ihre Termine daheim geplatzt sind, weil sie die Reise nicht fortsetzen konnten. Ich habe zwei Australier kennengelernt, die hätten längst wieder in ihrem Büro in Sydney sein müssen. Und eine deutsche Auswandererfamilie, die ihren Sohn zu einem bestimmten Datum in einem chinesischen Internat anmelden wollte. Die waren wirklich verärgert. Gab es dann keine andere Möglichkeit für dich, als vom 1500 Kilometer entfernte Kuala Lumpur zurückzufliegen - Phuket etwa? Florian: Also diese Berichte der deutschen Onlinemedien waren ziemlich verwirrend. Dort stand ja, dass Thai Airways, Lufthansa und Meiers Reisen über Phuket ausfliegen. Das gilt aber nur für Pauschaltouristen, nicht für Individualreisende. Ich hatte Tickets von Emirates und auf deren Homepage stand, man soll auf die internationale Flughäfen Singapur, Kuala Lumpur oder Hongkong ausweichen. Kuala Lumpur war am nächsten und die Umbuchung per Telefon ging problemlos. Wer zahlt die Reisekosten zu einem anderen Flughafen? Florian: Die Strecke von Bangkok nach Kuala Lumpur wird mir die Fluglinie noch erstatten. Zumindest haben sie das gesagt.

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Florian (links) während seines Thailand-Trips. Waren viele Touristen mit dir zum Flughafen nach Malaysia unterwegs? Florian: Tausende! Und weil die Züge bis zum 5. Dezember komplett ausgebucht sind, haben alle versucht, in Travel Agencies einen Bus oder Minibus zu buchen. Diese Fahrten sind zum Teil irrsinnig teuer. Weil es kaum freie Plätze gibt, schlagen die Inhaber gleich den doppelten Preis drauf, wenn man am selben Tag fahren will. Ich habe dann für Samstagabend einen Platz bekommen. Hattest Du eine reibungslose Fahrt? Florian: Eher nicht. Quasi in jeder thailändischen Provinz mussten wir den Bus wechseln, weil die Fahrer nur auf gewissen Routen bis zur Grenze der Provinzen fahren. Und die Anschluss-Busse kamen dann oft verspätet. Eine echte Odyssee. Einige Ausländer haben für eine schnellere Verbindung lieber noch mal extra bezahlt, um ihren Flieger nicht zu verpassen. Knapp 700 Kilometer südlich von Bangkok in der Provinz Surat Thani hat es mich dann auch erwischt. Alle mussten aussteigen, aber der nächste Bus war nicht da. Nach 16 Stunden Fahrt geht plötzlich nichts mehr weiter – und Sonntagnacht sollte mein Flieger in Kuala Lumpur starten. Ich konnte dann aber einen Minibus-Fahrer überreden, mich wenigstens bis zur malaysischen Grenze zu bringen. Und wie ging es weiter? Florian: Dort gibt es im Moment auch nur Chaos und lange Warteschlangen. Die Grenzposten sind mit den vielen Touristen komplett überfordert. Ich hatte dann noch mal echtes Glück. Ein alter Fischer aus Malaysia hat sich mit mir unterhalten und mir dann einen Taucher aus Singapur vorgestellt, einen richtigen Weltenbummler. Der war sofort bereit, mich mit seinem Privatauto nach Kuala Lumpur zu fahren. Das hat mir viel Umsteigen erspart und wir sind sogar zwei Stunden vor meinem Abflug am Flughafen angekommen, am Sonntag um 22.30 Uhr. Ich würde wetten, dass nur wenige Touristen ihre umgebuchten Flüge in dieser Nacht noch erwischt haben. Über Dubai bin ich dann zurück nach München geflogen.

Text: vanessa-luenenschloss - Foto: privat, dpa

  • teilen
  • schließen