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Newcomer und Altmeister: Dynamite Deluxe im Interview

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jetzt.de: Wie kam es zu dem Entschluss plötzlich wieder an einem Dynamite-Deluxe-Projekt zu arbeiten? DJ Dynamite: Nachdem wir uns lange genug Solo ausgetobt haben, hatten wir wieder Lust Verantwortung zu teilen und einfach mal wieder was Gemeinsames zu machen. Wir haben gesagt: „Okay, jetzt ist es mal wieder an der Zeit zu dritt reinzuhauen. Mal gucken, was dabei herauskommt.“ Samy Deluxe: Wir haben 2004 entschieden, dass wir das Ding zusammen machen. Dann begann erstmal eine Produktionsphase von Tropf und Dynamite. Nach einem dreiviertel Jahr haben sie mir ein Albumformat präsentiert und daraufhin habe ich ein halbes Jahr lang Ideen gesammelt und geschrieben. Danach haben wir langsam aufgenommen. Wir haben echt die letzten zwei Jahre bis kurz vor dem Release konstant an „TNT“ gearbeitet. Zurzeit wird in allen wichtigen HipHop-Magazinen und auch in anderen Zeitschriften über die Rückkehr von Dynamite Deluxe berichtet. Habt ihr mit einem so großen Erfolg gerechnet? DJ Dynamite: Es war zu erwarten, dass es Aufmerksamkeit nach sich zieht. Wie erfolgreich es wird, kann man nie wissen. Das war auch nicht unbedingt unser Ziel. An oberster Stelle stand, dass wir eine Platte machen, die uns Dreien wirklich gefällt. Da ist die Messlatte bei jedem Einzelnen schon hoch und weil wir nicht demokratisch zwei zu eins abstimmen, sondern alle Drei begeistert sein müssen, ist das erstmal der persönliche Erfolg. Aber, dass man sagt: „Wir machen jetzt ein Album, das Gold geht.“, darüber nachzudenken lohnt nicht. Eure erste Platte „Deluxe Soundsystem“ war sehr erfolgreich und wird heute als Klassiker bezeichnet. War der Druck für das neue Album groß? Samy Deluxe: Der Druck war innerhalb unseres kleinen Kreises extrem groß. Denn wir haben, wie Dynamite eben schon sagte, unsere eigene Messlatte ziemlich hoch gesetzt und es musste uns allen natürlich gefallen. Das war jetzt nicht so, wie: „Uuh, was wird jetzt der HipHop Fan denken, der uns damals gefeiert hat?“ Denn das weiß man nie und das ist eigentlich auch egal. Die Leute sollen mit uns gehen, anstatt dass wir maßgeschneidert Musik für bestimmte Fans machen. DJ Dynamite: In gewisser Weise weichen wir dem Druck aus, indem wir jetzt so was wie „Newcomer des Jahres“ machen. Das hebt sich komplett vom Soundbild der alten Platte ab und wir versuchen uns nicht an einem „Soundsystem 2“. Klar, ein gewisser Druck ist natürlich da, wenn man was gemacht hat. Aber der ist nicht höher als unser eigener Druck. In dem Song heißt es: „Dies sind Deluxe, die Newcomer des Jahres, die allerneuste Crew, die hier am Start ist“. Als Newcomer kann man euch eigentlich nicht bezeichnen. Ist dieser Song an die jüngere Generation gerichtet, die nicht mit Dynamite Deluxe aufgewachsen ist? DJ Dynamite: So ein bisschen Augenzwinkern ist sicherlich dabei. Wir greifen vorweg, dass Leute fragen: „Wer seid ihr? Was kommt da jetzt?“. Auf der anderen Seite ist es natürlich auch ein bisschen für Hörer, die selbst unseren Erwartungsdruck mitbringen und sagen, „Deluxe Soundsystem ist meine Platte.“. Wir stellen direkt klar, dass man uns als etwas Neues betrachten soll. Wir wollten an das Album herangehen, als wäre es eine Newcomer-Platte und nicht sagen: „Wir haben dies und das gemacht. Das ist unser Erfolg.“ Das wäre irgendwie langweilig für den Zuhörer.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Habt ihr denn auf der Tour Feedback vom Publikum erhalten, ob es nun mehr Fans von der alten oder der neuen Platte gibt? Samy Deluxe: Es gibt einen Part in der Show, wo ich immer frage, welche Leute unser altes Album und welche unser neues Album kennen. Es überwiegt teilweise sogar, dass die Leute nach der alten Platte schreien. Die kennen zwar auch das neue Album, aber dieses Bekennen zur alten Platte ist für viele Fans extrem wichtig. Die sagen dann: „Ja, das war meine Zeit. Da war HipHop noch gut“. Hattet ihr bei der Produktion von „TNT“ ein bestimmtes Ziel vor Augen? Samy Deluxe: Endlich mal wieder ein wirklich richtig gutes HipHop Album zu machen, wo es einfach in dem gesamten Paket um gute Musik geht. Wir definieren die Platte nicht über einen Aufhänger oder ein Image. Wir haben uns keinen Slogan auf die Fahne geschrieben, wie „Wir retten HipHop“ oder so. Leider kann die Medienlandschaft das nicht so gut verpacken, weil ein bisschen der Aufhänger fehlt. Die Presse ist, wenn es um Hip Hop geht, sehr auf eine Sensationsstory ausgerichtet. „Wie die wurden nicht angeschossen? Dann kann das ja gar nicht so interessant sein!“. Jetzt kommt auch Tropf dazu. Mit einem Joint in der Hand sucht er sich im Nebenraum einen Campingstuhl und setzt sich zu uns. Das Album habt ihr nicht, wie sonst üblich, in Deutschland gemastert, sondern in den USA. Wie kam es dazu? Tropf: Wir haben das bei Glenn Schick in Atlanta gemacht. Dynamite ist auf ihn gestoßen, weil Glenn auch die Ludacris Sachen mastert. Uns beiden gefällt das soundmäßig sehr gut, auch unabhängig vom Produzenten. Das war ein gutes Zeichen für den Master. In Deutschland haben wir schon viel ausprobiert und coole Sachen gemacht. Jetzt wollten wir mal wieder über den Tellerrand hinausgucken und mit jemanden arbeiten, der langjährige Erfahrung hat. Das war auf jeden Fall eine schöne Sache. Als einziges Feature habt ihr Jan Delay auf dem Album. Habt ihr eine besondere Beziehung zu ihm? Samy Deluxe: Jan war von Anfang an in diese Gruppensache involviert. Dynamite und ich machen seit 93’ Musik und haben 94’ unseren ersten Sampler gekauft , den hat Jan uns erklärt. Über Jan haben wir Tropf kennengelernt, weil die alte Schulkollegen waren und so ist Tropf in die Band gekommen. Er war auch seit 95’ unser Manager bis wir 99’ von der EMI gesigned wurden. Tropfs Studio ist ausserdem auf der gleichen Etage, wie Jans. Das heißt, er ist der Einzige, der überhaupt Zugang während unserer Albumproduktion hatte und mal ungebeten lauschen konnte. Er ist dann an dem Tag, wo die Jungs gerade an dem Beat für „Alles bleibt anders“ gearbeitet haben, vorbeigekommen und hat Interesse geäußert. Da war es für uns klar: wenn es überhaupt ein Feature gib, dann kann es nur Jan sein. Dadurch, dass Samy rappt, steht er zwangsläufig auch mehr im Vordergrund. Wie geht ihr beide damit um? Tropf: Ach, herrlich, das ist ein Traum. Ich bin total glücklich, dass Samy diese ganze Last alleine auf seinen Schultern tragen muss. Ich finde es ist ein sehr angenehmer Status. Man ist Teil der Gruppe, aber kann trotzdem sein Privatleben ganz angenehm leben, ohne ständig irgendwie angesprochen zu werden. Also mir passt das ganz gut. DJ Dynamite: Doch, doch. Also ich finde es nur bei manchen Mediensachen etwas strange, wenn wir einfach ignoriert werden. Journalisten sagen manchmal von vornherein, dass sie nur den Leadrapper interviewen wollen und uns nicht, weil das nicht ins Format passt. Aber ansonsten genieße ich auch die Vorteile. Ich meine, wir hätten auch alle Rapper werden können, hätten wir es gewollt. Das ist schon eine große Entscheidung, dass man sich lieber eine Reihe dahinter aufhält. Deutscher HipHop hat sich im Laufe der Jahre verändert. Wie glaubt ihr sieht es in ein paar Jahren aus? Samy Deluxe: Zukunftsprognosen sind gar nicht so derbe unser Ding. Ich bin jedes Jahr überrascht, was für neue Sachen kommen und was für alte Sachen plötzlich gehen. Unser Song „Alles bleibt anders“ greift dieses Thema auf: es ist immer noch die gleiche Szene. Manche Leute verstehen sich gut, manche verstehen sich schlecht. Was sich auf jeden Fall geändert hat, ist, dass das Ganze sehr kommerziell geworden ist. Aber HipHop ist auch gewachsen. Ein paar Sachen sind besser, ein paar Sachen sind schlechter. Wir tun eben unseren Teil dazu, dass es besser wird. Tropf: So, ich muss jetzt dringend auf Toilette. Hier gibt es das neue Video zu „Alles bleibt anders“ zusammen mit Jan Delay:

Das Album “TNT” ist bereits erschienen.

Text: hanna-vandervelden - Fotos: David Königsmann

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