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Tür an Tür mit dem Professor

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Professor Manfred Schubert-Zsilavecz ist Vize-Präsident der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt. Zum dritten Mal ist er in diesen Semesterferien für vier Wochen in ein Studentenwohnheim gezogen, um sich selbst ein Bild von der Wohnsituation seiner Studenten zu machen. Im Interview hat er uns erzählt, warum er das tut und wie man sich fühlt zwischen lauter Studenten.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


jetzt: Herr Schubert-Zsilavecz, wie lebt es sich denn so auf 19 Quadratmetern?
Manfred Schubert-Zsilavecz: Es lebt sich hervorragend – mit der Prämisse, dass es zeitlich begrenzt ist. Das Haus, in das ich diesmal eingezogen bin, ist auch noch einmal wesentlich komfortabler als meine Unterkunft im letzten Jahr. Da habe ich in einem alten Gebäude mit Balkon direkt über den Müllcontainern gelebt. Das ist im Sommer nicht wirklich angenehm.  

Warum machen Sie das ganze überhaupt? Wie kamen Sie auf die Idee?
Es geht mir einfach darum, die Aufmerksamkeit auf ein großes Problem zu lenken: der Mangel an bezahlbarem Wohnraum für unsere Studenten. Und um das Ganze auch einmal aus deren Sicht zu sehen, habe ich irgendwann beschlossen, die Wohnsituation ganz einfach selbst zu testen. Dabei habe ich beim ersten Mal sehr viel Wert darauf gelegt, dass keine Presse informiert wurde. Ich wollte den Ball flach halten und das ganze auf keinen Fall als PR-Clou nutzen. Jetzt habe ich das zum dritten Mal gemacht und denke, es ist sehr wichtig, die Öffentlichkeit auf diesen Mangel hinzuweisen. Erfolgreiches Studieren beginnt nicht erst im Seminarraum oder im Labor – es beginnt beim Wohnen. 

Woran mangelt es den Studenten denn am meisten?
In erster Linie fehlt, wie schon gesagt, bezahlbarer Wohnraum. Frankfurt ist ein teures Pflaster aber da muss eine Lösung gefunden werden. In meiner Zeit im Wohnheim habe ich in Gesprächen mitbekommen, dass einige meiner Mitbewohner tatsächlich wochenlang nach einem Zimmer gesucht haben und teilweise stundenlang vom Haus der Eltern zur Universität pendeln mussten, bis sie etwas gefunden haben. So etwas frustriert und lenkt vom Studium ab! Wir können von unseren Studenten keine Leistungen erwarten, wenn sie sich nicht voll und ganz aufs Studium konzentrieren können.  

Der Allgemeine Studierendenausschuss hat kritisiert, dass die Nähe zu den Studenten zwar nett gemeint ist, aber nichts an den Problemen ändert....
...Klar, der AStA muss das ja so formulieren, der ist zu Recht ungeduldig – das ist ja seine Aufgabe. Ich bin mir allerdings sicher, dass mein Leben in den Wohnheimen schon so manchen Denkanstoß gegeben hat. Dass sich das Problem nicht in einem Jahr in Luft auflösen kann, ist doch klar. Da bitte ich um ein wenig Geduld.  

Wie haben die Studenten Sie in den Wohnheimen aufgenommen?
Aus meiner Sicht habe ich wirklich nur positive Reaktionen wahrgenommen. In den Wohnheimen wohnen viele nette Studenten, mit denen man so manches gute Gespräch führen kann. Ich habe dieses Jahr den gesamten Juli im Studentenwohnheim am Wiesenhüttenplatz verbracht. Vier Wochen habe ich  mich dort bei Wein und Bier mit den Mitbewohnern ausgetauscht. Aber natürlich hat hier auch jeder seine eigenen Dinge zu tun: lernen, Vorlesungen, Nebenjobs. Man trifft sich immer wieder auf dem Gang, aber das Leben im Studentenwohnheim ist kein Dauer-Happening.  

Stört der nächtliche Partylärm?
Klar ging es ab und an auch mal ein bisschen lauter zu, das ist doch völlig normal. Studenten sind Abends am aktivsten, was man von mir als typischen Frühaufsteher nicht behaupten kann. Aber das war alles im Rahmen des Erträglichen und so viele Partys werden nun auch wieder nicht veranstaltet.  

Warum beziehen Sie ihr Studenten-Domizil gerade in den Sommerferien?
Das hat mehrere Gründe. Einerseits bietet es sich an, da meine Familie in dieser Zeit sowieso im Urlaub in Österreich ist. Auf der anderen Seite habe ich mir aber nie ausgesucht, wann ich wo einziehe. Das wird mit zugeteilt. Die Semesterferien bieten sich natürlich auch an, weil zu den Semestern eine noch größere Wohnungsknappheit herrscht und ich ja keinem Studenten seinen potenziellen Wohnraum wegnehmen möchte. 



Text: verena-kuhlmann - Foto: fischl / photocase.com

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