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Torrent - Das Magazin zur Serie

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Wie war Ihre eigene Serien-Sozialisation, Herr Kirzynowski?
Ich war und bin immer noch ein großer Fan von Emergency Room, einer Serie, die meiner Meinung nach völlig unterschätzt wird, da habe ich jede der geschätzten 350 Folgen mindestens einmal gesehen. Aber so richtig fing meine Serien-Sozialisation vor ungefähr zehn Jahren an, als die ersten HBO-Serien wie „Six Feet Under“ nach Deutschland kamen, die habe ich dann noch wöchentlich konsumiert, wenn sie im deutschen Fernsehen liefen. Aber dann habe ich irgendwann meine ersten DVD-Boxen gekauft. Und als ich dann erst einmal angefangen habe, im Internet nachzuforschen, bin ich in einen richtigen Sog hineingeraten.  

Und wie kommt man vom Serien-Schauen auf die Idee, ein Magazin für Serien-Fans zu machen?
Ich habe schon vorher in meinem Blog über Serien geschrieben. Die Idee, daraus dann eine Zeitschrift zu machen, kam mir, als ich gemerkt habe, dass es auch zum abwegigsten Hobby zwei oder drei „Special Interest“-Hefte am Kiosk gibt. Aber ausgerechnet zum Thema Serien gibt es kein Medium, das sich ein bisschen tiefgreifender damit auseinandersetzt. Und das angesichts der Tatsache, dass man eigentlich ständig in den Feuilletons der Zeitungen über Serien liest und in Internet-Foren genauso.  

Wie sieht das Konzept von „Torrent“ aus?
Unser Magazin will über den reinen Service-Charakter hinausgehen. Wir machen nicht nur Kurzkritiken, sondern wollen in die Tiefe gehen und Zusammenhänge herstellen. Das versuche ich auch in all den Texten zu leisten – ich erzähle, was die Macher der Serie vorher gemacht haben, welche Bezüge es zu anderen Serien gibt. Sicher wird es in den nächsten Ausgaben auch mal grundsätzlichere Artikel geben, in denen es um das Prinzip Serie gehen wird. Man muss dabei nur immer aufpassen, dass man nicht zu sehr in einen akademische Jargon abgleitet und so normale Leser abschreckt.  

Wer ist denn genau Ihre Zielgruppe?
Es gibt ja sehr viele Serien-Fans in Deutschland, die auch sehr gut informiert sind und oft die neuesten Serien aus Amerika schon gesehen haben. Ob die allerdings alle mein Magazin kaufen würden, ist schwer einzuschätzen. Ich denke mal, eine Zielgruppe von 5000 bis 7000 Lesern ist einigermaßen realistisch eingeschätzt  

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Können Sie diese sagenhafte Faszination der TV-Serie erklären?
Ich denke, die liegt darin, dass man Figuren über sehr lange Zeiträume verfolgt und, wenn die Serie gut gemacht ist, sehr viel mit den Figuren miterlebt. Das war ja schon immer der Pluspunkt der Serien. In den modernen Serien sind die Figuren dann noch einmal vielschichtiger und realistischer und werden dadurch faszinierender, als eindimensionale Charaktere, die nur cool sind oder nur böse. Ein Don Draper aus „Mad Men“ beispielsweise vereint in sich so viele Seiten, dass er den Zuschauer in ein Wechselbad der Gefühle stürzt und man von Folge zu Folge weniger weiß, ob man ihn jetzt sympathisch findet oder nicht. Bei einem Kinofilm hat man höchstens zwei Stunden, in denen man einem Charakter folgt, bei „Mad Men“ wird man, wenn es nach dem Willen der Macher geht, die Charakter am Schluss von 1960 bis 1969 verfolgt haben. So etwas gibt es einfach nirgendwo sonst.  

Und wann ist die Fernsehserie auf einmal zum neuen Erzählformat der Extraklasse geworden?
Der Quantensprung im seriellen Erzählen hängt mit den amerikanischen Pay-TV-Sendern wie HBO zusammen. Als die mit „Oz“ sund „The Sopranos“ angefangen haben, eigene Serien zu produzieren, mussten sie nicht den Massenmarkt bedienen, sondern nur ihre eigenen Abonnenten zufrieden stellen. Und dann haben sie sich eben auch getraut, eine Serie wie „The Wire“ zu drehen, die miserable Einschaltquoten hatte, aber sehr gut fürs Image des Senders war. Und nach diesen Erfolgen kamen auch Kabel-Sender wie Showtime und AMC, die dann auch auf Qualitätsserien gesetzt haben.  

Und warum ist das in Deutschland so anders und frustrierend?
 Es gibt ja immer wieder Versuche, wie „Kriminaldauerdienst“ oder „Im Angesicht des Verbrechens“, gute Serien in Deutschland zu machen, aber die werden regelmäßig wieder abgesetzt, weil die Quote viel schlechter ist, als wenn auf dem selben Sendeplatz eine „Tatort“-Wiederholung laufen würde. Wenn man die Produzenten so diskutieren hört, dann sind sie sich immer einig, warum die Serien auf ihren Sendeplätzen nicht funktionieren können. Die ARD sagt beispielsweise, dass sie nur einen Platz für Serien hat und das ist Dienstags um 20:15 Uhr. Nur, da laufen das ganze Jahr über seichteste Familienserien und wenn dann dort auf einmal eine gute Serie läuft, dann wundern sich die Verantwortlichen, warum die jungen Leute nicht einschalten. Wenn es eben nur einen Platz für Serien gibt, dann wird man bei solchen Versuchen mit moderneren Erzählstrukturen immer die Leute verschrecken, die sonst nur „Der Alte“ gewohnt sind. Und die, für die eine solche Serie gedacht wäre, kommen gar nicht auf die Idee, da einzuschalten.  

Haben Sie denn eine Idee, wie man aus der Misere rauskommen könnte?
Ich persönlich glaube,  man müsste einen Sendeplatz etablieren, an dem junge Serien für junge Leute gezeigt werden. Sagen wir, Dienstags um 21:00 Uhr. Dann kriegen das die jungen Leute auch irgendwann mit und schalten ein.   

Im Impressum schreiben Sie von finanziellen Rückschlägen bei der Entstehung des Heftes.
Ich mache das Heft praktisch im Alleingang und habe keinen Verlag im Rücken, der mir Geld vorstrecken könnte. Und mein Plan, das Heft durch Werbung zu finanzieren, hat auch nicht geklappt, weil die entsprechenden Kunden extrem zurückhaltend sind und immer erst einmal Verkaufszahlen sehen wollen. Ich hatte dann die Idee, das Heft mit Crowdfunding zu finanzieren, aber das scheint mir in Deutschland nicht zu funktionieren. Es sei denn, man hat schon eine große Fanbase, aber wenn man mit einem ganz neuen Projekt ankommt, dann ist das praktisch unmöglich. Also habe ich das Heft selbst finanziert und so kalkuliert, dass die Kosten einigermaßen im Rahmen bleiben.  

Und der Name „torrent“? Steht der wirklich für „reißender Strom“? Oder nicht doch eher für „da holt man sich den Stoff für umsonst her“?
„Torrent“ war das erste Wortspiel, das mir einfiel, als ich über den Namen für mein Heft nachgedacht habe. Ich wollte es ja nicht total banal „TV Serien“ nennen. Und das Wortspiel bedeutet einfach einerseits, dass Serien einen Erzählstrom haben, aber eben auch andererseits, dass sich die Mediennutzung gewandelt hat. Viele Leute sagen heute, dass sie sich das normale Fernsehprogramm überhaupt nicht mehr anschauen, sondern sich selbst das besorgen, was sie sehen wollen. Und wo sie sich das besorgen? Das kann durch DVD-Importe sein, über iTunes oder eben über Streaming.   

 Haben Sie eine Liste von absoluten Serien-Favoriten – Drama und Komödie?
Ich würde sagen „Six Feet Under“, „Emergency Room“, „Ausgerechnet Alaska“ und „Battlestar Galactica“ gehören auf jeden Fall zu meinen Lieblingsserien. Mit Komödien habe ich ein bisschen meine Schwierigkeiten, weil ich zum Beispiel Sitcoms gar nicht mag. Toll fand ich aber immer „Friends“ und „New Girl“ gefällt mir auch ziemlich gut und es funktioniert ausnahmsweise auch ganz gut auf deutsch.  

Und auf welche Neuerscheinung freuen Sie sich am meisten?
Irgendwann noch in diesem Jahr soll ja die neue Serie von Alan Sorkin bei HBO rauskommen. „The Newsroom“ heißt die und spielt in der Nachrichteredaktion eines großen TV-Senders. Darauf freue ich mich schon sehr.   


 „Torrent – Magazin für serielles Erzählen“ erscheint viermal im Jahr und kostet 6 Euro. Zu Kaufen gibt es das Heft entweder im Bahnhofsbuchhandel oder über die Website torrent-magazin.de 

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