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Pauken wie Tokio Hotel: Die Leiter der Web-Individualschule im Gespräch

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Interview mit Schulleiterin Krautscheid jetzt.de: Welche Schüler "besuchen" die Web-Individualschule? Krautscheid: Das ist ganz unterschiedlich. Wir haben Hochbegabte, wir haben Kinder von Prominenten oder auch Schüler, die im herkömmlichen Schulsystem nicht mehr klar kommen oder daran aus anderen Gründen nicht teilnehmen können. Auch Diplomatenkinder werden zum Beispiel bei uns unterrichtet. Unsere Schüler sind aus allen Alterstufen: die einen sind noch in der Grundschule, die anderen machen gerade das Abitur. Sie leben in ganz Deutschland. Dazu kommen noch Schüler, die selbst prominent sind, wie zum Beispiel Tokio Hotel. Zum Beispiel. Bei uns lernen aber auch Leistungssportler, die wirklich einen großen Teil ihrer Zeit mit ihrem Sport verbringen. Derzeit haben wir zum Beispiel eine Anfrage von einem Bundesligaverein. Auf ihrer Homepage ist von Jugendlichen mit „unterschiedlichsten Problemen mit dem herkömmlichen Schulsystem oder dem Unterricht im Klassenverband“ die Rede – sind es vor allem so genannte Problemkinder, die auf ihre Schule gehen? Das trifft schon auf viele zu. Die staatlichen Schulen nehmen manchen Schüler nicht mehr, weil er nicht gruppenfähig ist und sie ihn als „unbeschulbar“ betrachten. Wir nehmen solche Schüler sofort. Mit ihnen haben wir ganz tolle Erfahrungen gemacht – sobald die eine individuelle Behandlung erfahren, sind die sehr motiviert. Warum gehen diese Schüler gerade auf die Web-Individualschule? Viele Schüler stören sich an verbohrten Lehrern und dem Schulsystem. Es gibt aber auch andere Gründe. Bei einem Kind sind die Eltern in Kuwait - die haben die Web-Individualschule für die gesamte Grundschulzeit ihres Kindes gebucht. Solche Eltern würden ihre Kinder zwar lieber in eine normale Schule stecken, aber das ist zum Beispiel in Kuweit nicht möglich. Worin liegt der Vorteil ihrer Schule? Wir vereinbaren die Lernziele ganz individuell, daher ist bei uns alles sehr flexibel. Da kann Deutsch für die 7. Klasse gleichzeitig mit dem Mathestoff für die 11. Klasse laufen. Wir sind eine Alternative zum staatlichen Schulsystem. Was für einen Schulabschluss kann man bei der Web-Individualschule erreichen? Das reicht vom Hauptschulabschluss bis zum Fachabitur. Kann ein Schüler einfach auf ihre Schule wechseln oder gibt es bestimmte Vorraussetzungen? Man muss für eine bestimmte Zeit von der Schulpflicht befreit sein. Die Web-Individualschule ist nur eine Ergänzung des staatlichen Schulsystems, eine Privatschule quasi. Unterrichtet werden kann hier jeder, auch wenn er schon mehrfach durchgefallen ist. Das ist wie beim zweiten Bildungsweg. +++

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Die Zwillinge Bill (links) und Tom Kaulitz (beide 16) von Tokio Hotel lernen demnächst an einer Internetschule und haben deshalb ihren Wohnsitz nach Hamburg verlegt. Mit Hilfe einer Ausnahmegenehmigung dürften sie per Internet ihren Abschluss machen, um die Schulpflicht zu erfüllen, sagte ein Sprecher der Hamburger Schulbehörde am Mittwoch. (Foto: dpa) +++ Interview mit Schulgründer Gerhard Lichtenberger Was hat sie veranlasst, diese Schule zu gründen? Lichtenberger: In meinem Kerngeschäft, der Jugendhilfe, fallen immer wieder Schüler aus dem herkömmlichen Schulsystem heraus. Ich habe festgestellt, dass diese Schüler über individualpädagogische Maßnahmen und anderes Lernmaterial wieder für die Schule zu gewinnen sind. Wir haben zum Beispiel einen Schüler, für den das Leben aus StarWars besteht. Wenn ich den auf eine Lernreise als Jedi Ritter schicke, er über seine Aufenthalte in anderen Galaxien Aufsätze schreibt und Distanzen berechnet, die zwischen den Galaxien bestehen, dann macht der Deutsch und Mathe ohne es zu merken. Einen solchen Schüler erreicht man nur durch Einzelpädagogik. Im Klassenverband macht der nur Faxen. So ist er alleine, hat seine für ihn speziell angefertigten Unterrichtsmaterialien. Die Schüler erhalten also individuelle Lernpakete? Ja, im Idealfall, wie bei dem geschilderten Beispiel, sind die Unterlagen so konzipiert, dass der jeweilige Schüler von denen nicht genug bekommen kann. Er hat Spaß an Schule und ruft sogar an und fragt: Wann kommt das nächste Lernpaket für mich? Der Vorteil liegt darin, dass wir das Lerntempo ganz individuell festlegen können. Wir haben diese Freiheit, weil es nicht noch 20 andere Schüler gibt, die wir in dem Moment gleichzeitig betreuen müssen. Wir sind ganz für diesen Schüler alleine da. Der spürt dann auch, dass er in diesem Moment Mittelpunkt des Interesses ist. Wie läuft die Einschulung und der Unterricht ab? Eine Befreiung von der Schulpflicht, die für einen gewissen Zeitraum erteilt wird, ist zunächst die Voraussetzung. In dieser Zeit können die Schüler von uns unterrichtet werden. Zu Beginn lernen sich Lehrer und Schüler kennen. Der Schüler weiß also, mit wem er da regelmäßig per Internet Kontakt hat. Zwischendurch finden auch gegenseitige Besuche statt. Man vereinbart, was erreicht werden soll in welcher Zeit. Die Schüler erhalten dann von den Lehrern regelmäßig Lernpakete, von jedem Fach circa ein Paket pro Woche. Wenn sie das bearbeitet zurück schicken, erhalten sie ein neues. Und wie bekommen die Schüler einen Abschluss? Zwar gibt es interne Zwischenprüfungen, aber die Abschlussprüfungen finden extern statt. Bei uns gibt es deshalb auch keine Zeugnisse. Wenn wir das Gefühl haben, jemand ist soweit, dann melden wir ihn bei einem unserer Kooperationspartner aus dem Bereich des zweiten Bildungswegs an. Der Schüler schreibt dann eine externe Prüfung mit. Bis jetzt ist keiner durchgefallen. Unsere Lernprogramme stimmen wir mit unseren Kooperationspartnern ab. Wenn die Dreisatz oder Prozentrechnung fordern, unterrichten wir das. Die Lernziele sind die gleichen, aber den Weg dorthin bestimmen wir selber. An einer normalen Schule lernt man auch, mit anderen Menschen umzugehen. Beim Lernen alleine am PC ist das nicht der Fall, oder? Ja, aber dieser Bereich wurde von uns bewusst ausgeklammert. Unser Ziel ist der Abschluss. Wir haben ja auch keinen virtuellen Pausenhof. Die Schüler untereinander kennen sich nicht. Da ist jeder ein kleines Universum für sich.

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