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"Ohne Protest wäre Demokratie ein Fremdwort"

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Vera, habt ihr schon mal protestiert? Sandra und ich starteten im Rahmen unserer Diplomarbeit die Protestkampagne „Stoppt das Pseudo-Praktikum“. Nicht selten nämlich nutzen Unternehmen die Praktikanten als billige Arbeitskräfte. Den Hochschulabsolventen bleibt oft keine Wahl und so sind viele bereit auch nach einem Studienabschluss für einen Hungerlohn zu arbeiten. Mit Sätzen wie „Abgezockt im Praktikum“, „Praktikanten zum Schnäppchenpreis“, „Unternehmerkneckt“ auf Plakaten, Infoheftchen und Buttons, versuchten wir die Öffentlichkeit für das Thema zu sensibilisieren.

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Warum ist Protest so wichtig und wie funktioniert er richtig? Manchmal ist es einfach wichtig seine Meinung öffentlich kund zu tun – in welcher Form auch immer. Vor allem in Angelegenheiten, die nicht nur einen selbst, sondern eine ganze Generation betreffen. Am wichtigsten ist es Aufmerksamkeit durch seine Aktionen hervorzurufen und eine möglichst klare Botschaft zu vermitteln. Ein guter Beweis dafür, wie wichtig Proteste sind, ist beispielsweise die Entwicklung unserer Gesellschaft: Ohne Protest gäbe es vielleicht immer noch Sklavenhaltung, Frauen hätten keine Rechte und Demokratie wäre sowieso ein Fremdwort. Inwiefern gehören Protest und Design zusammen? Das Design ist für den Transport der Botschaft, also für die Kommunikation, sehr wichtig. Ohne gutes Design, kommt der Protest nicht an. Nur wenn die Medien gut gestaltet sind, bekommt man auch die nötige und gewünschte Aufmerksamkeit. Wie kamt ihr auf die Idee ein Protesthandbuch zu machen? Sandra und ich hielten ein Referat über „Adbusting“. Dabei wird Werbung im öffentlichen Raum verfremdet, um deren Sinn umzudrehen oder lächerlich zu machen. Die Philosophie dahinter ist, sich mit Werbung auch immer politisch zu engagieren. So kamen wir auf die Idee ein so noch nicht vorhandenes Sammelsurium der verschiedenen Protestformen zu entwickeln und entschieden uns für ein Medium, das möglichst viele Formen listet und für alle nutzbar ist – das Buch. Wie muss man sich das Buch vorstellen? „Herzstück“ des Buches sind die 18 Anleitungen zum Protest. Darin werden klassische und neuere Aktionsformen zum Selbstmachen beschrieben. Ganz wichtig dabei sind die vielen Illustrationen, die den Leser Schritt für Schritt begleiten und den Text in Bildsprache übersetzen. Danach folgen Geschichten rund um das Thema mit vielen interessanten Bildern und Informationen von früher bis heute und drei Interviews mit einem Forscher, einem Gestalter und einem Protestbutton-Sammler. Zuletzt beschreiben wir dann noch einige Regeln zum Protest, was Öffentlichkeitsarbeit und gesetzliche Richtlinien betrifft. Welche Aktionsform ist denn besonders effektiv? Die „Tortung“ zum Beispiel. Diese bringt fast immer einen sehr großen Überraschungseffekt. Dabei tut man so, als würde man dem Opfer die Torte schenken, aber in Wirklichkeit öffnet man die Tortenschachtel und platziert dem Gegenüber die Torte ins Gesicht. Allerdings sollte man sich als Täter der Fluchtwege vergewissern. Wo passiert das denn? In Unis zum Beispiel. Bei den Studentenprotesten wurden die Professoren häufig „bekleckert“. Die Tortenattacke gegen Studiengebühren in Tübingen ist super. Welche Protestarten funktionieren ohne große Vorbereitung? Mit dem Schild auf die Straße gehen, Graffiti oder subversives Theater in der U-Bahn. Dazu fängt man einen initiierten Disput an und die Diskussion mit nicht eingeweihten Passanten kann beginnen. Die einfachste Form von Protest ist es schlicht „nein“ zu sagen. Das ist manchmal gar nicht einfach. Vor allem nicht in Gruppen. Worauf sollte man generell achten? Man sollte sich die Botschaft, die man transportieren will, immer genau überlegen, die Zielgruppe analysieren, sich Leute zur Unterstützung dazu holen, die -je nach ihren Fähigkeiten und Talenten - in den unterschiedlichsten Bereichen der Aktion eingesetzt werden können, versuchen, eine möglichst hohe Medienwirksamkeit zu erzielen und die Presse informieren. Auch die rechtlichen Aspekte und etwaige Konsequenzen sollte man nicht aus den Augen verlieren! Welche Botschaft wollt ihr mit dem Handbuch senden? Wir wollen zeigen, dass jeder - egal ob Frischling oder Professioneller – zu seiner Form des Protests finden und dabei feststellen kann, dass Proteste durchaus etwas bewegen können. Die dargestellten Aktionen bieten so viele Möglichkeiten tagtäglich ein bisschen Sand ins Getriebe zu schütten und andere zum Nachdenken anzuregen. Das heißt nicht, dass man immer gegen alles und jeden sein muss, aber hin und wieder -wenn es die Situation verlangt- sollte man den Mut aufbringen und auch mal "nein" sagen. Weitere Informationen findest du unter protesthandbuch.de.

Text: ulrike-schuster - Fotos: privat

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