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SUVs verbieten? Warum Bastien und Michael Offroader verbieten wollen

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Michael Meyer, 32, ist einer der Gründer von adaktion.ch, einer parteiunabhängigen Initiative gegen Offroader. Er arbeitet in Zürich in einem Umwelttechnologie-Unternehmen. Bastien Girod, 26, hat an der ETH Umwelt- und Naturwissenschaften studiert und forscht dort zu Ökobilanzen von Haushalten. Er ist aktiv bei den Jungen Grünen in Zürich. Beide gehören zum Verein menschenfreundlichere Fahrzeuge, der in der Schweiz Unterschriften für eine Volksinitiative gegen Offroad-Fahrzeuge startet. Was ist falsch an SUVs – ihr nennt sie „Großstadtpanzer“? Michael: Ein „Porsche Cayenne Turbo S“ zum Beispiel braucht im Stadtverkehr über 20 Liter je 100 Kilometer. Ein normaler Kombi dagegen kommt mit sechs bis zehn Litern aus. Und dann die „Sicherheit“ der Fahrzeuge: Es gibt Studien, die belegen, dass Zusammenstöße mit Offroadern häufiger tödlich enden. Zwar leben die Fahrer dieser Wagen sicherer - Fahrer von kleineren Fahrzeugen, Radfahrer oder Kinder aber eben nicht. Wir haben es mit einer Aufrüstungsspirale zu tun. Wer es sich leisten kann, rüstet auf, um seine Sicherheit zu gewährleisten. Bastien, um gegen die SUVs zu protestieren, habt ihr Aufkleber gedruckt. Was steht auf denen? Bastien: „Ich saufe für drei“, „Gebt Kindern keine Chance“ oder „Meine Sicherheit geht über deine.“ Wieviele habt ihr gedruckt? Bastien: Losgeworden sind wir 140.000. Und die Bestellungen laufen immer noch sehr gut. Anfragen kamen vor allem aus der Schweiz, aber auch aus Österreich oder Frankreich.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

So berichteten die Schweizer Medien - in diesem Fall die Zeitung "Zürcher Unterländer". Wer fährt die SUVs? Michael: Sie werden laut Statistik nicht von Leuten gefahren, die im Forst arbeiten. Die meisten Fahrer kommen aus den Goldküsten-Regionen. Goldküste? Michael: Das ist die Gegend am Zürichsee-Ufer, wo die reicheren Leute wohnen. Die fahren die großen „Range Rovers“ mit Sportfelgen. Das entkräftet Argumente, wonach SUVs „gebraucht“ werden. Warum sind diese Autos dann so beliebt? Michael: Das hat mit Prestige und einem falsch verstandenen Sicherheitsgefühl zu tun. Solche Autos sind wie Uhren: Aushängeschilder. Dabei wäre es besser, dass jemand als cool angeschaut wird, der einen Hybrid fährt, der vielleicht auch 120.000 Schweizer Franken kostet! Es gibt Benziner und Hybridmodelle – nur die Nachfrage ist nicht entsprechend da. Wie habt ihr von adaktion.ch gegen die Offroader in Zürich protestiert? Michael: Wir haben Flyer und Postkarten unter die Scheibenwischer geklemmt. Auf den Flyern in Postkartenformat stand zum Beispiel „Ihr Luxus raubt uns den Atem“ oder „Back to the roots“.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ein Flyer von adaktion.ch Bastien, wie haben die Halter der Fahrzeuge reagiert, denen ihr Aufkleber verpasst habt? Bastien: Es gab mehrere Anzeigen und Drohungen. Aber wir sind cool geblieben. Die Kleber waren leicht entfernbar und wir hatten vorher juristisch abgeklärt, ob wir das dürfen. Die Kleber waren keine „Sachbeschädigung“, sondern als Denkanstoß gedacht. Geht es euch nur um die Offroader? Michael: Nein, wir wissen, dass Fahrzeuge nur einen Teil der Verschmutzung ausmachen. Bei Offroadern ist die Unverhältnismässigkeit von CO2-Ausstoss, Ressourcenverschwendung und Sicherheit im Strassenverkehr aber offensichtlich. Das thematisieren wir. Viele Leute benutzen solche Fahrzeuge ohne zu wissen, dass sie „Dreckschleudern fahren“. Wir werden von den einschlägigen Industriezweigen auch nicht richtig informiert: Die Ökolabels bei Fahrzeugen zum Beispiel täuschen den Käufer zum Teil. Da wird der Treibstoffverbrauch pro Fahrzeug-Leergewicht angegeben - der Vergleich eines leichten Opel Corsa mit einem schweren BMX X 3 muss da hinken. Grundsätzlich stellen wir die Frage, wie wir angesichts des Klimawandels unsere Mobilität gestalten. Wie? Michael: Ich habe Maschinenbau mit den Vertiefungsrichtungen Robotik und Verbrennungsmotoren studiert. In meinen Arbeiten habe ich mich auch mit der Entwicklung von Hybridmodellen befasst und die auch auf dem Prüfstand ausprobiert. Wir haben also schon vor acht Jahren Sachen gemacht, die schon damals funktioniert haben! Wir haben zum Beispiel zu einem Ford-Motor einen Elektro-Motor zugeschaltet: bei den optimalen Punkten der Leistungskurve hat je nach Drehmoment der E-Motor oder der Benzin-Motor zugeschaltet. Und man muss bedenken: Ich sah nur einen kleinen Teil dessen, was in der Automobil-Forschung läuft! Zudem werden die technischen Fortschritte, die bei neuen Fahrzeugen bereits umgesetzt werden, durch den Anstieg der Fahrzeugleergewichte und –grössen im selben Zuge zunichte gemacht. Bastien: Ich habe schon vor 10 Jahren ein Weizsäcker-Buch über Ein-Liter-Autos gelesen. Aber: Der Lupo ist verschwunden und der Automarkt in Europa entwickelt sich Richtung Amerika. Das ist wahnsinnig! Warum kommen umweltfreundliche Entwicklungen nicht durch? Michael: Die Politiker lobbyieren mit den Autokonzernen, so dass sich nichts ändert. Ihr sammelt Unterschriften für einen Volksentscheid. Über was soll entschieden werden? Michael: Zunächst: In der Schweiz gibt es die direkte Demokratie. Wenn wir eine Idee haben, können wir eine Volksinitiative organisieren. Wenn wir 100.000 Unterschriften gesammelt haben, kann das Schweizer Volk über unser Anliegen abstimmen. Bastien: Wir fordern einen Verkaufsstopp für Offroader. Und ein 100-km/h-Limit für alle Vorhandenen. +++

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Michael (links) und Bastien. +++ Hintergrund: In Europa haben SUVs Konjunktur. In der Schweiz etwa wurden im Jahr 2000 noch 23.000 spritfressende SUVs neu angemeldet, im Jahr 2006 waren es gut 10.000 mehr. In Deutschland wurden im ersten Halbjahr 2006 genau 15 Prozent mehr Geländewagen zugelassen als im gleichen Zeitraum 2005. "Der SUV-Markt kennt keine Grenzen" titelte die FAZ deshalb im August vergangenen Jahres. In den USA geht der Trend dagegen in die andere Richtung: Wegen steigender Benzinpreise verkaufen immer mehr Amis ihre Monster-Autos und steigen auf Benzinsparer um. General Motors, Ford und Chrysler haben bereits reagiert und noch im Jahr 2006 die SUV-Produktion gedrosselt. Die EU will den Spritverbrauch von Neuwagen und damit den CO2-Ausstoß senken. Angela Merkel ist dagegen. Auf der Kampagnen-Website campact.de kannst du eine Protestmail an sie, Michael Glos und Günther Verheugen schicken und dich über die Kampagne Spritfresser stoppen informieren.

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