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Politik als Beruf

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Foto: David Ausserhofer Kann man lernen, wie man gut regiert? Oder wie man gesellschaftliche Probleme löst? In den USA, England und Frankreich gibt es seit Jahren Hochschulen, die ihren Studenten genau das vermitteln wollen. Seit September kann man nun auch in Berlin modernes Regieren und Verwalten lernen. Die „Hertie School of Governance“ in Berlin bietet seit dem Wintersemester den englischsprachigen Aufbaustudiengang „Master of Public Policy“ an, bei dem die Studenten alles über Funktionsweisen und Strukturen moderner Politik erfahren und in Management und Verhandlungstaktik fit gemacht werden sollen. Dabei geht es nicht allein darum, zukünftige Staatsoberhäupter und Parteivorsitzende hervorzubringen, sondern Nachwuchs für die Schnittstellen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft auszubilden. Katja Geissler, 26, hat in Dresden und Leipzig Soziologie, Politik und Amerikanistik studiert und gehört nun gemeinsam mit 29 weiteren Studenten zum ersten Jahrgang, der gutes Regieren von der Pieke auf lernen soll. Seit drei Monaten lernst du jetzt regieren. Wie gefällt es dir? Gerade ist es ehrlich gesagt ziemlich anstrengend, weil der Unterricht nur noch bis zum 16. Dezember geht und bis dahin noch eine Prüfung ansteht und Projekte abgeschlossen werden müssen. Aber abgesehen davon finde ich es sehr spannend. Meine Kommilitonen kommen aus 17 verschiedenen Ländern und aus allen Kontinenten. Es gibt jemand aus Kirgisien, aus Kamerun, aus den USA, aus Venezuela, Australien und viele, die aus osteuropäischen Ländern kommen. Ich lerne plötzlich ganz viel darüber, wie es in diesen Ländern aussieht, das ist toll. Wie sieht denn ein typischer Tag bei dir aus? Jeder Tag beginnt mit einer Vorlesung oder einem Seminar wie sonst auch an der Uni. Im ersten Semester liegt der Schwerpunkt auf der Geschichte von Regierungen und Demokratien, der öffentlichen Verwaltung, Wirtschaft und internationalen Beziehungen. Daneben gibt es aber auch noch Projekte, die wir in kleinen Gruppen umsetzen und für die wir uns nach den Vorlesungen treffen. Ich habe mir den Bereich UN-Sicherheitsrat ausgesucht. Thema: Dürfen die USA mit einem Mandat des Sicherheitsrats in den Irak einmarschieren oder nicht. Wir müssen die Positionen der verschiedenen Länder dazu ausarbeiten und simulieren eine Sitzung. In einem anderen Seminar haben sie sich zum Beispiel ein Projekt zum Wohlfahrtsstaat ausgesucht. Theorie und Praxis mischen sich bei uns also sehr stark. Außerdem gibt es eine Veranstaltungsreihe, in der wir Personen aus Politik, Wirtschaft oder Medien besuchen. Neulich waren wir bei Sat.1 und haben dort über die Rolle der Medien diskutiert. Wenn man Kommilitonen aus Kirgisien, Russland und so dabei hat, wird das noch viel spannender. Was ist der Unterschied zu einem Studium an einer staatlichen Uni? Das Nette ist, dass wir alle den gleichen Stundenplan haben. Der Kontakt zu den anderen Studenten ist deshalb viel enger. Außerdem sind wir auch nur 30 und müssen viele Projekte gemeinsam machen. Bisher hatte ich an der Uni immer eher so ein Einzelkämpfergefühl. Auch der Kontakt zu den Dozenten ist dadurch viel enger. Sie kennen einen Mit Vornamen und man kann jederzeit mit ihnen sprechen, wenn man Probleme hat. Gleichzeitig ist das Studium auch wesentlich anspruchsvoller und stressiger als an einer staatlichen Uni. Wir müssen zum Beispiel regelmäßig Memos schreiben. Das sind kurze Zusammenfassungen, in denen man seinen Chef oder einen Minister über die politische Situation oder ein neues Programm umfassend informieren muss und Handlungsempfehlungen an die Hand geben muss. Das kannte ich bisher gar nicht. Warum hast du dich für diesen Studiengang entschieden Mich hat die Kombination aus Theorie und Praxis gereizt. Und natürlich auch Berlin. Hier sitzen einfach alle wichtigen Entscheidungsträger. Erst neulich kam Kurt Biedenkopf zu uns und hat Fragen beantwortet, wie man sich im politischen Umfeld bewegt, das gibt es an einer staatlichen Uni so nicht. Außerdem ist mein Ziel, später einmal am Aufbau Ost und an der Entwicklung in den Neuen Bundesländern mitzuarbeiten. Hier lerne ich, wie man argumentieren kann, welche Strategien man am besten anwendet, um etwas durchzusetzen, wie man mit Parteien umgeht. Manchmal liegt es nur an Missverständnissen oder falschen Strategien, dass manche Projekte scheitern. Das ärgert mich. Ich würde gerne dazu beitragen, das zu ändern. Am Samstag ist an der „Hertie School of Governance“ Tag der Offenen Tür. Wer sich bewerben will, kann das noch bis 10. Februar 2006 tun. Zulassungsvoraussetzung ist mindestens einen Bachelor, vorzugsweise in Wirtschafts-, Rechts- oder Politikwissenschaften. Bei der Bewerbung muss man einen Toefl-Test vorlegen, zwei Arbeiten in Englisch, alle Scheine und Zeugnisse sowie drei Referenz-Schreiben von Professoren oder Arbeitgebern. Der Haken: Das Studium kostet pro Studienjahr 10.000 Euro. Es gibt aber Stipendien, die sowohl von der Schule wie auch von der Hertie-Stiftung vergeben werden.

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